Universität Hohenheim
 

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Stockmann, Falko

Agronomic strategies to reduce potential precursors of acrylamide formation in cereals

Pflanzenbauliche Strategien zur Minimierung von Acrylamidvorstufen bei Getreide

(Übersetzungstitel)

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-17360
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2020/1736/


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SWD-Schlagwörter: Acrylamid, Asparagin, Getreide, Produktionssystem, Nahrungsmittelqualität
Freie Schlagwörter (Deutsch): Getreidearten , Sorten , Nährstoffversorgung , ökologisch , konventionell , freies Asparagin
Freie Schlagwörter (Englisch): acrylamide , free asparagine , cereals , cropping system , food quality
Institut: Institut für Kulturpflanzenwissenschaften
Fakultät: Fakultät Agrarwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Landwirtschaft, Veterinärmedizin
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Graeff-Hönninger, Simone Prof. Dr.
Sprache: Englisch
Tag der mündlichen Prüfung: 24.02.2020
Erstellungsjahr: 2020
Publikationsdatum: 31.03.2020
 
Lizenz: Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.
 
Kurzfassung auf Deutsch: Paracelsus postulierte „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, daß ein Ding kein Gift ist”.
Dies ist für Acrylamid (AA) in Frage zu stellen, da es hier keine Dosis gibt, unter der eine Gesundheitsgefährdung auszuschließen ist. Daher sollte AA in Nahrungsmitteln (NM) so niedrig wie möglich sein.
Das AA in NM vorkommt, wurde erstmals im Jahr 2002 bewiesen. Am stärksten betroffen sind erhitzte, stärkereiche NM auf Getreide- oder Kartoffelbasis. Es reagieren reduzierende Zucker und die Aminosäure Asparagin (Asn) innerhalb der Maillard Reaktion und bilden AA.
Bei der NM Produktion gibt es viele Eingriffsmöglichkeiten, AA zu senken (u.a. Höhe & Dauer der Hitzeeinwirkung, Austausch von Backtriebmitteln, Verlängerung der Teigstandzeit, Einsatz von Zusatzstoffen & Enzymen).
Solche Maßnahmen sind aber teilweise begrenzt, da unerwünschte Auswirkungen auf die Qualität der NM auftreten können oder sie sind schlicht zu teuer zur Umsetzung im Großindustriellen Maßstab. Außerdem schwanken die AA-Gehalte in NM seit 2011 jahresbedingt. Dies zeigt, dass vor allem der Rohstoff (z. B. Mehl) die AA Gehalte beeinflusst.
Somit wäre ein wichtiger Schritt, schon vor der NM Herstellung, auf dem Feld, Rohstoffe zu produzieren, die geringe Gehalte an AA-Vorstufen aufweisen. Die Hauptvorstufe von AA ist bei Getreide das freie Asn. Die Reduktion der Aminosäure erfordert jedoch geeignete ackerbauliche Anbaumaßnahmen, um Getreide mit wenig Asn zu produzieren.
Somit war das Hauptziel der Arbeit den Einfluss folgender Maßnahmen auf den Gehalt an freiem Asn bei Getreide zu untersuchen.
1. Welche Rolle spielt das Produktionssystem (ökologisch vs. konventionell)?
2. Welche Stickstoff Düngestrategie ist beim Getreideanbau zu wählen, im Vergleich der Produktionssysteme?
3. Welchen Einfluss hat die Schwefeldüngung, bzgl. der Schwefelmenge und der Art des Düngers?
4. Können weitere Reihenabstände und eine reduzierte Saatmenge in „Low Input“ Systemen die Backqualität von Mehlen verbessern ohne den Asn-Gehalt zu erhöhen?
5. Welche Rolle spielen Getreidearten und Sorten inkl. der Urgetreide Einkorn & Emmer im ökologischen Landbau?
6. Sollte Asn als Züchtungsziel eingeführt werden, wenn eine hohe genetische Fixierung vorliegt, also der Asn-Gehalt stark sortengebunden ist?
7. Hat der Erntezeitpunkt einen signifikanten Einfluss?
Ergebnisse von Feldversuchen:
• Das Produktionssystem hatte einen signifikanten Einfluss auf den Asn-Gehalt. Im Mittel über die Getreidearten lag der Asn-Gehalt bei den ökologisch erzeugten Proben 26 % niedriger vgl. zu den Konventionellen. Bei Weizen war im ökologischen Sortiment bis zu 50 % weniger Asn. Bei Dinkel und Roggen war der Effekt mit max. 33 % geringer und nur in einzelnen Jahren gegeben.
• Die Stickstoffdüngung wirkte sich signifikant auf den Kornertrag und die Backqualität in beiden Produktionssystemen aus. Im Gegensatz dazu zeigten sich bis zu einer Stickstoffdüngung von 180 kg N ha-1 keine signifikanten Unterschiede im Asn-Gehalt zur ungedüngten Variante. Die Weizensorte hatte einen signifikanten Einfluss. Die Sorte Capo zeigte die geringsten Asn-Gehalte bei 180 kg N ha-1 jedoch hohe Rohproteingehalte von > 15 % (konventionell) und > 12 % (ökologisch). Somit scheint die Reduzierung von Asn über die Stickstoffdüngung nicht auf Kosten der Backqualität zu gehen. Die Schwefeldüngung hatte, unabhängig von Menge und Düngerform, keinen signifikanten Effekt auf den Asn-Gehalt.
• Weite Reihenabstände können bei Winterweizen die Backqualität unter ökologischen Anbaubedingungen positiv beeinflussen. Die Saatdichte war signifikant verknüpft mit höheren Kornerträgen und Hektolitergewichten. Der Effekt beider Maßnahmen auf den Asn-Gehalt war gering.
Der Asn-Gehalt scheint mit der Anzahl der Getreidekörner pro Ähre zusammenzuhängen (R2=0.72). Das eröffnet neue Einblicke in die Asn-Synthese, während der Kornreifung und ermöglicht eine einfache Vorhersage von Asn ohne aufwendige Laboranalysen. Zwischen dem Asn-Gehalt und dem Rohprotein wurde keine Beziehung gefunden. Ein deutlicher Zusammenhang lag zwischen dem AA-Gehalt und dem Rohproteingehalt vor. Wenn der Rohproteingehalt stieg sank die AA-Bildung in erhitzen Mehlen.
• Der Gehalt an Asn variierte signifikant zwischen ökologisch erzeugten Getreidearten und Sorten bei sehr marginaler Stickstoffversorgung. Wird Roggen mit Dinkel ersetzt ergibt sich eine Reduktion im Asn-Gehalt von 85 %. Die Urgetreidearten Einkorn und Emmer erreichten sehr hohe Asn-Mengen. Vor allem Einkorn lag in Höhen, die sonst nur bei Roggen gemessen wurden. Das freie Asn kann auch in ökologischen Produktionssystemen als Indikator für die AA-Bildung dienen (R2=0,69).
Die Heritabilität war im Vergleich der Standorte sehr hoch für Weizen und Dinkel. Im Jahreseinfluss war die Heritabilität niedrig für Weizen aber hoch für Dinkel und Roggen.
• Der Erntezeitpunkt hatte einen signifikanten Einfluss auf die Asn-Bildung. Eine Vorverlegung der Kornernte um ein bis zwei Wochen führte, abhängig von Produktionssystem und Getreideart, zu einer Abnahme im Asn-Gehalt von bis zu 60 %.
Zusammenfassend können agronomische Strategien einen wesentlichen Beitrag leisten, um die AA-Vorstufe freies Asn deutlich zu minimieren. Ableitungen für die landwirtschaftliche Praxis und die Entwicklung eines pflanzenbauliches Vorhersage-models können den Asn-Gehalt nachhaltig zu senken.
Die Zukunft der agronomischen Minimierungsstrategien liegt in der Lösung der Frage: „Warum unterscheiden sich Getreidearten und Sorten im Asn-Bildungs- und Akkumulierungspotenzial im Korn?“ Wird diese Frage gelöst sind weitaus effizientere Maßnahmen möglich Asn im Getreidekorn zu senken. In der vorliegenden Arbeit wurden Erklärungen angedeutet und weitere Puzzleteile zur Senkung von Asn bei Getreide beigetragen.
 
Kurzfassung auf Englisch: Food safety is of great importance as harmful substances formed during food processing can negatively affect human health. When the carcinogenic food ingredient acrylamide (AA) accidentally appeared in 2002, it was not expected that AA would take this much attention during the next years. Yet, after around 15 years of research, AA has finally been recognized as being harmful.
In a first step, research focussed on food processing implications on AA formation. The impact of heat treatment, time of heating, baking agents, fermentation time, additives and enzymes were reported in several studies. Nevertheless, since 2011 food AA levels seem to stagnate or even increase in some years. Thus, the food industry did not show sufficient progress in reducing AA.
Reducing sugars and amino acid free asparagine (Asn) are the main AA precursors. They can fluctuate in their content for instance in grain flour or potatoes shifting the focus of AA origin to the raw material. Thus, the production of raw material low in AA precursors seems important.
However, lowering precursors of AA in the raw material necessitates suitable agronomic strategies to grow cereal species and cultivars low, especially in free Asn.
Hence, the major goal of this thesis was to investigate the following questions concerning their impact on free Asn formation in cereals:
1. Which role does the management system plays, as organic vs. conventional farming systems highly differ in their cropping strategies?
2. What is the best nitrogen fertilization strategy when comparing organic vs. conventionally cropping systems?
3. Is there an impact of sulphur fertilization concerning sulphur amount and sulphur type?
4. Can expanding row distance and lowering seed density in low-input farming systems positively influence baking quality while keeping free Asn amounts low?
5. For organically grown cereals no level of free Asn was available. Thus, the question came up to which extent organically grown cereal species and cultivars including ancient grains like einkorn and emmer differ in free Asn.
6. Should free Asn be implemented in breeding programs if heritability is high?
7. Is there an impact of harvest timing on free Asn formation?
Out of several field trials the following results were obtained:
• The cropping system had a significant impact on grain yield, the level of free Asn and quality traits. Across all species, free Asn contents in flour were 26% lower under organic conditions compared to conventional farming. For wheat a maximum reduction of 50% in free Asn content was possible if organically produced. Spelt and rye were affected to a minor extend as only in single years organically grown cultivars showed up to 33% lower Asn contents.
• Nitrogen (N) fertilization significantly influenced grain yield and baking quality in both cropping systems. In contrast, up to a certain amount of N free Asn was only affected to a minor extend. In particular, within the organic farming samples no significantly higher free Asn amounts were determined even if N fertilizer was raised or the N form was changed. A late N fertilization within the conventional cropping system increased crude protein content, while no clear effect was found on free Asn.
Also, cultivars affected free Asn level significantly. Wheat cultivar Capo exhibited the lowest AA formation potential at a N supply of 180 kg N ha−1 while simultaneously reaching a crude protein content > 15% (conventional) and > 12% (organic). Thus, lowering free Asn by adjusting N treatments should not necessarily affect baking quality. In general, free Asn amounts in wheat varied widely both within cultivars and between cropping systems. Besides N, neither type nor amount of sulphur fertilization influenced free Asn significantly.
• Extending row distance can increase quality traits protein and sedimentation value. Seed density was highly related to grain yield and test weight. Most importantly, free Asn was only minor affected by both treatments. Thus, larger row distances can be recommended to raise baking quality in organic farming systems without simultaneously affecting free Asn.
Number of grains spike-1 seems to be related to free Asn (R2=0.72). This provides new insights on Asn synthesis during grain development and offers the opportunity to predict free Asn formation without expensive chemical analyzes. In contrast Asn and protein content did not show any relation while high protein contents in grain seem to lower AA amount in heated flour samples.
• The impact of organically grown cereal species and cultivars in combination with marginal N supply on free Asn was clearly shown. A reduction potential of 85% was reached if rye was replaced by spelt. Surprisingly, the ancient species einkorn and emmer reached a very high free Asn content similar to rye. Heritability was high for wheat and spelt concerning locations, while regarding years, heritability was low for wheat but high for spelt and rye. For organically grown cereals, the relation between free Asn and AA formation was proven. Across species and years free Asn can serve as an indicator for AA formation (R2 of 0.69).
• Harvest timing affects free Asn levels. In this context a delayed harvest can increase Asn significantly while shifting harvest 1-2 weeks earlier decreased Asn by up to 60% depending on cereal species and cropping system.
After summarizing and stating the most promising steps in the frame of agronomic strategies to lower free Asn, a prediction tool for free Asn should be implemented that classifies the impact of agronomic strategies and leads to recommendations to farmers.
Finally, the main riddle, that should be solved during the next studies is the question, why cereal species and cultivars differ in their Asn formation. This thesis gives some preliminary ideas but a much deeper insight is essential to establish long-term strategies to lower free Asn content.

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