Universität Hohenheim
 

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Heinrich, Stefan

Entwicklung eines neuartigen Selektivhacksystems zur Unkrautkontrolle in Zuckerrüben

Development of a novel selective hoeing system for weed control in sugar beets

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-20563
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2022/2056/


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SWD-Schlagwörter: Unkrautbekämpfung , Zuckerrübe
Freie Schlagwörter (Deutsch): selektive Unkrautbekämpfung , Zuckerrüben
Freie Schlagwörter (Englisch): selective weeding , sugarbeet
Institut: Institut für Agrartechnik
Fakultät: Fakultät Agrarwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Landwirtschaft, Veterinärmedizin
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Köller, Karlheinz Prof. Dr. Dr. h.c. mult.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 13.06.2022
Erstellungsjahr: 2022
Publikationsdatum: 30.08.2022
 
Lizenz: Hohenheimer Lizenzvertrag Veröffentlichungsvertrag mit der Universitätsbibliothek Hohenheim
 
Kurzfassung auf Deutsch: Die Zuckerrübe ist im biologischen Ackerbau eine der anspruchsvollsten Kulturen. Sie ist auf-grund der langsamen Jugendentwicklung besonders konkurrenzschwach gegenüber Sa-menunkräutern wie Weißer Gänsefuß, Vogelknöterich oder Hühnerhirse. Die Bekämpfung der Beikräuter erfolgt im biologischen Anbau überwiegend mechanisch mithilfe von Hacksystemen zwischen den Reihen und mithilfe von Striegel und Fingerhacken innerhalb der Pflanzenreihe. Aufgrund der geringen Pflanzenstabilität in der Jugend ist ein aggressives Bearbeiten der Pflanzenreihe nicht möglich und folglich der Bekämpfungserfolg verhältnismäßig gering. Um eine Beerntung überhaupt zu ermöglichen und um der Nutzpflanze optimale Wachstumsbe-dingungen zu schaffen, wird mithilfe manueller Unkrautbekämpfungsmaßnahmen das restliche Beikraut nach den Hackeinsätzen in der Pflanzenreihe entfernt. Der Handarbeitsaufwand be-trägt je nach Gegebenheiten zwischen 50 und 250 Arbeitsstunden pro Hektar. Zur Reduktion dieses Aufwands wurde in den vergangenen Jahren versucht, Selektivhacken aus dem Gemü-sebau im biologischen Zuckerrübenanbau einzusetzen. Aufgrund der engen Pflanzabstände in der Reihe und des geringen Vorsprungs der Kulturpflanze gegenüber dem Beikraut war der Schaden größer als der Gewinn durch die Arbeitseinsparung. Hauptgründe lagen sowohl in der Pflanzendetektion als auch in der Werkzeuggestaltung. Aktuelle optische Detektionssys-teme nutzen überwiegend eine Trennung der Binärobjekte anhand von Farbinformationen und geometrischen Messungen. Die Werkzeuge beschränken sich überwiegend auf einen einfa-chen Einschwenkvorgang zwischen zwei Nutzpflanzen. Sobald die Nutzpflanze erreicht ist, wird wieder aus der Reihe ausgeschwenkt. Die Fahrgeschwindigkeit wird durch den Ein- und Ausschwenkvorgang begrenzt. Alle bisher verwendeten Werkzeuge besitzen keinen „Nullein-griff“, somit nimmt das Verschüttungsrisiko in der Jugendentwicklung proportional zur Fahrge-schwindigkeit zu.
In der vorliegenden Dissertation werden zunächst neue Konzepte zur Online-Pflanzenerkennung erarbeitet. Die Detektion von Zuckerrüben ist eine der komplexesten Auf-gaben in der mechanischen Unkrautbekämpfung. Aufgrund des geringen Pflanzenabstandes und der Wuchsform fällt eine exakte Mittelpunktbestimmung der Kulturpflanze sehr schwer. Herkömmliche Verfahren aus der industriellen Bildverarbeitung sind hierfür nicht einsetzbar, da keine Pflanze der anderen gleicht. Um diese nun einzeln bestimmen zu können, müssen wich-tige Attribute, wie die markante Blattspreite, herausgearbeitet und für die Detektion genutzt werden. Die grundlegende Aufgabenstellung ist die Entwicklung eines praxistauglichen Selek-tivhacksystems für Biozuckerrüben. Hierfür wird zuerst zwischen dem Grundkonzept eines Traktoranbaugerätes und einer autonomen Trägerplattform abgewogen. Aufgrund der gerin-gen Leistungsbereitstellungsmöglichkeiten und der geringen Praxistauglichkeit wird die Ent-scheidung zugunsten des Anbaugerätes gefällt. Als Basis für die finale Entwicklung der Proto-typen wird eine Fronthacke genutzt. Diese dient anfangs nur zur Gewinnung von Bildmaterial und im Anschluss als Ausgangsplattform zur Integration der Hackwerkzeuge. Beginnend mit den Ergebnissen aus der vorangegangen Masterarbeit werden mithilfe klassischer Bildverar-beitungsalgorithmen Ansätze zur Detektion der Pflanzenmitte erarbeitet. Für die Einzelpflan-zenerkennung werden je nach Stadium unterschiedliche Algorithmen genutzt. Bis Ende des Zweiblattstadiums weisen herkömmliche Verfahren mithilfe der Schwerpunktbestimmung sehr gute Resultate auf. Ab Vierblattstadium erreichen die neu entwickelten Kantendetektionsver-fahren Detektionsgenauigkeiten von ±20 mm. Die Einzelpflanzenerkennung erreichte bei un-terschiedlichen Pflanzenstadien und Belichtungsszenarien Erkennungsraten von 50 % bis 98 %. Durch die Aussaat der Pflanzen im Dreiecksverband konnten auch unter schwierigen Einsatzbedingungen mit hohem Unkrautdeckungsgrad sehr gute Resultate erzielt werden. Dank der Verknüpfung der Daten mit dem Aussaatraster wurden trotz der niedrigen Einzel-pflanzenerkennungsraten nur Kulturpflanzenverluste unter 1 % ermittelt.
Zur Umsetzung der Detektionsergebnisse wurde ausgehend von der an der Universität Bonn entwickelten Rotorhacke eine neue Kinematik konstruiert. Sie ist durch die hydromechanische Auflagedruckkontrolle deutlich weniger anfällig gegenüber schwierigen Bedingungen, da sie eine weitaus bessere Bodenanpassung bietet. Durch die Schrägstellung und Verbreiterung des Werkzeuges am Rotor konnte der sogenannte „Nullleingriff“ entwickelt werden. Dieser gleicht durch den angepassten Schnittwinkel zur Reihe die Fahrgeschwindigkeit gänzlich aus und verhindert somit ein Verschütten der Kulturpflanze. Zur Realisierung einer robusten und preiswerten Plattform ist das Werkzeug hydraulisch angetrieben. Die verwendeten Komponen-ten sollten auch in einer zukünftigen Serienmaschine eingesetzt werden können. Die zum An-trieb des Rotors notwendige Kaskadenregelung erreichte eine Winkelgenauigkeit von unter 0,7°. Positionsdaten, die mithilfe des Detektionssystems gewonnen werden, konnten zusätzlich für die Entwicklung eines Reihenführungssystems genutzt werden. Hierfür wurde zusätzlich zur Traktorlenkung eine aktive Anbaugerätelenkung konstruiert. Diese verbesserte das Füh-rungsverhalten der Rotorhacke. Um für jedes Stadium einen höchstmöglichen Regulierungsef-fekt zu erreichen, werden Scheibensech in Kombination mit Winkelmesser und Gänsefußscha-ren mit optionalen Häufelflügeln an den Zinkenträgern eingesetzt. Das In-Row-Werkzeugsystem wird an den Zinkenträger angebaut, um eine kompakte Einheit zu erhalten.
Durch die Verknüpfung der Informationen aus der Aussaattechnik und der Bildverarbeitung ist es gelungen, ein äußerst robustes und fehlersicheres System zur Bekämpfung von Beikräutern im biologischen Zuckerrübenanbau zu entwickeln.
 
Kurzfassung auf Englisch: The production of organic sugar beets is one of the biggest challenges in organic farming. Due to its slow youth development, it is less competitive with seed weeds like white goosefoot, knotweed, or cockspur. The control in organic farming is mainly done mechanically with the help of hoeing systems between the rows and with harrow and finger weeders within the rows. The brittleness in the youth stages doesn’t allow an aggressive deployment of the in-row methods mentioned before, so the results stay far behind the expectations. To raise the yields and to make a harvest at least possible a manual removal of the weeds is essential. The effort on manual labor is settled between 50 to 250 hours per hectare. To reduce the costs for man-ual weeding some attempts were made to use automatic weeding systems from the vegetable production. Due to the small distances between the plants and the missing head start of the crop, the losses of the used systems were higher than the generated benefits. The main rea-sons for the fail belong to the plant detection system and the tool design. State-of-the-art tech-nology uses mainly color information and geometrical measurements to separate the plants from each other. Most of the tools use simple systems which open in front of a plant and close behind it. The driving speed is limited throughout the swing-in process. None of the tools that have been used so far have no “zero-intervention”, so the risk of the plants being buried in-creases in proportion to the driving speed.
In the present dissertation, new concepts for online plant recognition are first developed. The detection of sugar beet is one of the most complex tasks in mechanical weed control. Due to the small distance between the plants and the special growth habits a precise detection of the center point is challenging. Common systems out of the industrial image processing field can-not be used directly, because of the small similarities between the plants. To get successful detection results important attributes like the distinctive leaf blade must be worked out. The main task is to develop a fully practical proofed selective weeding system. Therefore an evalu-ation between an autonomous platform and a tractor-mounted system has to be made. Due to the fact of the low power supply, it was decided to develop the tractor-mounted system. For the start, a common front weeding system is used to build the prototype. It is first used to collect image data. In the following steps, the platform is required to integrate the first in-row weeding tools. Starting with the results from the previous master thesis classical image recognition methods are used to develop different approaches for the detection of the center points. The approaches mainly differ in the plant growth stages. Until the two-leaf stage, binary operators deliver good results. Starting with the four-leaf stage, the new edge detection system for local-izing the centerline of the leaf reaches an accuracy of up to 20 mm. The single plant detection system achieves recognition rates from 50 % to 98 % depending on different growth stages and lighting conditions. Thanks to the grid seeding system it was possible to reach excellent detection rates even under a high degree of weed cover and harsh conditions. By sowing the plants in a triangular arrangement, it was possible to reduce the plant losses below 1 %.
To bring the detection results to the ground the currently developed rotor weeding system from the University of Bonn was used as a starting point for developing new kinematics. It achieves throughout the hydromechanical contact pressure control a better ground contour following. It is also significantly less susceptible to difficult working conditions. Due to the inclination of the rotor, the so-called “zero-intervention” could be developed. Due to the adapted cutting angle to the row, the driving speed is completely compensated. This prevents the crops from covering with soil. The tool is hydraulically driven to create a robust and inexpensive platform. It should also be possible to use the components in future serial production. The cascade controller from the rotor achieved an angular accuracy below 0,7°. The plant positions primarily detected for the in-row system could also be used for the realization of a row guidance system. For this purpose, an active implement steering was designed in addition to the automatic tractor steer-ing system. This improved the guiding behavior of the front weeding system. In order to achieve the highest possible regulating effect for every growth stage, disc colters are used in combination with optional angled shares. In later stages goosefoot shares with optional wings can be used to reach a higher pile effect. Also, the in-row system is fully integrated into the tine carrier to obtain a compact unit.
By linking the information from the sowing technology and the image processing, it has been possible to develop a highly robust and fail-safe system for mechanical weed control in organic sugar beet.

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