Universität Hohenheim
 

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Veh, Christine

Landwirtschaft im Wandel - wie innovativ war die württembergische Landwirtschaft in den Jahren 1818 - 1877?

Agriculture in change - how innovative was Wuerttemberg agriculture in the years 1818 - 1877?

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-21356
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2023/2135/


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SWD-Schlagwörter: Innovation , Landwirtschaft , Patent
Freie Schlagwörter (Deutsch): Innovationsverhalten , Agrargeschichte , Patentwesen
Freie Schlagwörter (Englisch): Innovation behavior , Innovation , Agricultural history , patents
Institut: Institut für Agrar- und Sozialökonomie in den Tropen und Subtropen
Fakultät: Fakultät Agrarwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Landwirtschaft, Veterinärmedizin
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Birner, Regina Prof. Dr.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 18.01.2023
Erstellungsjahr: 2023
Publikationsdatum: 14.03.2023
 
Lizenz: Hohenheimer Lizenzvertrag Veröffentlichungsvertrag mit der Universitätsbibliothek Hohenheim
 
Kurzfassung auf Deutsch: Die württembergische Landwirtschaft des gesamten 19. Jahrhunderts brachte über die Hälfte der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung ein. Innovationen wurden als bedeutendste Treiber des Wirtschaftswachstums hoch angesehen. Dabei spielten regionale Bereiche in der Verbreitung der landwirtschaftlichen Erneuerung in Württemberg eine signifikante Rolle. Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen wie die schrittweise Einführung der Gewerbefreiheit ab 1828, der Beitritt zum Deutschen Zollverein im Jahre 1834 und die Bauernbefreiung in den 1840er-Jahren führten in Württemberg zu einer starken Wachstumsphase im Bereich der Landwirtschaft. Diese Promotionsarbeit umfasst drei zusammenhängende Forschungsthemen. Das erste Thema beschäftigt sich mit der Forschungsfrage, wie technische Innovationen in der württembergischen Landwirtschaft gemessen werden können. Das zweite Forschungsthema widmet sich der Geschichte des Patentwesens, während das dritte Thema die strategische Patentvergabe des württembergischen Patentamts diskutiert. Als potentielle Bestimmungsgröße von Innovationen werden Patente verwendet, die nach wie vor einer der bestimmenden Output-Indikatoren sind. Für das Königreich Württemberg existieren zuverlässige Forschungsarbeiten zwischen 1830 bis 1866 sowie ab dem Jahr 1877. Eine vollständige Auflistung der Patente, bis im Jahre 1877 das erste Reichs-Patentgesetz erlassen wurde, konnte bis jetzt noch nicht dargestellt werden. Das Ergebnis ergab, dass das Königreich Württemberg unabhängig von dem schlechten Zustand in der Landwirtschaft an der Spitze aller deutschen Länder bei der Patent-Intensität lag.
Die zweite Studie beschäftigt sich mit der Frage, welche Unterschiede zeigen sich im württem-bergischen Patentrecht zu den ausländischen Patentrechten vor 1877. Auch werden weitere Abweichungen im internationalen Patentrecht aufgezeigt. Die Ergebnisse zeigen, dass es Unterschiede im nationalen und internationalen Patentrecht bei dem Anmelde- und Prüfungsverfahren, den Patentkosten sowie der Patenlaufzeit gab. In der dritten Studie wird untersucht, ob die württembergische Behörde die industrialisierten Länder, wie z. B. Preußen und die an Württemberg grenzenden Länder, in Bezug auf höhere Patentgebühren, der längeren Bearbeitungszeit und der gewährten Patentlaufzeit diskriminierte. Ein weiterer Effekt wird bei landwirtschaftlichen Krisen anhand der Variable Patentgebühr und der endogenen Variable Weizenpreise, die als Maß für wirtschaftliche Notzeiten angesehen wird, gezeigt. Diese Studie berechnet den Effekt des Subjektivismus unter Verwendung verschiedener statistischen Methoden. Das Ergebnis ergab, dass in Notzeiten die württembergische Patentbehörde Ausländer stärker diskriminierten bzw. Inländer stärker unterstützten.
Zusammenfassend liefern die Ergebnisse dieser Dissertation überzeugende Argumente dafür, dass ausländische Erfinder mit einer längeren Bearbeitungszeit und höheren Patentgebühren im Königreich Württemberg rechnen mussten. Zum Instrumentarium des Patentamts gehörten neben fiskalen auch geldpolitische Aktionen, die protektionistische Auswirkungen hatten. Diese Aktionen beziehen sich nicht nur auf die Förderung des Wirtschaftswachstums, sondern auch auf die Einflussnahme der württembergischen Finanzpolitik. Dazu stehen als Instrumente die Patentgebühren und die öffentlichen Kosten zur Verfügung. Eine mögliche Erklärung für ein bevorzugtes Verhalten der Centralstelle des landwirtschaftlichen Vereins gegenüber Württemberg könnte sein, dass das württembergische Patentsystem auf neue Innovationen reagierte, um zu den weltweiten Innovationsführern wie England, Amerika und Preußen aufzuschließen. In dieser Zeit wurden Patentstreitigkeiten nicht vor Gericht geführt. Die Patentpolitik wurde durch gezielte Patentabsprachen, Kartellbildungen und Lizenzen geprägt. Auf Grund den Ergebnissen lässt sich eine eindeutige Zuordnung Württembergs als erfolgreiches Erfinderland ab dem Ende des 19. Jahrhunderts vornehmen. Von 1818 bis 1877 hatte Württemberg die höchste Patentaktivität unter den deutschen Staaten und diese Tradition setzt sich bis heute fort. Die Politik und die Strategien der Regierungen haben Erfindungen und Innovationen unterstützt und gefördert, was zur Entwicklung von einigen zukunftsweisenden Innovationen geführt hatte. Vor diesem Hintergrund scheint eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema Innovation aus der Sicht der Landwirtschaft angebracht. Dabei wird bestätigt, dass die Patentstatistik eine hilfreiche Quelle für Innovationsforschung ist. Die zunehmende technologische Entwicklung und die bedeutende Stellung von gewerblichen Schutzrechten, lassen den Einsatz von Patenten als strategisches Instrument interessant erscheinen. Schließlich liegt das Ziel dieser Dissertation darin, ein umfassendes Bild über das württembergische Innovationsverhalten und die Bevorzugung württembergischer Erfinder im Agrarsektor während des 19. Jahrhunderts zu gewinnen.
 
Kurzfassung auf Englisch: Agriculture accounted for more than half of Wuerttemberg’s economic activity throughout the 19th century. Innovations were highly regarded as the most significant drivers of economic growth. Regional areas within the Kingdom of Wuerttemberg played a significant role in the agricultural advancements. The economic policy conditions for agricultural growth gradually increased throughout this period due to the gradual introduction of freedom of trade from 1828 onwards, the accession to the German Customs Union in 1834 and the liberation of the peasants through the abolition of serfdom in the 1840s. This thesis comprises three interrelated research topics. to contribute in the field of in-novation research, specifically in the field of agricultural science. The first topic addresses the research question of how technical innovations in Wuerttemberg agriculture can be measured. The second research topic addresses the history of the patent system, while the third topic discusses the strategic patent allocation of the Wuerttemberg Patent Office. Patents are used as a potential determinant of innovation and remain one of the determining output indicators. For the Kingdom of Wuerttemberg, reliable research exists between 1830 and 1866 as well as from 1877 onwards. Presently science and research in Wuerttemberg focuses primarily on questions regarding the period after 1877, while ignoring or missing out the discussion about the time before the Common Patent Act in 1877. A complete list of patents until the first Common Patent Act was enacted in 1877 could not yet be presented. The results proved that the Kingdom of Wuerttemberg was at the top of all German states in terms of patent intensity, irrespective of the poor state of agriculture. This analysis shows that, at this time, Wuerttemberg was still predominantly in competition with neighboring German states, as well as France and Great Britain, for the development of technical innovations and inventions. Wuerttemberg had to distinguish and compare itself to its competitors in terms of its innovative capacity, and patent protections played an important role in this endeavor. Despite the importance of patents as a measure of innovation, they only played a sub-ordinate function in agriculture. Patents can protect many important inventions only partly. Therefore, this dissertation examines and focusses on possible implications and consequences of patent grants in the Kingdom of Wuerttemberg. The results show that national and international patent law differences existed in the application and examination procedure, patent costs and patent term. In the third part examines whether the Wuerttemberg authority discriminated against the industrialised countries, such as Prussia and the countries bordering Wuerttemberg, in terms of higher patent fees, the longer processing time and the patent term granted. Another effect is shown for agricultural crises using the patent fee variable and the endogenous variable wheat prices, which is seen as a measure of economic distress. The empirical analysis presented in this thesis indicates that foreign inventors had to expect longer processing times and higher patent fees in the Kingdom of Wuerttemberg then domestic entrepreneurs. The analyses of the patent system contributes to a better understand-ing of the discriminatory behaviour of the Central Office and the Patent Commission. The instruments of the Patent Office included not only fiscal but also monetary policy actions, which had protectionist effects. Such actions refer not only to the promotion of economic growth but also to the influence of Wuerttembergs financial policy. The instruments available for this are patent fees and public costs. A possible explanation for the preferential behaviour of the Central Office of the Agricultural Society with regard to Württemberg could be that the patent system in Wuerttemberg responded to new innovations to keep up with the global innovation leaders such as England, America and Prussia. One can argue that the patent system and Wuerttemberg’s legal protections and poli-cies created an environment that enabled enterprises to grow and innovation to flourish. An-other important aspect revealed by the analysis are the fiscal and protectionist motives of the patent policy, evidenced by charging comparatively high patent fees and involving longer processing time for foreign inventors form industrialized countries. This confirms that patent statistics are a useful source for innovation research. The growing technological development and the significant role of industrial property rights render the use of patents as a strategic instrument interesting.
Finally, the goal of this dissertation is to gain a comprehensive picture of Wuerttembergs innovation behaviour and the preference of Wuerttemberg inventors in the agricultural sector during the 19th century.

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