Universität Hohenheim
 

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Dentler, Juliane

Gesamtbetriebliche Nachhaltigkeitsanalyse von Grünlandsystemen in der Milchviehhaltung in benachteiligten Regionen Südwestdeutschlands

A sustainability comparison of grassland-based feeding systems for milk production in disadvantaged regions of south-west Germany

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-18066
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2020/1806/


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SWD-Schlagwörter: Milchvieh , Nachhaltigkeit , Grünland
Freie Schlagwörter (Deutsch): Doppelnutzungsrasse
Freie Schlagwörter (Englisch): dairy sustainability , grassland , dual-purpose cows
Institut: Institut für Kulturpflanzenwissenschaften
Fakultät: Fakultät Agrarwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Landwirtschaft, Veterinärmedizin
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Elsäßer, Martin Prof. Dr.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 25.08.2020
Erstellungsjahr: 2020
Publikationsdatum: 03.11.2020
 
Lizenz: Hohenheimer Lizenzvertrag Veröffentlichungsvertrag mit der Universitätsbibliothek Hohenheim
 
Kurzfassung auf Deutsch: Global und regional steht die Landwirtschaft vor großen Herausforderungen. Die Reduktion von Treibhausgas- und Ammoniakemissionen, die Senkung von Nährstoffausträgen, gravierende Biodiversitätsverluste und die Ernährungssicherung erfordern dringenden Handlungs-bedarf, um nachhaltige Strukturen für die Produktion landwirtschaftlicher Produkte im All-gemeinen und tierischer Produkte im Speziellen aufzudecken und Lösungsstrategien für eine effiziente Ressourcennutzung zu entwickeln. Zentrales Element einer nachhaltigen Entwicklung ist dabei die gleichgerichtete Berücksichtigung der drei Säulen der Nachhaltigkeit Ökologie, Ökonomie und Soziales. Vor diesem Hintergrund wurde das Forschungsvorhaben Ge-samtbetriebliche Nachhaltigkeitsanalyse von Grünlandsystemen in der Milchviehhaltung in benachteiligten Regionen Südwestdeutschlands konzipiert.
Ziel des Forschungsvorhabens war ein Systemvergleich auf Betriebsebene, der neben den öko-logischen Potentialen auch die ökonomischen und sozialen Faktoren abbildet, um das Verständnis über die Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Betriebssysteme zu verbessern und damit zu einer optimierten Nutzung regionaler Ressourcen beizutragen. Dazu wurden grünlandbasierte, kraftfutterreduzierte Systeme der Milcherzeugung in benachteiligten Regionen und erfolgreiche Milchsysteme der ganzjährigen Stallhaltung mit hohen Einzeltierleistungen in Gunstlagen Südwestdeutschlands verglichen. Zudem wurde auch das Potential der Nutzung der regionalen Doppelnutzungsrasse Vorderwälder für grünlandbasierte, kraftfutterreduzierte Milchsysteme überprüft.
In der vorliegenden Arbeit stellten die wirtschaftlich erfolgreichsten Betriebe der grünlandbasierten Stichprobe im kalkulatorischen Betriebszweigergebnis, im Vergleich zu den konventionellen Stallhaltungsbetrieben, eine hohe Wirtschaftlichkeit unter Beweis. Dennoch wurde deutlich, dass eine ökonomisch nachhaltige Milchproduktion nicht an allen Standorten gegeben ist. Grundsätzlich können biologisch wirtschaftende Milchviehbetriebe in Grünlandregionen von hohen Ökomilchpreisen und Förderungen aus Agrarumweltmaßnahmen, verbunden mit einem hohen Einsatz von Weidegras und geringen Fremdkosten (Kraftfutter, Fremdarbeitskräfte), ökonomisch profitieren. Dies zeigte sich auch im Hinblick auf die sozialen Parameter, insbesondere in den Bereichen Stress, Freizeit und Wertschätzung der Bevölkerung und durch Berufskollegen konnte eine hohe soziale Nachhaltigkeit aufgezeigt werden.
Im Hinblick auf die Effizienzparameter schnitten die Betriebe der grünlandbasierten Stichpro-be vor allem hinsichtlich der netto Lebensmittelproduktionseffizienz, mit durchschnittlich 295 % bezogen auf die Bruttoenergie, und der Nährstoffeffizienz, mit einer um 10 % höheren Nutzungseffizienz von Stickstoff und einer um 55 % höheren Nutzungseffizienz von Phosphor, deutlich besser ab als die intensiven Stallhaltungsbetriebe. Letztere waren durch einen Stickstoffüberschuss von durchschnittlich 150 kg pro ha gekennzeichnet.
Durch die Berücksichtigung der CO2-Speicherung in Verbindung mit der Integration von Ökosystemdienstleistungen in die Allokation der Emissionen konnte für die grünlandbasierte Milchproduktion in benachteiligten Regionen Südwestdeutschlands außerdem ein geringerer CO2-Fußabdruck aufgezeigt werden. Zudem konnte gezeigt werden, dass ein gleiches Fütterungssystem nicht gleichermaßen vorteilhaft für alle Rassen angewendet werden kann und das Vorderwälder-Rind im Vergleich zum Holstein-Rind besser an ein System mit Vollweide, geringem Kraftfuttereinsatz und saisonaler Abkalbung angepasst ist.
Komplexe landwirtschaftliche Prozesse führen letztendlich dazu, dass in Abhängigkeit der Produktionsverfahren und des Konsums nahezu identische Produkte stark unterschiedliche Effekte auf Umwelt, Klima, Einkommen, soziale Aspekte und Gesundheit haben. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass eine Milcherzeugung mit hohen Anteilen Dauergrünland, einer angepassten Genetik und einer sehr geringen Abhängigkeit von externen Produktionsfaktoren wie energie- und eiweißreichen Futtermitteln sowie chemisch-synthetischen Dünge und Pflanzenschutzmitteln, wesentliche Vorteile gegenüber der Milcherzeugung in intensiven Systemen hat und als ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig angesehen werden kann. Eine konsequente Umsetzung dieser Strategie hin zu Systemen, in denen kleinere, robustere Tiere einer Doppelnutzungsrasse nahezu ausschließlich auf Basis ihrer natürlichen Futtergrundlage mit einer hohen Effizienz pro Hektar Milch und Fleisch erzeugen, könnte daher ein Weg zu einer gesamtgesellschaftlich nachhaltigeren Milcherzeugung, Nutztierhaltung und Landwirtschaft im Allgemeinen darstellen.
Vor allem der ökologische Landbau wird in diesem Zusammenhang als besonders ressourcen-schonend und umweltverträglich angesehen und als ein Konzept diskutiert, das die Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft verbessern soll. Für eine nachhaltige Entwicklung und Entschärfung von Zielkonflikten muss man allerdings eine Gesamtperspektive einnehmen, einzelne Aspekte der Produktion zu betrachten, reicht nicht aus.
Neben Veränderungen in der Landwirtschaft sind daher auch tiefgreifende Veränderungen im Konsumverhalten und der Verschwendung von Lebensmitteln notwendig. Dies erfordert große Anstrengungen seitens der Politik, Landwirtschaft und Gesellschaft.
 
Kurzfassung auf Englisch: Agriculture is facing major global and regional challenges. The reduction of greenhouse gas and ammonia emissions, the lowering of nutrient discharges, serious losses of biodiversity and food security require urgent action, to determine sustainable structures for the production of agricultural products in general and animal products in particular and to develop solution strategies for the efficient use of resources. A central element of sustainable development is the equal consideration of the three pillars of sustainability - ecology, economy and social aspects. Against this background, the research project A sustainability comparison of grassland-based feeding systems for milk production in disadvantaged regions of south-west Germany was conceived.
The aim of the research study was a system comparison at farm level, which not only shows the ecological potential but also the economic and social factors involved in order to improve the understanding of the sustainability of agricultural farm systems and thus contribute to an optimised use of regional resources. For this purpose, grassland-based, concentrate feed-reduced systems of milk production in disadvantaged regions and successful milk systems of year-round barn management with high individual animal performance in favoured areas of southwest Germany were compared. In addition, the potential of using the regional dual-purpose breed Vorderwald for grassland-based, concentrate feed-reduced milk systems was examined.
In the present study, the economically most successful farms of the grassland-based sample displayed a high economic efficiency in the calculated management income compared to conventional dairy farms. Nevertheless, it became clear, that economically sustainable milk production is not given at all locations. In principle, organic dairy farms in grassland regions can profit economically from high prices for organic milk together with subsidies from agri-environmental measures combined with a high use of pasture grass and low external costs (concentrated feed, external labour). This was also evident with regard to the social parameters, especially in the areas of stress, leisure time and appreciation by the population and by colleagues, a high degree of social sustainability was demonstrated.
With regard to the efficiency parameters, the farms of the grassland-based sample performed significantly better than the intensive dairy farms, especially with regard to the net food conversion efficiency, with an average of 295 % related to gross energy, and the nutrient efficiency, with a 10 % higher use efficiency of nitrogen and a 55 % higher use efficiency of phosphorus. The latter were characterised by an average nitrogen surplus of 150 kg per ha.
By taking into account the CO2-storage in conjunction with the integration of ecosystem services in the allocation of emissions, it was also possible to demonstrate a lower carbon footprint for grassland-based milk production in disadvantaged regions of southwest Germany. Furthermore, it could be shown that the same feeding system cannot be applied equally beneficially for all breeds and that Vorderwald cattle are better adapted to a system with full pasture, low concentrated feed input and seasonal calving compared to Holstein cattle.
Complex agricultural processes ultimately mean that, depending on production methods and consumption, almost identical products have very different effects on the environment, climate, income, social aspects and health.
The present study shows that milk production with a high proportion of permanent grassland, adapted animal genetics and a very low dependence on external production factors such as energy- and protein-rich fodder as well as chemical synthetic fertilizers and pesticides, has significant advantages over milk production in intensive systems and can be regarded as eco-nomically, ecologically and socially sustainable. A consistent implementation of this strategy towards systems in which smaller, more robust animals of a dual-purpose breed produce milk and meat almost exclusively on the basis of their natural feed base with a high efficiency per hectare could therefore indicate a direction towards more sustainable milk production, livestock farming and agriculture in general.
In this context, organic farming is seen as particularly resource-saving and environmentally compatible and is discussed as a concept to improve sustainability in agriculture. For sustainable development and defusing conflicts of objectives, however, an overall perspective must be adopted; looking at individual aspects of production is not sufficient.
In addition to adjustments in agriculture, far-reaching changes in consumer behaviour and food waste are necessary. This will require considerable political will and cooperation at farm and society level

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