TY - THES T1 - Funktionelle Analyse der Histondeacetylase 6 sowie experimentelle Modellierung von Lateralitätsdefekten während der Links-Rechts-Achsenentwicklung von Xenopus laevis und Paracentrotus lividus A1 - Tisler,Matthias Y1 - 2017/10/18 N2 - In Stadien der Neurulation generieren rotierende Monocilien im Bereich des sogenannten. Links-Rechts-Organisators (LRO) einen asymmetrischen Stimulus in Form eines extrazellulären, linksgerichteten Flüssigkeitsstroms, der maßgeblich für die unilateral-linke Genexpression der Lateralitäts-vermittelnden Nodal-Kaskade ist. Spontane Mutationen oder experimentell induzierte Funktionsverluste in bzw.von Genen, die Einfluss auf die Ciliogenese im Bereich des LRO, die Induktion der Nodal-Kaskade oder deren Weiterleitung nehmen, manifestieren sich in Lateralitätsdefekten. Lateralitätsdefekte treten frequent in siamesischen Zwillingen des Menschen auf. Thorakopage, dicephale siamesische Zwillinge weisen Defekte des Arrangements der inneren Organe auf, die sich ausschließlich im zur rechten Seite positionierten Zwilling als Randomisierung des Eingeweide Situs nachweisen lassen. Die funktionelle Ursache dieser zufälligen Anordnung in rechten Zwillingen blieb bislang unverstanden. Hypothetisiert wurde, dass die beobachtete Lateralitätsentwicklung - entsprechend zum wildtypischen Embryo - auf den linksgerichteten Flüssigkeitsstrom zurückgeführt werden kann. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass die vorab beschriebene unilaterale Induktion der Nodal-Kaskade im linken Zwilling, entsprechend zum Symmetriebruch in wildtypischen Embryonen, auf den linksgerichteten Flüssigkeitsstrom zurückgeführt werden kann. Die artifizielle Induktion einer zweiten Hauptkörperachse führt zur Duplikation des LROs. Endogene sowie induzierte LROs positionieren sich während der Stadien des Symmetriebruchs in räumlicher Nähe und weisen eine partielle Fusion der lateralen Zellpopulationen auf. Ein durch Morpholino Oligomer oder Methylcellulose vermittelter Verlust der Cilienmotilität resultierte in Defekten der Nodal-Kaskade im linken Seitenplattenmesoderm linker Zwillinge. Durch Kombination differenzieller Funktionsgewinn- und Funktionsverlust-Strategien war es möglich, die Ausbildung der Links-Rechts-Asymmetrie siamesischer Zwillingen auf den linksgerichteten Flüssigkeitsstrom zu beziehen und vorhersagbar zu manipulieren. Die Ursache der erstmals durch Hans Spemann und Kollegen im Tiermodell induzierten, aber bislang enigmatischen Lateralitätsdefekte siamesischer Zwillinge können somit ebenfalls durch diesen evolutionär-konservierten Mechanismus beschrieben werden. Obwohl der generelle Mechanismus des Symmetriebruchs bereits charakterisiert wurde, werden kontinuierlich neue Kandidatengene identifiziert, die eine Funktion in einer Sequenz des Symmetriebruchs übernehmen. Als ein neues Kandidatengen der Links-Rechts-Achsenentwicklung konnte die histondeacetylase 6 (hdac6) in Xenopus laevis nachgewiesen werden. Antisense Morpholino Oligomer-vermittelte Funktionsverluste führen zu dosisabhängigen Defekten der Expression der Gene der Nodal-Kaskade und weisen auf einen Wirkmechanismus von Hdac6 vor der Flüssigkeitsstrom-abhängigen dand5-Regulation hin. Funktionell konnte der Hdac6 eine Rolle in der Wnt-abhängigen Induktion eines Hauptregulators der Biogenese motiler Cilien, des Transkriptionsfaktors Foxj1, in vivo nachgewiesen werden. Der Hdac6 Funktionsverlust führt zu Defekten der Ciliogenese im Bereich des LROs sowie der embryonalen Epidermis. Die dargestellten Experimente stellen eine entwicklungsbiologische Relevanz von Hdac6 nach Funktionsverlust dar, die bislang nicht aus Hdac6-/- Mäusen bekannt war und welche die Sichtweise auf differenzielle in vivo Wirkmechanismen dieser Histondeacetylase erweitern. Obwohl die asymmetrische Positionierung der inneren Organe auf Wirbeltiere beschränkt ist, erweist sich die Nodal-Kaskade sowie deren unilateral-asymmetrische Expression in Embryonen der Deuterostomier als evolutionär-konserviert. Vergleichbar zu den Wirbeltieren, ist auch in deren phylogenetischer Schwestergruppe, den Echinodermaten, eine asymmetrische Expression der Nodal-Kaskade nachweisbar. Embryonen des Steinseeigels (Paracentrotus lividus; Stachelhäuter) weisen, entsprechend zu Wirbeltierembryonen, eine asymmetrische Expression der Kaskade im Ektoderm später Gastrulastadien auf. Durch Experimente der vorliegenden Arbeit konnte ein auf Cilien basierter Symmetriebruch auch für Seeigelembryonen demonstriert werden. Hierbei war es möglich, das mit motilen Monocilien ausgekleidete Archenteron der Seeigelembryonen als homologe Struktur zu den Links-Rechts Organisatoren der Wirbeltiere zu beschreiben. Decilierungsexperimente, die Lateralitätsdefekte induzieren, weisen auf einen Symmetriebruch während der frühen Gastrulation hin. Durch diese Experimente konnte der auf motilen Monocilien basierte Symmetriebruch als eine Synapomorphie der Deuterostomier charakterisiert werden, der das Verständnis der molekularen Etablierung asymmetrischer Genexpression ausweitet. KW - Lateralität KW - Krallenfrosch KW - Embryologie CY - Hohenheim PB - Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim AD - Garbenstr. 15, 70593 Stuttgart UR - http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2017/1414 ER -