TY - THES T1 - Ernährung von sozial benachteiligten Menschen am Beispiel von Tafelkunden : Betrachtung des Ernährungs- und Gesundheitsverhaltens, der Verbreitung von Ernährungsarmut und des Obst- und Gemüsekonsums A1 - Depa,Julia Y1 - 2018/11/07 N2 - In industrialisierten Ländern folgt die Verteilung der Mortalität und Morbidität einem sozialen Gradienten. Damit einhergehend weisen Personen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status (SES) eine ungesündere Ernährung auf und konsumieren weniger Obst und Gemüse (OG) als Personen mit einem höheren SES. Eine besonders gefährdete Personengruppe sind sozial benachteiligte Menschen wie zum Beispiel Tafelkunden (TK). Unter diesen ist Ernährungsarmut (EA) stark verbreitet. Tafeln existieren weltweit und verteilen Lebensmittel, die u.a. von Lebensmittelhändlern gespendet werden, an sozial benachteiligte Menschen. Allein in Deutschland werden etwa 1.5 Millionen Menschen von über 900 Tafeln mit überwiegend frischem OG versorgt. In Deutschland ist aber sehr wenig über die Ernährung von TK bekannt. Damit ergaben sich für diese Arbeit folgende Fragestellungen: 1. Unterscheiden sich TK aus verschiedenen Städten in ihrem Gesundheitszustand und Ernährungsverhalten untereinander und von der deutschen Bevölkerung mit einem niedrigen SES (2. Kapitel, erste Publikation)? 2. Wie verbreitet ist EA unter TK und welche soziodemographischen, gesundheitlichen und tafelassoziierten Variablen korrelieren mit EA (3. Kapitel, zweite Publikation)? 3. Unterscheiden sich männliche TK von tafelnutzungsberechtigten männlichen nicht-TK in ihrem OG-Konsum und kann der OG Konsum von sozial schwachen Männern durch eine wöchentliche kostenlose Bereitstellung (14 Portionen/ pro Woche) von selbstgewählten OG über einen Zeitraum von vier Wochen erhöht werden (4. Kapitel, dritte Publikation)? Für die Publikationen dieser Arbeit wurden Daten zur Soziodemographie, zum Gesundheits- und Ernährungsverhalten sowie zu EA in verschiedenen Städten erhoben. Die Fragen für die dabei verwendeten Fragebögen stammen aus den Erhebungsinstrumenten der nationalen Befragungen DEGS (Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland) und GEDA (Gesundheit in Deutschland aktuell) und der FIES (Food Insecurity and Experience Scale), wurden aber an die Zielgruppe adaptiert. Allen Publikationen liegt ein Querschnittstudiendesign zugrunde. In der dritten Publikation wurde außerdem für den zweiten Teil der Fragestellung eine Interventionsstudie im Längsschnittstudiendesign durchgeführt. Die erste Publikation zeigt, dass es sich bei TK an den drei untersuchten Standorten (Berlin n=94, Ludwigsburg n=64, Fulda n=114) um keine homogene Gruppe handelt. TK schätzen TK ihre Gesundheit vermehrt schlechter ein (Anteil subjektive Einschätzung der Gesundheit als moderat, schlecht oder sehr schlecht: Männer 67.4% vs. 43.5%, Frauen 68.8% vs. 36.7%) im Vergleich zu der deutschen Bevölkerung mit einem niedrigen SES. Außerdem konsumieren weniger TK täglich Obst (Anteil täglicher Obstkonsum: Männer 39.8% vs. 43.5%, Frauen 56.2% vs. 62.4%). Die zweite Publikation offenbart mit 70.2% die weite Verbreitung von EA unter TK (Stuttgart n=510, Karlsruhe n=186, Berlin n=337). Insbesondere die Variablen Alter (r τ = -0.224, p<0.000) und Rauchen (V=0.219, p<0.000) sind stark mit EA assoziiert. Die dritte Publikation verdeutlicht, dass sich männliche TK (n=24) von tafelnutzungsberechtigten männlichen nicht-TK (n=28) aus Stuttgart bezüglich der konsumierten OG-Menge (2.2 Portionen/Tag vs. 1.8 Portionen/Tag) und der OG-Sortenvielfalt (17 Sorten/Monat vs. 14.4 Sorten/Monat) nicht signifikant unterscheiden. Weiterhin wird aus der dritten Publikation ersichtlich, dass die wöchentliche kostenlose Bereitstellung von OG über einen Zeitraum von vier Wochen (14 Portionen/Woche) in der Interventionsgruppe (n=25) im Vergleich zur Kontrollgruppe (n=27) signifikant sowohl zu einer höheren konsumierten OG-Menge (DifferenzIG 1.1 Portionen/Tag vs. DifferenzKG -0.2 Portionen/Tag) als auch zu einer Steigerung der Sortenvielfalt (DifferenzIG 2.6 Sorten/Monat vs. DifferenzKG -1.2 Sorten/Monat) führt. Auffällig ist der hohe Anteil an Rauchern unter TK, sowohl in der ersten (46.9%) als auch in der dritten Publikation (66.7%). Die genannten Ergebnisse decken sich mit den Forschungsergebnissen aus dem Ausland. Die Aussagen der Publikationen sind durch methodische Einschränkungen der Standardisierung und Repräsentativität (erste und zweite Publikation) sowie durch das Querschnittstudiendesign (erste und zweite Publikation sowie erste Fragestellung der dritten Publikation) limitiert. Zusammenfassend lässt sich schlussfolgern, dass Tafeln eine geeignete Möglichkeit darstellen, um sozial benachteiligte Menschen zu erreichen, aber auch, um deren Ernährungs- und Gesundheitsverhalten sowie Interventionsmöglichkeiten zu erforschen. Das Ausmaß der gesundheitlichen Ungleichheit wird vermutlich unterschätzt. EA ist unter TK stark verbreitet und Rauchen als Armutsfaktor unter TK sollte weiter erforscht werden. Die kostenlose Bereitstellung von OG scheint eine geeignete Möglichkeit zu sein, um den Konsum und die Sortenvielfalt von OG unter sozial benachteiligten Menschen zu erhöhen. KW - Ernährung KW - Risikofaktor KW - Verfügbarkeit CY - Hohenheim PB - Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim AD - Garbenstr. 15, 70593 Stuttgart UR - http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2018/1539 ER -