Universität Hohenheim
 

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Menauer, Verena Theresa

Kommunikationsprobleme zwischen Landwirtschaft und Naturschutz in Deutschland und ihre Ursachen

Communication problems between agriculture and nature conservation in Germany and their causes

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-21383
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2023/2138/


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SWD-Schlagwörter: Landwirtschaft , Naturschutz , Qualitative Inhaltsanalyse , Gruppendiskussion
Freie Schlagwörter (Deutsch): Diskursqualität
Freie Schlagwörter (Englisch): discourse quality
Institut: Institut für Kommunikationswissenschaft
Fakultät: Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Sozialwissenschaften, Soziologie, Anthropologie
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Schweiger, Wolfgang Prof. Dr.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 13.02.2023
Erstellungsjahr: 2022
Publikationsdatum: 29.03.2023
 
Lizenz: Hohenheimer Lizenzvertrag Veröffentlichungsvertrag mit der Universitätsbibliothek Hohenheim
 
Kurzfassung auf Deutsch: Kommunikation gilt als zentrale Voraussetzung, um Naturschutz langfristig in der Landwirtschaft zu verankern. Die lang anhaltenden, teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen Akteuren aus beiden Bereichen in Deutschland zeigen jedoch, dass vor allem in der öffentlichen Kommunikation deutliche Defizite herrschen. Statt Lösungen und Kompromisse zu finden, verhärten sich die Fronten an vielen Stellen. Ziel der Studie ist es, die bestehenden Kommunikationsprobleme sowie deren Ursachen zu identifizieren und detailliert zu beschreiben. Ein kohärentes kommunikationswissenschaftliches Rahmenkonzept, das sich ex-plizit mit Kommunikationsproblemen auseinandersetzt, fehlt zwar bislang, gleichwohl existiert eine Reihe von theoretischen Ansätzen und Forschungstraditionen, die einzelne Aspekte von Kommunikationsproblemen untersuchen oder sich komplementär dazu mit den Bedingungen für erfolgreiche Kommunikation auseinandersetzen. Von herausragender Bedeutung ist dabei die Forschung zu öffentlichen Diskursen – sie bildet den theoretischen Hauptbezugspunkt dieser Arbeit. Als relevant erscheinen darüber hinaus Studien zur journalistischen Nachrichtenauswahl, Ansätze zu strategischer Kommunikation sowie die Forschung zu Gruppenidentitäten. Im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse werden zunächst 160 Veröffentlichungen aus den Jahren 2019 und 2020 der vier relevanten Akteursgruppen (interessengeleitete Akteure, staatliche Akteure, Nachrichten- und Fachjournalismus) sowie die dazu verfügbaren Nutzerkommentare untersucht. Auf diese Weise entsteht eine aktuelle Bestandsaufnahme der bestehenden Kommunikationsprobleme. Die Analyse liefert außerdem erste Hinweise auf deren mögliche Ursachen. Im Anschluss werden vier Gruppendiskussionen mit Vertreter*innen aus Landwirtschaft und Naturschutz durchgeführt. Die Befunde der Inhaltsanalyse werden so vertieft, hinterfragt und um die subjektiven Wahrnehmungen und Bewertungen der Betroffenen ergänzt. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl die beobachteten Prob-leme als auch ihre Ursachen vielfältiger Natur sind: Akteuren fehlt es erstens häufig an der Bereitschaft, eine rational motivierte Einigung zu erreichen. Statt sich offen mit allen am Diskurs beteiligten Akteuren auseinanderzusetzen, verweigern sie das Gespräch oder versuchen einzelne Zielgruppen durch strategisch-manipulative Kommunikation zu beeinflussen. Zweitens liegen nicht bei allen Themen, Ereignissen und Darstellungsperspektiven die gleichen Chancen vor, öffentlich diskutiert zu werden. Sowohl nachrichten- als auch fachjournalistische Medien berichten meist nur über negative, konfliktbehaftete Themen, ihre Berichte sind teils tendenziös und beschränken sich auf die Darstellung von einer von mehreren möglichen Perspektiven. Es zeigt sich drittens, dass die Art der Kommunikation nicht immer angemessen ist – weil Akteure ihre Positionen nicht ausreichend argumentativ untermauern, nicht ausreichend auf Themen und Argumente der Gegenseite eingehen oder sich unangemessen äußern. Als Ursachen für die mangelnde Diskursqualität lassen sich die folgenden Aspekte nennen: (1) Landwirt*innen scheinen ein enormes Misstrauen gegenüber Außenstehenden, aber auch gegenüber der eigenen Berufsvertretung zu hegen. Mehr oder weniger allen Akteuren wird mit großem Argwohn begegnet. (2) Vor allem bei landwirtschaftlichen Akteuren scheint die persönliche, emotionale und finanzielle Betroffenheit eine große Rolle zu spielen. Ihnen fällt es in der Folge teils schwer, sachlich zu kommunizieren und zu akzep-tieren, dass auch nicht-landwirtschaftliche Akteure im öffentlichen Diskurs Gehör finden. (3) Den beteiligten Akteuren fehlt mitunter das notwendige Wissen, um optimal am Diskurs teilnehmen zu können. Dies betrifft die Akteure aus Landwirtschaft und Naturschutz ebenso wie Journalist*innen. (4) Medien, interessengeleitete und staatliche Akteure unterliegen ver-schiedenen Pfadabhängigkeiten und organisationsinternen Zwängen, die nicht nur, aber vor allem ökonomischer Natur sind. Sie haben teilweise zur Folge, dass Akteure nicht frei und diskursorientiert agieren bzw. kommunizieren können. (5) Zu Problemen führen überdies verschiedene ungeklärte Zielkonflikte. So sehen sich die beteiligten Akteure teils mit dem Problem konfrontiert, zeitgleich widerstrebende Interessen verfolgen zu müssen. (6) Als weitere Ursache können gruppenspezifische Verhaltens- und Interpretationsmuster genannt werden. In künftigen Studien sollte insbesondere eine Auseinandersetzung mit dem Aspekt des mangelnden Wissens stattfinden – er wirkt sich in mehrfacher Hinsicht negativ auf die Diskursqualität aus.
 
Kurzfassung auf Englisch: Communication is considered a key prerequisite for anchoring nature conservation in agriculture in the long term. However, the longlasting, sometimes heated disputes between ac-tors from both sectors in Germany show clear deficits, especially in public communication. Instead of finding solutions and compromises, the fronts are hardening in many places. The study aimed to identify and detail the existing communication problems and their causes. A coherent framework of communication studies that explicitly deals with communication problems is missing. Nevertheless, there are a number of theoretical approaches and research traditions that examine individual aspects of communication problems or, complementarily, deal with the conditions for successful communication. Of outstanding importance is research on public discourse – it forms the main theoretical point of reference of this work. Studies on journalistic news selection, approaches to strategic communication and research on group identities also appear to be relevant. Within the framework of a qualitative content analysis, 160 publications from the years 2019 and 2020 of the four relevant groups of actors (interest-led actors, state actors, news and specialist journalism) and the available user comments were examined. Thus, a current inventory of the existing communication problems was created. The analysis also provided initial indications of their possible causes. Subsequently, four group discussions were held with representatives from agriculture and nature conservation. The results of the content analysis were discussed and deepened. The initial findings of the content analysis were thus deepened, questioned and supplemented by the subjective perceptions and assessments of those affected. The results show that the observed problems and their causes are manifold: Firstly, actors are often unwilling to reach a rationally motivated agreement. Instead of openly engaging with all actors involved in the dis-course, they refuse to talk or try to influence individual target groups through strategic-manipulative communication. Secondly, not all topics, events and presentation perspectives have the same chance of being publicly discussed. Both news and specialist journalistic media usually only report on negative, conflictrelated issues, their reports are sometimes tendentious and limited to presenting one of several possible perspectives. Thirdly, it became apparent that the manner of communication is not always appropriate because actors do not sufficiently substantiate their positions with arguments, respond sufficiently to topics and arguments of the opposing side or express themselves appropriately. The following aspects can be named as causes for the lack of discourse quality: (1) Farmers seem to have an enormous distrust of outsiders, but also of their own professional representation. More or less all actors are met with great suspicion. (2) Especially among agricultural actors, emotional and financial concerns seem to play a major role. As a result, they sometimes find it difficult to communicate objectively and to accept that non-agricultural actors are also heard in the pub-lic discourse. (3) The actors involved sometimes lack the necessary knowledge to be able to participate optimally in the discourse. This applies to actors from agriculture and nature conservation as well as to journalists. (4) The media, interest groups and state actors are subject to various path dependencies and internal organisational constraints that are not only, but primarily of an economic nature. In some cases, they have the consequence that actors cannot act or communicate freely and discourse-oriented. (5) Moreover, various unresolved conflicts of objectives lead to problems. For example, actors from agriculture and nature conservation are sometimes confronted with the problem of having to pursue conflicting interests at the same time. (6) Group-specific differences in behaviour and evaluation can be cited as a further cause. Future studies should focus on the aspect of lack of knowledge, which negatively impacts the discourse quality in several respects.

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