Universität Hohenheim
 

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Tisler, Matthias

Funktionelle Analyse der Histondeacetylase 6 sowie experimentelle Modellierung von Lateralitätsdefekten während der Links-Rechts-Achsenentwicklung von Xenopus laevis und Paracentrotus lividus

Functional analysis of histone deacetylase 6 and experimental modelling of laterality defects during left-right axis development in Xenopus laevis and Paracentrotus lividus

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-14145
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2017/1414/


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SWD-Schlagwörter: Lateralität , Krallenfrosch , Embryologie
Freie Schlagwörter (Deutsch): Xenopus , Histondeacetylase , siamesische Zwillinge
Freie Schlagwörter (Englisch): Xenopus , histone deacetylase , siamese twins
Institut: Institut für Zoologie
Fakultät: Fakultät Naturwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Biowissenschaften, Biologie
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Blum, Martin Prof. Dr.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 20.07.2017
Erstellungsjahr: 2017
Publikationsdatum: 18.10.2017
 
Lizenz: Hohenheimer Lizenzvertrag Veröffentlichungsvertrag mit der Universitätsbibliothek Hohenheim
 
Kurzfassung auf Deutsch: In Stadien der Neurulation generieren rotierende Monocilien im Bereich des sogenannten. Links-Rechts-Organisators (LRO) einen asymmetrischen Stimulus in Form eines extrazellulären, linksgerichteten Flüssigkeitsstroms, der maßgeblich für die unilateral-linke Genexpression der Lateralitäts-vermittelnden Nodal-Kaskade ist. Spontane Mutationen oder experimentell induzierte Funktionsverluste in bzw.von Genen, die Einfluss auf die Ciliogenese im Bereich des LRO, die Induktion der Nodal-Kaskade oder deren Weiterleitung nehmen, manifestieren sich in Lateralitätsdefekten. Lateralitätsdefekte treten frequent in siamesischen Zwillingen des Menschen auf. Thorakopage, dicephale siamesische Zwillinge weisen Defekte des Arrangements der inneren Organe auf, die sich ausschließlich im zur rechten Seite positionierten Zwilling als Randomisierung des Eingeweide Situs nachweisen lassen. Die funktionelle Ursache dieser zufälligen Anordnung in rechten Zwillingen blieb bislang unverstanden. Hypothetisiert wurde, dass die beobachtete Lateralitätsentwicklung - entsprechend zum wildtypischen Embryo - auf den linksgerichteten Flüssigkeitsstrom zurückgeführt werden kann.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass die vorab beschriebene unilaterale Induktion der Nodal-Kaskade im linken Zwilling, entsprechend zum Symmetriebruch in wildtypischen Embryonen, auf den linksgerichteten Flüssigkeitsstrom zurückgeführt werden kann. Die artifizielle Induktion einer zweiten Hauptkörperachse führt zur Duplikation des LROs. Endogene sowie induzierte LROs positionieren sich während der Stadien des Symmetriebruchs in räumlicher Nähe und weisen eine partielle Fusion der lateralen Zellpopulationen auf. Ein durch Morpholino Oligomer oder Methylcellulose vermittelter Verlust der Cilienmotilität resultierte in Defekten der Nodal-Kaskade im linken Seitenplattenmesoderm linker Zwillinge. Durch Kombination differenzieller Funktionsgewinn- und Funktionsverlust-Strategien war es möglich, die Ausbildung der Links-Rechts-Asymmetrie siamesischer Zwillingen auf den linksgerichteten Flüssigkeitsstrom zu beziehen und vorhersagbar zu manipulieren. Die Ursache der erstmals durch Hans Spemann und Kollegen im Tiermodell induzierten, aber bislang enigmatischen Lateralitätsdefekte siamesischer Zwillinge können somit ebenfalls durch diesen evolutionär-konservierten Mechanismus beschrieben werden. Obwohl der generelle Mechanismus des Symmetriebruchs bereits charakterisiert wurde, werden kontinuierlich neue Kandidatengene identifiziert, die eine Funktion in einer Sequenz des Symmetriebruchs übernehmen. Als ein neues Kandidatengen der Links-Rechts-Achsenentwicklung konnte die histondeacetylase 6 (hdac6) in Xenopus laevis nachgewiesen werden. Antisense Morpholino Oligomer-vermittelte Funktionsverluste führen zu dosisabhängigen Defekten der Expression der Gene der Nodal-Kaskade und weisen auf einen Wirkmechanismus von Hdac6 vor der Flüssigkeitsstrom-abhängigen dand5-Regulation hin. Funktionell konnte der Hdac6 eine Rolle in der Wnt-abhängigen Induktion eines Hauptregulators der Biogenese motiler Cilien, des Transkriptionsfaktors Foxj1, in vivo nachgewiesen werden. Der Hdac6 Funktionsverlust führt zu Defekten der Ciliogenese im Bereich des LROs sowie der embryonalen Epidermis. Die dargestellten Experimente stellen eine entwicklungsbiologische Relevanz von Hdac6 nach Funktionsverlust dar, die bislang nicht aus Hdac6-/- Mäusen bekannt war und welche die Sichtweise auf differenzielle in vivo Wirkmechanismen dieser Histondeacetylase erweitern.
Obwohl die asymmetrische Positionierung der inneren Organe auf Wirbeltiere beschränkt ist, erweist sich die Nodal-Kaskade sowie deren unilateral-asymmetrische Expression in Embryonen der Deuterostomier als evolutionär-konserviert. Vergleichbar zu den Wirbeltieren, ist auch in deren phylogenetischer Schwestergruppe, den Echinodermaten, eine asymmetrische Expression der Nodal-Kaskade nachweisbar. Embryonen des Steinseeigels (Paracentrotus lividus; Stachelhäuter) weisen, entsprechend zu Wirbeltierembryonen, eine asymmetrische Expression der Kaskade im Ektoderm später Gastrulastadien auf. Durch Experimente der vorliegenden Arbeit konnte ein auf Cilien basierter Symmetriebruch auch für Seeigelembryonen demonstriert werden. Hierbei war es möglich, das mit motilen Monocilien ausgekleidete Archenteron der Seeigelembryonen als homologe Struktur zu den Links-Rechts Organisatoren der Wirbeltiere zu beschreiben. Decilierungsexperimente, die Lateralitätsdefekte induzieren, weisen auf einen Symmetriebruch während der frühen Gastrulation hin. Durch diese Experimente konnte der auf motilen Monocilien basierte Symmetriebruch als eine Synapomorphie der Deuterostomier charakterisiert werden, der das Verständnis der molekularen Etablierung asymmetrischer Genexpression ausweitet.
 
Kurzfassung auf Englisch: Vertebrates display an asymmetric positioning of the visceral organs, which is also denominated as left-right body axis. During embryogenesis, an asymmetric gene expression is detectable that is initiated by an evolutionary conserved mechanism of symmetry breakage, which is conserved among deuterostomes.
During neurula stages, rotating motile mono-cilia at the so called left-right organizer (LRO) generate an asymmetric stimulus known as extracellular leftward fluid flow that is essential for the unilateral left asymmetric gene expression of the Nodal cascade. Spontaneous mutations or the experimentally induced loss of function of genes influencing ciliogenesis at the LRO, the induction of the Nodal cascade or its propagation lead to left-right defects. Left-right defects are frequently observed in human conjoined twins. Thoracopagous, dicephalic conjoined twins display defects in the arrangement of the inner organs, that are solely reported from the twin located to the right side. While left twins orient the inner organs wildtypically, right twins show a randomization of the left-right axis. The functional cause of the inverted arrangement regarding the right twin has remained enigmatic. It has been hypothesized that the observed laterality determination in conjoined twins, like in wildtype embryos, was dependent on leftward flow.
In the course of this thesis, the known unilaterlal left-sided induction of the Nodal cascade in the left conjoined twin, as in singelton embryos, can be linked to leftward flow. The artificial induction of a second body axis leads to a subsequent duplication of the LRO during development. During flow stages endogenous and induced LROs locate in close proximity and display a partial fusion of cell populations. Anti-sense Morpholino Oligomeres or methylcelluose mediated loss of cilia motility lead to a loss of markergene expression in the left-lateral plate mesoderm of the left twin. By combining differential gain- and loss-of-function strategies, it was possible to link the establishment of laterality in conjoined twins to the leftward flow and, moreover, to manipulate it an a predictable manner. The cause of this hitherto enigmatic laterality defects in conjoined twins can therefore be explained by the evolutionary conserved mechanism of left-right establishment.
Although the general mechanism of symmetry breakage has been characterized, novel candidate genes are continously beeing identified that act at a specific sequence of this process. The candidate gene histonedeacetylase 6 (hdac6) was shown to impact on left-right development. Anti-sense Morpholino Oligomere induced loss-of-function experiments led to left-right defects in a dose dependent manner regarding, the induction of the genes of the Nodal cascade, indicating a function of hdac6 before fluid flow induced regulation of dand5 mRNA. Taken together: histonedeacetylase 6 acts as modulator of canonical Wnt-signaling in the transcriptional induction of the Wnt-dependent transcription of foxj1, a master control gene of the biogenesis of motile cilia.
Loss of Hdac6 leads to defects regarding the ciliogenesis of motile cilia at the LRO as well as the multiciliated epidermis of the embryo. The here presented results represent the first developmental hdac6 loss-of-function phenotype, which was so far not know from Hdac6-/- mice. These experiments shed a new light on the differential in vivo function of this unique histondeacetylase during development.
Even though the asymmetric positioning of the inner organs is restricted to vertebrates, the asymmetric expression of the Nodal cascade turns out to be evolutionary conserved among deuterostomes. Comparable to vertebrate species, larvae of the sea urchin (Paracentrotus lividus, Echinodermata) display an asymmetric expression of the Nodal cascade in the ectoderm an during gastrula stages. Experiments from this work could demonstrate that also in sea urchin embryos the asymmetric gene expression depends on motile cilia. The archenteron of gastrula stage embryos was identified and described as homologous structure to vertebrate LROs. Deciliation experiments at different time points of development induce laterality defects and point towards a symmetry breakage during early gastrulation. By this experiments, the cilia dependent establishment of left-right asymmetry is described as a common synapomorphy of the deuterostomes beeing conserved from sea urchin to vertebrates, shedding a new light on the establishment of asymmetric gene expression.

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