Universität Hohenheim
 

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Ortmaier, Jörg

Ökonomische Bewertung der „Doppelernte“ von Getreidekörnern mit den Reststoffen Spreu und Stroh

Economic Evaluation of "Dual-Harvesting" of Cereal Grains including Residues Chaff and Straw

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-22062
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2023/2206/


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SWD-Schlagwörter: Reststoff , Ernte , Spreu , Stroh , Biomasse
Freie Schlagwörter (Deutsch): Ernte , Reststoff , Biomasse , Spreu , Stroh ,
Freie Schlagwörter (Englisch): harvest , residues , biomass , chaff , straw
Institut: Institut für Agrartechnik
Fakultät: Fakultät Agrarwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Landwirtschaft, Veterinärmedizin
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Köller, Karlheinz Prof. Dr.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 05.09.2022
Erstellungsjahr: 2021
Publikationsdatum: 23.08.2023
 
Lizenz: Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.
 
Kurzfassung auf Deutsch: Ziel der Arbeit ist die ökonomische Bewertung von neuen Ernteverfahren, sogenannten Dop-pelernteverfahren für die gemeinsame Ernte von Körnern und deren Restbiomasse. Im Detail ist das Ziel einerseits die Evaluation der prognostizierten, höheren Qualität und Menge pro Hektar an erntbaren Reststoffbiomassen wie Spreu und Stroh, andererseits jedoch besonders ihren monetären Leistungen in der Gegenüberstellung zu den Verfahrenskosten durch den Einsatz der Doppelernte.
Dafür werden Mähdruschverfahren mit zusätzlicher Spreu- bzw. Stroherntekette mit den ver-schiedenen Doppelernteverfahren verglichen, sowohl verfahrenstechnisch als auch monetär. Bei den betrachteten Doppelernteverfahren handelt es sich um den Feldhäckseldrusch, das Ladewagen-Schwadernteverfahren, das Kompakternteverfahren und die Ernte mit einem Äh-renstripper am Traktor. Der Vergleich bezieht sich auf alle Ernteverfahren inklusive der erfor-derlichen Logistikkette und Erntegutnachbehandlung, d.h. der stationären Separation von Korn und Biomasse. Als Berechnungsgrundlage dienen Modellierungen, u.a. für Spreuerträge und Erntegutvolumina in Abhängigkeit vom Kornertrag. Unter der Einbeziehung von Parametern wie z.B. Flächengröße, Feldentfernung, Arbeits- und Transportgeschwindigkeiten und Verlust-zeiten wie z.B. für Wendevorgänge im Feld, wird in einem dafür entwickelten Berechnungsmo-dell die benötigte Zeit für die Ernte von einem Feld für alle Verfahren mit größtmöglicher Ver-gleichbarkeit berechnet. Anhand der in Datenbanken hinterlegten Maschinenkosten, z.B. für Abschreibung oder Verschleiß, die über Auswahllisten automatisiert in die gewünschte Verfah-rensberechnung übernommen werden, können zunächst die Kosten je Betriebsstunde und unter Einbeziehung der Flächenleistung und Flächengröße die Kosten pro Hektar für jedes Ernteverfahren ermittelt werden. Da alle Verfahren unterschiedlich hohe Verluste von Korn und Biomasse aufweisen, werden dementsprechend die verfahrensspezifischen, gesamten Erlöse für Korn und Biomasse berechnet und davon die jeweils berechneten Verfahrenskosten abge-zogen. Die daraus resultierenden, erntekostenfreien Leistungen (EKFL) werden als Ver-gleichsgröße herangezogen.
Ohne Berücksichtigung der langfristig zu beachtenden Humusreproduktionskosten ergeben sich nach den getroffenen Annahmen für die einzelnen Verfahren folgende EKFL: Mähdrusch mit Ballenkette 1309,93 €/ha; Kompakternte 1285,66 bis 1529,53 €/ha je nach Menge des mit-geernteten Strohanteils; Feldhäckseldrusch 1421,04 €/ha; Ladewagen-Schwadernte 1429,40 €/ha; Ährenstripper 1279,58 €/ha. Das Kompakternteverfahren besitzt damit einen Vorteil von bis zu 219,60 €/ha gegenüber der etablierten Mähdrusch- und Ballentechnik unter den gege-benen Annahmen. Die anderen Verfahren liegen dazwischen oder geringfügig unterhalb des Mähdruschverfahrens. Werden die Kosten für Nährstoffabfuhr und Humusreproduktion mitein-bezogen, beträgt der Vorteil des Kompakternteverfahrens bis zu 143,44 €/ha.
Auf Basis der durchgeführten Literaturrecherche und der eigenen Modellrechnungen kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass Doppelernteverfahren die Rest-stoffe tatsächlich in größerer Menge mit höherer Qualität nutzbar machen, als dies mit den bisher verbreitet eingesetzten Verfahren möglich ist. Die bereits von Buchmann (1961) und Garmasch (1960) geäußerten Bedenken bezüglich der Eignung des Mähdruschverfahrens zur effizienten Bereitstellung von Spreu und Stroh erhärten sich unter Berücksichtigung der durch-geführten Berechnungen.
Zudem sind die ackerbaulichen Effekte der Doppelernteverfahren positiv gegenüber dem Mähdrusch einzuschätzen, was hier jedoch nicht monetär bewertet wird und daher einen gro-ßen, zukünftigen Forschungsbedarf darstellt. Die positive Einschätzung ist zurückzuführen auf eine verbesserte Feldhygiene durch das Entfernen der Unkrautsamen und Pflanzenkrank-heitserreger bei der Ernte vom Feld. Der Bedarf an chemischen Pflanzenschutzmitteln könnte dadurch abnehmen. Durch die Nutzung der Getreidereststoffe werden nicht nur die Ressour-ceneffizienz verbessert und Flächen für den Anbau nachwachsender Rohstoffe „eingespart“, sondern der in Spreu und Stroh enthaltene Kohlenstoff bleibt zu größeren Anteilen in nachhal-tigen Produkten gebunden, wie z.B. in Pflanzenkohle.
Die Doppelernte ist dabei ein essentielles Werkzeug zur kostengünstigen Bereitstellung der benötigten Pflanzenreststoffe und bietet gleichzeitig großes Potenzial zur umweltverträgliche-ren Bewirtschaftung von Feldern und Vorteilen für die Biodiversität wie z.B. durch die Möglich-keit zum regelmäßigen Anbau von Pflanzengemengen anstelle von einzelnen Kulturen. Die digitale Entwicklung bis hin zur autonomen Feldbewirtschaftung kann bei Doppelernteverfah-ren durch vereinfachte Prozesse im Feld rationeller gestaltet werden, was zukünftig weitere Effizienzsteigerungen bei der Getreide- und Reststoffernte erwarten lässt.
 
Kurzfassung auf Englisch: Objective of this work is an economic evaluation of new harvesting methods, so-called “dual- harvesting” methods for common harvesting of grains and their residual biomass. In detail, the aim is on the one hand to evaluate the predicted higher quality and quantity per hectare of har-vestable residual biomass such as chaff and straw that can be realized with dual-harvesting technologies, but on the other hand especially their additional income contrasted to the pro-cess costs by proceeding dual-harvesting.
For this purpose, combine harvesting with additional chaff or straw harvesting is compared to some dual-harvesting methods, both in terms of process technology and in monetary terms. Dual-harvesting methods are simulated with self-propelled forage harvester threshing, forage wagon windrow harvesting, compact harvesting and harvesting with a tractor mounted stripper header. The comparison includes the required logistic-chains and crop aftertreatment, i.e. sta-tionary separation of grain and biomass for each method. As basis for calculations is done specific modeling, e.g. for chaff yields and crop volumes as a function of grain yield. Parame-ters such as area size are included and also field distance, loss times, e.g. for turning opera-tions in the field, working speeds and road transport speeds. A calculation model developed for this purpose calculates time required for harvesting of one field for all processes with the greatest possible comparability. Based on machine costs stored in databases, e.g. for depreci-ation or wear and repair, which are automatically transferred to their desired process calcula-tion via selection lists, the costs per operating hour and, including area per hour and area size, costs per hectare can be determined for each harvesting process. Since all processes have different levels of grain and biomass losses, the process-specific, total revenues for grain and biomass are calculated accordingly and process costs calculated in each case are deducted from them. The resulting harvest cost free outputs (HCFO) are used as a comparative value.
Without taking into account costs of reproducing soil organic matter as long term result, the following HCFO result for the individual methods according to the assumptions are calculated: combine threshing with bale harvesting 1309.93 €/ha; compact harvesting 1285.66 to 1529.53 €/ha depending on the amount of straw harvested; forage harvester threshing 1421.04 €/ha; forage wagon swath harvesting 1429.40 €/ha; tractor-mounted stripper header 1279.58 €/ha. The compact harvesting method thus has an advantage of up to 219.60 €/ha over the estab-lished combine and bale technology with same given assumptions. The other methods are in between or slightly below the combine harvesting. If costs for nutrient removal and soil organic matter reproduction are included for long term perspective, the advantage of compact harvest-ing is up to 143.44 €/ha.
Based on literature research and model calculations, it can be assumed with a high degree of probability that dual-harvesting methods actually make residual materials usable in greater quantities with higher quality than it is possible with widely used combine harvesting. Concerns expressed by Buchmann (1961) and Garmasch (1960) regarding the suitability of combine harvesting for an efficient provision of chaff and straw are substantiated when calculation re-sults are taken into account.
In addition, agronomic effects of dual-harvesting methods are positive compared to combine harvesting, which was not able to be evaluated in monetary terms and therefore represents a great need for future research. The positive assessment is due to improved field hygiene by removing weed seeds and plant pathogens from the field during dual-harvest. This could re-duce the need for chemical pesticides. Use of cereal residues not only improves resource effi-ciency and "saves" land for cultivation of renewable raw materials, but the carbon contained in chaff and straw remains bound in sustainable products to a greater extent, such as in biochar.
Dual-harvesting is an essential tool for cost-effective provision of plant residues required for that purpose and at the same time offers great potential for more environmentally friendly field management and benefits for biodiversity, e.g. through possibility of regular cultivation of plant mixtures instead of individual crops. Digital development up to autonomous field management can be made more rational in dual-harvesting methods through simplified processes in the field, which can be expected to lead to further increases in efficiency of grain and residue har-vesting in the future.

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