Universität Hohenheim
 

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Depa, Julia

Ernährung von sozial benachteiligten Menschen am Beispiel von Tafelkunden : Betrachtung des Ernährungs- und Gesundheitsverhaltens, der Verbreitung von Ernährungsarmut und des Obst- und Gemüsekonsums

Nutrition among disadvantaged people visiting food banks : survey the nutrition and health behaviour, distribution of food insecurity and fruit and vegetable consumption

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-15392
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2018/1539/


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SWD-Schlagwörter: Ernährung , Risikofaktor
Freie Schlagwörter (Deutsch): Tafel , Ernährungsarmut , Verfügbarkeit
Freie Schlagwörter (Englisch): food insecurity , availability , food bank
Institut: Institut für Ernährungsmedizin
Fakultät: Fakultät Naturwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Medizin, Gesundheit
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Stroebele-Benschop, Nanette Prof.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 21.09.2018
Erstellungsjahr: 2018
Publikationsdatum: 07.11.2018
 
Lizenz: Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.
 
Kurzfassung auf Deutsch: In industrialisierten Ländern folgt die Verteilung der Mortalität und Morbidität einem sozialen Gradienten. Damit einhergehend weisen Personen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status (SES) eine ungesündere Ernährung auf und konsumieren weniger Obst und Gemüse (OG) als Personen mit einem höheren SES. Eine besonders gefährdete Personengruppe sind sozial benachteiligte Menschen wie zum Beispiel Tafelkunden (TK). Unter diesen ist Ernährungsarmut (EA) stark verbreitet. Tafeln existieren weltweit und verteilen Lebensmittel, die u.a. von Lebensmittelhändlern gespendet werden, an sozial benachteiligte Menschen. Allein in Deutschland werden etwa 1.5 Millionen Menschen von über 900 Tafeln mit überwiegend frischem OG versorgt. In Deutschland ist aber sehr wenig über die Ernährung von TK bekannt. Damit ergaben sich für diese Arbeit folgende Fragestellungen:
1. Unterscheiden sich TK aus verschiedenen Städten in ihrem Gesundheitszustand und Ernährungsverhalten untereinander und von der deutschen Bevölkerung mit einem niedrigen SES (2. Kapitel, erste Publikation)?
2. Wie verbreitet ist EA unter TK und welche soziodemographischen, gesundheitlichen und tafelassoziierten Variablen korrelieren mit EA (3. Kapitel, zweite Publikation)?
3. Unterscheiden sich männliche TK von tafelnutzungsberechtigten männlichen nicht-TK in ihrem OG-Konsum und kann der OG Konsum von sozial schwachen Männern durch eine wöchentliche kostenlose Bereitstellung (14 Portionen/ pro Woche) von selbstgewählten OG über einen Zeitraum von vier Wochen erhöht werden (4. Kapitel, dritte Publikation)?
Für die Publikationen dieser Arbeit wurden Daten zur Soziodemographie, zum Gesundheits- und Ernährungsverhalten sowie zu EA in verschiedenen Städten erhoben. Die Fragen für die dabei verwendeten Fragebögen stammen aus den Erhebungsinstrumenten der nationalen Befragungen DEGS (Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland) und GEDA (Gesundheit in Deutschland aktuell) und der FIES (Food Insecurity and Experience Scale), wurden aber an die Zielgruppe adaptiert. Allen Publikationen liegt ein Querschnittstudiendesign zugrunde. In der dritten Publikation wurde außerdem für den zweiten Teil der Fragestellung eine Interventionsstudie im Längsschnittstudiendesign durchgeführt.
Die erste Publikation zeigt, dass es sich bei TK an den drei untersuchten Standorten (Berlin n=94, Ludwigsburg n=64, Fulda n=114) um keine homogene Gruppe handelt. TK schätzen TK ihre Gesundheit vermehrt schlechter ein (Anteil subjektive Einschätzung der Gesundheit als moderat, schlecht oder sehr schlecht: Männer 67.4% vs. 43.5%, Frauen 68.8% vs. 36.7%) im Vergleich zu der deutschen Bevölkerung mit einem niedrigen SES. Außerdem konsumieren weniger TK täglich Obst (Anteil täglicher Obstkonsum: Männer 39.8% vs. 43.5%, Frauen 56.2% vs. 62.4%). Die zweite Publikation offenbart mit 70.2% die weite Verbreitung von EA unter TK (Stuttgart n=510, Karlsruhe n=186, Berlin n=337). Insbesondere die Variablen Alter (r τ = -0.224, p<0.000) und Rauchen (V=0.219, p<0.000) sind stark mit EA assoziiert. Die dritte Publikation verdeutlicht, dass sich männliche TK (n=24) von tafelnutzungsberechtigten männlichen nicht-TK (n=28) aus Stuttgart bezüglich der konsumierten OG-Menge (2.2 Portionen/Tag vs. 1.8 Portionen/Tag) und der OG-Sortenvielfalt (17 Sorten/Monat vs. 14.4 Sorten/Monat) nicht signifikant unterscheiden. Weiterhin wird aus der dritten Publikation ersichtlich, dass die wöchentliche kostenlose Bereitstellung von OG über einen Zeitraum von vier Wochen (14 Portionen/Woche) in der Interventionsgruppe (n=25) im Vergleich zur Kontrollgruppe (n=27) signifikant sowohl zu einer höheren konsumierten OG-Menge (DifferenzIG 1.1 Portionen/Tag vs. DifferenzKG -0.2 Portionen/Tag) als auch zu einer Steigerung der Sortenvielfalt (DifferenzIG 2.6 Sorten/Monat vs. DifferenzKG -1.2 Sorten/Monat) führt. Auffällig ist der hohe Anteil an Rauchern unter TK, sowohl in der ersten (46.9%) als auch in der dritten Publikation (66.7%). Die genannten Ergebnisse decken sich mit den Forschungsergebnissen aus dem Ausland.
Die Aussagen der Publikationen sind durch methodische Einschränkungen der Standardisierung und Repräsentativität (erste und zweite Publikation) sowie durch das Querschnittstudiendesign (erste und zweite Publikation sowie erste Fragestellung der dritten Publikation) limitiert.
Zusammenfassend lässt sich schlussfolgern, dass Tafeln eine geeignete Möglichkeit darstellen, um sozial benachteiligte Menschen zu erreichen, aber auch, um deren Ernährungs- und Gesundheitsverhalten sowie Interventionsmöglichkeiten zu erforschen. Das Ausmaß der gesundheitlichen Ungleichheit wird vermutlich unterschätzt. EA ist unter TK stark verbreitet und Rauchen als Armutsfaktor unter TK sollte weiter erforscht werden. Die kostenlose Bereitstellung von OG scheint eine geeignete Möglichkeit zu sein, um den Konsum und die Sortenvielfalt von OG unter sozial benachteiligten Menschen zu erhöhen.
 
Kurzfassung auf Englisch: In industrialized countries the distribution of mortality of morbidity follows a social gradient. Hence, among people with a lower socioeconomic status (SES) the nutritional quality is poor and low fruit and vegetable consumption occur more frequently compared to people with a higher SES. A particularly vulnerable group are socially disadvantaged people such as food bank users. Food insecurity (FI) is also more common in this population group. Food banks exist worldwide and distribute donated groceries (e.g. from food retailers) to socially disadvantaged people. In Germany, 1.5 million users are supported by over 900 food banks providing mainly fresh fruits and vegetables (FV). In Germany, little is known about the diet of food bank users. The following research questions were developed for this thesis:
1. Are there differences in health and nutrition status among people using food banks in different types of cities and can differences in these variables be found when comparing food bank users with the as low SES defined German population (chapter 2, first publication)?
2. How widespread is FI among food bank users and which socio-demographic, food bank-related and health variables are associated with FI (chapter 3, second publication)?
3. Are there differences in FV intake between male food bank users and male eligible non-food bank users and can FV intake among this study population be increased by an intervention providing weekly free and personally selected FV (14 portions/ per week) for four weeks (chapter 4, third publication)?
For the publications of this thesis data of food bank users regarding socio-demographic, health- and nutrition-related variables were collected in different cities. The questions were taken from the questionnaire of the national study DEGS (German Health Interview and Examination Survey for Adults) and GEDA (German Health Update) and from the FIES (Food Insecurity and Experience Scale). Additionally, questionnaires were adapted to the study population. In all publications cross-sectional study designs were used. Except in the third publication for the second part of the research questions an intervention study using a longitudinal design was conducted.
The first publication shows that food bank users from the three examined cities (Berlin n=94, Ludwigsburg n=64, Fulda n=114) are not a homogenous group. Food bank users assess their self-rated health mostly worse than people from the low SES German population (proportion self-rated health as moderate, bad or very bad: men 67.4% vs. 43.5%, women 68.8% vs. 36.7%). Additionally, they consume less fruit daily (proportion of daily fruit consumption: men 39.8% vs. 43.5%, women 56.2% vs. 62.4%). The second publication reveals with 70.2% a high rate of FI among food bank users (Stuttgart n=510, Karlsruhe n=186, Berlin n=337). Especially age (r τ = -0.224, p<0.000) and smoking (V=0.219, p<0.000) are strongly associated with FI. The third publication clarifies that male food banks users (n=24) from Stuttgart did not differ in consumed FV amount (2.2 portions/day vs. 1.8 portions/day) and variety (17 types/month vs. 14.4 types/month) compared to non-food bank users (n=28). Besides, the weekly provision of free fruit and vegetables for four weeks (14 portions/ month) increases the consumed fruit and vegetable amount (difference-IG 1.1 portions/day vs. difference-CG -0.2 portions/day) and variety (difference-IG 2.6 types/month vs. difference-CG -1.2 types/month) among the intervention group (n=25) compared to the control group (n=27). It is important to note the high amount of smokers among food bank users both in the first (46.9%) and the third publication (66.7%). The reported results correspond to research from abroad.
Results of the publications are limited by unbalanced standardization and representation procedures (first and second publication) and the cross-sectional design (first and second publication and first research question of the third publication).
It can be concluded that food banks are a suitable option to target socially disadvantaged people and to explore their nutrition and health behavior as well as a suitable option to provide intervention opportunities. The extent of health inequality is probably underestimated. FI is widespread among food bank users and smoking as poverty factor among food bank users should be further examined. The free provision of fruit and vegetables seems to be an appropriate possibility to increase the consumption and variety of fruit and vegetables among socially disadvantaged people.

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