RT Dissertation/Thesis T1 Kommunikationsprobleme zwischen Landwirtschaft und Naturschutz in Deutschland und ihre Ursachen A1 Menauer,Verena Theresa WP 2023/03/29 AB Kommunikation gilt als zentrale Voraussetzung, um Naturschutz langfristig in der Landwirtschaft zu verankern. Die lang anhaltenden, teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen Akteuren aus beiden Bereichen in Deutschland zeigen jedoch, dass vor allem in der öffentlichen Kommunikation deutliche Defizite herrschen. Statt Lösungen und Kompromisse zu finden, verhärten sich die Fronten an vielen Stellen. Ziel der Studie ist es, die bestehenden Kommunikationsprobleme sowie deren Ursachen zu identifizieren und detailliert zu beschreiben. Ein kohärentes kommunikationswissenschaftliches Rahmenkonzept, das sich ex-plizit mit Kommunikationsproblemen auseinandersetzt, fehlt zwar bislang, gleichwohl existiert eine Reihe von theoretischen Ansätzen und Forschungstraditionen, die einzelne Aspekte von Kommunikationsproblemen untersuchen oder sich komplementär dazu mit den Bedingungen für erfolgreiche Kommunikation auseinandersetzen. Von herausragender Bedeutung ist dabei die Forschung zu öffentlichen Diskursen – sie bildet den theoretischen Hauptbezugspunkt dieser Arbeit. Als relevant erscheinen darüber hinaus Studien zur journalistischen Nachrichtenauswahl, Ansätze zu strategischer Kommunikation sowie die Forschung zu Gruppenidentitäten. Im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse werden zunächst 160 Veröffentlichungen aus den Jahren 2019 und 2020 der vier relevanten Akteursgruppen (interessengeleitete Akteure, staatliche Akteure, Nachrichten- und Fachjournalismus) sowie die dazu verfügbaren Nutzerkommentare untersucht. Auf diese Weise entsteht eine aktuelle Bestandsaufnahme der bestehenden Kommunikationsprobleme. Die Analyse liefert außerdem erste Hinweise auf deren mögliche Ursachen. Im Anschluss werden vier Gruppendiskussionen mit Vertreter*innen aus Landwirtschaft und Naturschutz durchgeführt. Die Befunde der Inhaltsanalyse werden so vertieft, hinterfragt und um die subjektiven Wahrnehmungen und Bewertungen der Betroffenen ergänzt. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl die beobachteten Prob-leme als auch ihre Ursachen vielfältiger Natur sind: Akteuren fehlt es erstens häufig an der Bereitschaft, eine rational motivierte Einigung zu erreichen. Statt sich offen mit allen am Diskurs beteiligten Akteuren auseinanderzusetzen, verweigern sie das Gespräch oder versuchen einzelne Zielgruppen durch strategisch-manipulative Kommunikation zu beeinflussen. Zweitens liegen nicht bei allen Themen, Ereignissen und Darstellungsperspektiven die gleichen Chancen vor, öffentlich diskutiert zu werden. Sowohl nachrichten- als auch fachjournalistische Medien berichten meist nur über negative, konfliktbehaftete Themen, ihre Berichte sind teils tendenziös und beschränken sich auf die Darstellung von einer von mehreren möglichen Perspektiven. Es zeigt sich drittens, dass die Art der Kommunikation nicht immer angemessen ist – weil Akteure ihre Positionen nicht ausreichend argumentativ untermauern, nicht ausreichend auf Themen und Argumente der Gegenseite eingehen oder sich unangemessen äußern. Als Ursachen für die mangelnde Diskursqualität lassen sich die folgenden Aspekte nennen: (1) Landwirt*innen scheinen ein enormes Misstrauen gegenüber Außenstehenden, aber auch gegenüber der eigenen Berufsvertretung zu hegen. Mehr oder weniger allen Akteuren wird mit großem Argwohn begegnet. (2) Vor allem bei landwirtschaftlichen Akteuren scheint die persönliche, emotionale und finanzielle Betroffenheit eine große Rolle zu spielen. Ihnen fällt es in der Folge teils schwer, sachlich zu kommunizieren und zu akzep-tieren, dass auch nicht-landwirtschaftliche Akteure im öffentlichen Diskurs Gehör finden. (3) Den beteiligten Akteuren fehlt mitunter das notwendige Wissen, um optimal am Diskurs teilnehmen zu können. Dies betrifft die Akteure aus Landwirtschaft und Naturschutz ebenso wie Journalist*innen. (4) Medien, interessengeleitete und staatliche Akteure unterliegen ver-schiedenen Pfadabhängigkeiten und organisationsinternen Zwängen, die nicht nur, aber vor allem ökonomischer Natur sind. Sie haben teilweise zur Folge, dass Akteure nicht frei und diskursorientiert agieren bzw. kommunizieren können. (5) Zu Problemen führen überdies verschiedene ungeklärte Zielkonflikte. So sehen sich die beteiligten Akteure teils mit dem Problem konfrontiert, zeitgleich widerstrebende Interessen verfolgen zu müssen. (6) Als weitere Ursache können gruppenspezifische Verhaltens- und Interpretationsmuster genannt werden. In künftigen Studien sollte insbesondere eine Auseinandersetzung mit dem Aspekt des mangelnden Wissens stattfinden – er wirkt sich in mehrfacher Hinsicht negativ auf die Diskursqualität aus. K1 Landwirtschaft K1 Naturschutz K1 Qualitative Inhaltsanalyse K1 Gruppendiskussion PP Hohenheim PB Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim UL http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2023/2138