Universität Hohenheim
 

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Schlager, Patric

Fernerkundungsgestützte Analyse und Bewertung ökologischer Auswirkungen des Anbaus von Bioenergiepflanzen auf die Agro-Biodiversität anhand der Modellierung der Habitatansprüche der Feldlerche (Alauda arvensis)

Remote sensing based analysis and assessment of ecological effects of bioenergy cropping on agro-biodiversity by means of modelling habitat requirements of skylarks (Alauda arvensis)

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-13445
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2017/1344/


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SWD-Schlagwörter: Biodiversität , Fernerkundung , Feldlerche , Bioenergie
Freie Schlagwörter (Deutsch): Habitatmodell
Freie Schlagwörter (Englisch): Biodiversity , Remote Sensing , Skylark , Bioenergy , Habitat Model
Institut: Institut für Landschafts- und Pflanzenökologie
Fakultät: Fakultät Agrarwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Landwirtschaft, Veterinärmedizin
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Schmieder, Klaus Prof. Dr.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 08.11.2016
Erstellungsjahr: 2017
Publikationsdatum: 05.04.2017
 
Lizenz: Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.
 
Kurzfassung auf Deutsch: In Deutschland wurde die Energiewende von einem auf konventionellen Energieträgern beruhenden zu einem auf erneuerbaren Energiequellen basierenden System 2002 erstmalig politisch und rechtlich beschlossen. Dem politischen Beschluss des Bundes sind auf regionaler Ebene zahlreiche Gemeinden, Kommunen und Landkreise mit eigenen politischen Willensbekundungen und Beschlüssen gefolgt, den Energieverbrauch durch erneuerbare Energiequellen zu decken. Die Umsetzung geht unter anderem mit einer flächigen Ausweitung des Anbaus von Bioenergiepflanzen einher, was zu einer kontroversen Diskussion um Nahrungsmittelsicherheit, Biodiversität und Landschaftsveränderungen geführt hat.
In der vorliegenden Arbeit wird vor diesem Hintergrund eine Einschätzung der zu erwartenden Veränderungen des Vorkommens der Feldlerche (Alauda arvensis) durch einen ausgeweiteten Anbau von Bioenergiepflanzen im Landkreis Schwäbisch Hall erarbeitet. Die Feldlerche wurde aufgrund der guten Forschungslage zur Feldlerche, ihrer Gefährdung („Rote Liste der Brutvögel Deutschlands“) sowie ihrer Bedeutung als Indikatorart für offene Agrarlandschaften ausgewählt (Feldlerchen meiden vertikale Strukturen (Feldhecken, Waldränder etc.) in der Landschaft). Damit steht sie stellvertretend auch für andere Arten, die von Veränderungen offener Agrarlandschaften durch einen ausgeweiteten Anbau von Bioenergiepflanzen betroffen sind.
Die Arbeit basiert auf der Entwicklung eines Generalisierten Linearen Modells anhand eines stratifizierten Vogelmonitorings von Baden-Württemberg, das zur Entwicklung eines Artenvielfaltsindikators der Agrarlandschaft in einem Forschungsprojekt des Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) entwickelt wurde. Aus dem Vogelmonitoring wurden die Daten des Stratums ausgewählt, indem der Landkreis Schwäbisch Hall liegt und für die Erstellung des Habitatmodells der Feldlerche verwendet.
Um zu einer Einschätzung der zu erwartenden Veränderungen der Feldlerchenbestände bei einem ausgeweiteten Anbau von Bioenergiepflanzen zu kommen, wurde die Landnutzung in Schwäbisch Hall im Jahr 2011 mit einer flugzeuggestützten Fernerkundungsmethode kartiert. Aus den daraus entstandenen Bilddaten wurden Orthophotos erstellt, die die Grundlage für eine objektorientierte Bildanalyse der agrarischen Landnutzung in Schwäbisch Hall darstellten.
Mittels des Habitatmodells wurden die Feldlerchenreviere in Schwäbisch Hall auf der Grundlage der Landnutzungskartierung für 1 km² große Kacheln vorhergesagt.
Um zu einer Einschätzung der zu erwartenden Veränderungen der Feldlerchenreviere bei einer Ausweitung des Biomasseanbaus zu kommen wurde ein Biomasseszenario unter Beachtung der Guten
Fachlichen Praxis (§ 17 BBodSchG) sowie der regionalen Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln erstellt. Anschließend wurden die Feldlerchenreviere für das Szenario mittels des Habitatmodells auf 1 km² großen Kacheln vorhergesagt.
Das beste Habitatmodell konnte mit einem Generalisierten Linearen Modell und der Annahme einer negativen Binomialverteilung erstellt werden und resultierte in einem minimum adequat model mit den Prädiktoren Flächenanteil an Wintergetreide und mittlere Flächengröße je Untersuchungsplot. Die Modellgüte wurde anhand der Parameter der Modellausgabe (Signifikanzen der Prädiktoren, ANOVA, erklärte Varianz, Theta, Residuen, AIC) sowie mit einem Vergleich unabhängiger Geländedaten beurteilt. Da vergleichbare Geländedaten nur für eine Kachel vorlagen, handelt es sich bei diesem Vergleich lediglich um eine Einschätzung der Modellgüte. Der Vergleich der unabhängigen Kachel und der Kachel mit den Vorhersagen mittels des Modells resultierte in einer Genauigkeit von 92,21%.
Die Fernerkundungsanalyse resultierte in den fünf Klassen Wintergetreide (33985,78 ha), Mais (9621,36 ha), Raps (2952,36 ha), unbekannte Ackerkulturen (7244,18 ha) und Grünland (30720,88 ha). Wobei die Klasse Grünland nicht mit Fernerkundungsmethoden abgeleitet wurde sondern aus dem Digitalen Landschaftsmodell übernommen wurde. Das accuracy assessment ergab eine overall accuracy von 89,16% und eine Kappa-Statistik von 0,78.
Die Abschätzung der Feldlerchenreviere für die fernerkundlich erfasste Landnutzung in 2011 ergab 46269 Reviere, was einer mittleren Revierdichte von 8,4 Revieren je 10 ha entspricht, wenn lediglich die Ackerfläche berücksichtigt wird und 5,4 Revieren je 10 ha wenn Acker- und Grünland berücksichtigt werden.
Im Rahmen der Szenarienbetrachtung wurde von einer dreigliedrigen Fruchtfolge (Mais, Raps, Wintergetreide) und einem durchschnittlichen Flächenbedarf für die Ernährungssicherung von 0,17 ha je Einwohner ausgegangen. Zusätzlich wurden die benötigten Flächen für die Produktion von Futtermitteln ermittelt und mit den Flächen für den Ernährungsbedarf verrechnet, da in Schwäbisch Hall viele Viehzuchtbetriebe angesiedelt sind und keine Flächen als potentielle Bioenergieflächen ausgewiesen werden sollten, die für den Futtermittelanbau benötigt werden.
Unter Berücksichtigung der beschriebenen Annahmen verfügt Schwäbisch Hall über ein Biomassepotential von 5955 ha für den Maisanbau und 15033 ha für den Rapsanbau.
Die Ergebnisse der Szenarienbetrachtung wurden nach einem randomisierten Verfahren auf die fernerkundlich gestützte Landnutzungskartierung verteilt. Dadurch war es möglich mittels des Habitatmodells die Feldlerchenreviere für die Szenarienbetrachtung zu schätzen.
Für das Biomasseszenario wurden 36472 Feldlerchenreviere geschätzt. Die entspricht einer mittleren Revierdichte von 6,8 Revieren je 10 ha, wenn lediglich die Ackerfläche berücksichtig wird und 4,3 Revieren je 10 ha, wenn Acker- und Grünland berücksichtigt werden. Dadurch ergibt sich eine absolute Revierabnahme von 8797 bzw. von 19,43 %.
Neben der Betrachtung der Gesamtlandschaft wurden zusätzlich die Landschaftsstruktur und die Revierverteilung in den sechs Naturräumlichen Haupteinheiten, die sich mit dem Landkreis Schwäbisch Hall decken, ermittelt. Dabei zeigte sich, dass Schwäbisch Hall in einen ackerbaulich dominierten nordwestlichen Teil mit hohen absoluten und mittleren Revierzahlen und einen stärker Grünland- und Waldgeprägten südöstlichen Teil mit geringeren absoluten und mittleren Revierzahlen gegliedert werden kann. Die relative Abnahme der Revierzahlen zwischen den beiden Landnutzungsvarianten in den Naturräumlichen Haupteinheiten liegt in dem nordwestlichen Teil bei ca. 22 % und im südöstlichen Teil bei ca. 11-15 %.
Die Abschätzung der Revierveränderungen bei einer Ausweitung des Anbaus von Bioenergiepflanzen hat gezeigt, dass zukünftig mit einer weiteren Verschlechterung der Situation von Brutvögeln der offenen Agrarlandschaft gerechnet werden kann. Die Veränderungen gegenüber dem IST-Zustand liegen dabei bei ca. 20%. Es ist allerdings davon auszugehen, dass auch der IST-Zustand bereits einen „degradierten“ Zustand in Bezug auf die Revierausstattung der offenen Agrarlandschaft darstellt, wenn man die Ergebnisse des Indikatorenberichts zum Biodiversitätsmonitoring (BMU 2010) und die Monitoringergebnisse des European Bird Census Council beachtet.
 
Kurzfassung auf Englisch: For the first time in 2002, the transformation of the conventional energy system into a system based on renewable energies was politically and legally decided in Germany. On the regional level numerous communities and municipalities followed this decision by voicing their own political resolutions, addressing the coverage of energy consumption with renewable energies. Their implementation is accompanied by a spatial expansion of bioenergy crops which lead to a controversial discussion about food safety, biodiversity and landscape change.
Framed by the above mentioned discussion, this study assesses potential changes of skylark (Alauda arvensis) occurrence caused by a spatial expansion of bioenergy crops in the municipality of Schwäbisch Hall, Germany. The skylark was selected due to the comprehensive state of research about skylarks, their endangerment (“Red list of German breeding birds”), and the status as umbrella species for open agricultural landscapes (skylarks typically avoid vertical structures like hedges or edges of forests). The latter emphasizes their role as representatives for other species which are potentially affected by an expansion of bioenergy crops.
This study is based on a stratified bird monitoring scheme of Baden-Württemberg, which was developed during a project that aimed to set up an indicator for species richness and was financed by the Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). From the bird monitoring scheme, the stratum, which covers the municipality of Schwäbisch Hall, was extracted and served as a base for the development of a Generalized Linear Habitat Model of the skylark.
In order to assess potential habitat changes caused by an expansion of bioenergy crops, Schwäbisch Hall was mapped with an airborne remote sensing technology in 2011. The resulting aerial images were transformed into orthophotos and later classified (focusing on agricultural areas) with an object oriented image analysis approach.
Based on the outcomes of the habitat association model and the land use classification, skylark territories were predicted for 1 km² plots covering Schwäbisch Hall.
For an in-depth understanding of ecological impacts from expanded bioenergy cropping, a bioenergy scenario was developed considering § 17 BBodSchG (national soil protection act) and regional food security. Based on the scenario, skylark territories were predicted for 1 km² plots covering Schwäbisch Hall.
The most reasonable habitat association model resulted in a negative binomial Generalized Linear Model with the predictors winter sown crops and mean patch size per plot. Model performance was assessed by Wald z-statistics with p-values, ANOVA, explained variance, theta, residuals, AIC, and
independent field data. Field data was only available for one plot. Therefore, the field data only indicate model performance. The comparison of the model predictions with the field data resulted in an accuracy of 92.21%.
The land use classification resulted in the following five classes: 1. winter sown crops (33985.78 ha), 2. maize (9621.36 ha), rapeseed (2952.36 ha), unidentified crops (7244.18 ha), and grassland (30720.88 ha). Grasslands were not mapped by remote sensing techniques, but taken from a digital landscape model. Accuracy assessment showed an overall accuracy of 89.16 % and 0.78 kappa statistics.
Prediction of skylark territories based on the land use classification of 2011 resulted in 46269 territories, or a mean density of 8.4 territories per 10 ha on agricultural areas and 5.4 territories per 10 ha on agricultural and grassland combined areas.
The scenario assumed a three partite crop rotation (maize, rapeseed, winter sown crops) and a mean value of 0.17 ha per inhabitant for food security. Areas for fodder production were considered in course of the calculation of food security because Schwäbisch Hall is characterized by many livestock farms, which made it necessary to avoid conflicts between potential bioenergy sites and areas for fodder production.
Considering the above mentioned assumptions, Schwäbisch Hall has a bioenergy potential of 5955 ha for maize and 15033 ha for rapeseed cropping.
The results of the bioenergy scenario were randomly distributed to the land use polygons which resulted from the remote sensing analysis. With that, prediction of skylark territories based on the bioenergy scenario was feasible.
Skylark territories for the bioenergy scenario resulted in 36472 territories, or a mean value of 6.8 territories per 10 ha on agricultural areas and 4.3 territories per 10 ha on agricultural and grassland combined areas. Considering both land use options, skylark territories declined by 8797 in total numbers or by 19.43 % in relative numbers.
In addition to the land use options described above, landscape structure and territory distribution were analyzed based on six landscape units (Naturräumliche Haupteinheiten) covering the municipality of Schwäbisch Hall. The analysis revealed an agriculturally dominated northwestern part, with high numbers and mean values of skylark territories, and a grassland/forest dominated southeastern part, with lower numbers and mean values of skylark territories. The relative decline of these territories between the two land use options within the landscape units resulted approximately in 22 % in the northwestern and approximately 11-15 % in the southeastern part.
The results indicate that an expansion of bioenergy crops will have negative effects on breeding birds in open agricultural landscapes which already suffer from degraded habitat conditions. Based on the assumptions of this study, skylark territories will decline by approximately 20 % in comparison to 2011. Yet, considering the results of the indicator report of the German National Strategy on Biodiversity (BMU 2010) and the European Bird Census Council the baseline of 2011 already represents a degraded situation in terms of habitat quality for agricultural breeding birds.

    © 1996 - 2016 Universität Hohenheim. Alle Rechte vorbehalten.  15.04.15