Universität Hohenheim
 

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Skipiol, Annette

Die Mensch-Nutztier-Beziehung - Dimensionen, Einflussfaktoren und Auswirkungen am Beispiel der Schweinehaltung in Hohenlohe

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-4801
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2010/480/


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SWD-Schlagwörter: Schweinehaltung , Einstellung , Einfühlung
Freie Schlagwörter (Deutsch): Mensch-Nutztier-Beziehung
Freie Schlagwörter (Englisch): man-animal-relationship , pig husbandry , empathy , attitude
Institut: Institut für Sozialwissenschaften des Agrarbereichs
Fakultät: Fakultät Agrarwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Landwirtschaft, Veterinärmedizin
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Kromka, Franz Prof. Dr.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 15.04.2010
Erstellungsjahr: 2009
Publikationsdatum: 27.08.2010
 
Lizenz: Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.
 
Kurzfassung auf Deutsch: Von Gesellschaft und Politik wird häufig eine neue Ethik in der Mensch-Nutztier-Beziehung gefordert. Der modernen Landwirtschaft wird häufig vorgeworfen, die Nutztiere als reine Produktionsmittel anzusehen. Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier sei allein von ökonomischen Interessen bestimmt. Diese Anklage rückt das ambivalente Verhältnis zwischen Landwirt und Nutztier in den Mittelpunkt: Einerseits ist das Tier ein Wertgegenstand, andererseits ein lebendes Individuum mit eigenen Verhaltensmustern und Bedürfnissen, dem eine Du-Evidenz zugestanden werden kann. Es wird vermutet, dass in modernen Tierhaltungen mit entsprechend hohen Bestandszahlen jedoch eher eine kollektive Mensch-Tier-Beziehung vorliegt und das Nutztier daher nur als anonymes Exemplar einer Kategorie wahrgenommen wird.
Die vorliegenden Forschungsarbeiten liefern diesbezüglich jedoch widersprüchliche Ergebnisse. Zudem liegen hier verschiedenste Definitionen der Mensch-Nutztier-Beziehung und deren Dimensionen vor. In der vorliegenden Arbeit sollte daher zum Ersten das Konstrukt Mensch-Nutztier-Beziehung in allen seinen Facetten abgebildet werden. Weiterhin sollte geklärt werden, wie sich die Mensch-Nutztier-Beziehung in modernen Tierhaltungen tatsächlich darstellt und welchen Einflüssen sie unterliegt. Dazu wurde eine Befragung bei einer Erzeugergemeinschaft für Mastschweine und Ferkel in Hohenlohe durchgeführt. Die Schweinehaltung bot die Möglichkeit, die Mensch-Nutztier-Beziehung innerhalb einer Produktionsrichtung bei unterschiedlich intensiven (hinsichtlich Zeitaufwand und Kontakt zum Einzeltier) Produktionsschritten zu analysieren. Als Grundlage für den verwendeten Fragebogen diente eine eigens zusammengestellte Itemsammlung, deren Elemente zum einen der Literatur entnommen und zum anderen aus den Ergebnissen von Expertengesprächen entwickelt wurden.
Die Auswertung der Daten konzentrierte sich auf die Produktionszweige Schweinemast und Ferkelerzeugung. Die Untersuchung ergab, dass die Beziehung der Ferkelerzeuger zu ihren Tieren signifikant enger war als die der Mäster zu ihren Schweinen. Die Ferkelerzeuger waren sogar als diejenigen Schweineproduzenten anzusehen, die unter allen Probanden die engste Beziehung zu ihren Tieren hatten. Bei den Schweinemästern dagegen war die Mensch-Nutztier-Beziehung im Vergleich zu den anderen Produktionszweigen am wenigsten stark ausgeprägt.
Die in anderen Arbeiten beschriebene Abhängigkeit der Mensch-Nutztier-Beziehung von der Bestandszahl konnte sowohl bei den befragten Mästern als auch bei den Ferkelerzeugern bestätigt werden. Die Aussage von Kather (1999), dass selbst bei großen Beständen eine enge Beziehung zwischen Mensch und Tier möglich sei, konnte im Hinblick auf die untersuchte Stichprobe folglich nicht unterstützt werden.
Ein Zusammenhang zwischen der Länge der im Stall verbrachten Zeitspanne und der Mensch-Nutztier-Beziehung konnte nicht nachgewiesen werden. Dies unterstützt die Vermutung, dass die Ausprägung der Mensch-Nutztier-Beziehung weniger von der reinen Länge der im Stall verbrachten Zeitspanne abhängt, sondern eher von der währenddessen stattfindenden Kommunikation des Landwirts mit den Tieren.
Faktoren, die die Person des Landwirts betrafen, beeinflussten die Mensch-Nutztier-Beziehung weniger als erwartet. So konnten weder Zusammenhänge zwischen dem Geschlecht des Tierbetreuers noch zwischen seiner eventuellen Elternschaft und der Mensch-Nutztier-Beziehung gefunden werden. Auch die Konfession der befragten Landwirte beeinflusste deren Mensch-Nutztier-Beziehung nicht signifikant, was im Gegensatz zu den Ergebnissen von Porcher et al. (2004) steht. Die Auswertung ergab allerdings, dass das Alter der Landwirte hinsichtlich der Ausprägung der Mensch-Nutztier-Beziehung eine Rolle spielte. Ältere Landwirte hatten eine engere Beziehung zu ihren Tieren als Repräsentanten der jüngeren Generation. Die Mensch-Nutztier-Beziehung wurde auch von der sogenannten Professionalität der Landwirte beeinflusst: je höher der Ausbildungsgrad der Landwirte, desto weniger stark ausgeprägt war ihre Beziehung zu ihren Nutztieren. Diese Ergebnisse decken sich mit den Befunden von Porcher et al. (2004).
Um einen vollständigen Überblick über die Mensch-Nutztier-Beziehung zu geben, wurde in der vorliegenden Arbeit auch den Auswirkungen der Beziehung zwischen Landwirt und Nutztier Beachtung geschenkt. Es wurde deutlich, dass durch unguten Umgang bei den Tieren leicht eine Furcht- bzw. Stressreaktion ausgelöst werden kann, die sowohl deren Wohlbefinden als auch deren Leistung negativ beeinflusst. Die Mensch-Nutztier-Beziehung ist daher nicht nur aus tierschützerischer und ethischer Sicht interessant, sondern auch aus der ökonomischen Perspektive wichtig und folglich als bedeutender Qualitätsfaktor in der Nutztierhaltung anzusehen.
 
Kurzfassung auf Englisch: The relationship between farmers and their animals in modern agriculture is often seen as a problem concerning the whole society and a new ethics is demanded. Modern livestock husbandry is seen to consider the animals only as a capital equipment. The relationship between the farmer and his animals is seen as dominated by economic interests. This accusation points to the ambiguous relationship between man and livestock: on the one hand the animal is an object of value, on the other hand it´s a living individual with own needs which can be accepted as a ?you?.
In modern livestock husbandries, with high numbers of animals, a collective relationship between the farmer and his stock is quite probable and the animal is seen as a anonymous specimen of the whole bulk.
Current papers concerned with this matter, nevertheless provide inconsistent conclusions. Furthermore it is not clear, what is meant by the complex ?man - farm animal relationship?. Different terms such as empathy, attitude and communication are partly used as synonyms, partly however they´re understood as different dimensions of the construct.
In this paper therefore at first the complex man - farm animal relationship was described in all its dimensions. Furthermore it was investigated how this relationship turns out to be in fact in modern livestock production and what the influencing factors are.
A survey was conducted with farmers from an agricultural association for producing rearing pigs and piglets in the area of Hohenlohe. Pig production provides the possibility to analyse the relationship between farmers and their animals within different production lines and therefore variably intensive processes (concerning expenditure of time and contact to the individual animal). The questionnaire was based on a collection of items especially composed for this survey. It contained elements both from the relevant literature and from results of interviews with pig production experts. The data evaluation concentrated on the lines rearing pig production an piglet production.
The analysis showed that in piglet production the farmers had a significantly closer relation to their animals than the rearing pig farmers, in fact the piglet producers had the closest relationship to their animals of all respondents. In rearing pig production the man-farm animal relationship was least developed of all production lines.
The connection between man - farm animal relationship and the size of the stock, which is mentioned in other studies, could also be attested in the sample, both with rearing pig producers and piglet producers. The statement of Kather (1999), that even in a large livestock a close relationship between farmer and animal is possible, therefore couldn´t be confirmed.
Furthermore a link between the period of time a farmer spent in the stable and his relationship to the animals couldn´t be found. This supports the assumption, that the strength of this relationship rather depends on the form of communication between farmer and animals, that takes places within this time.
Personal factors of the farmer influenced the relationship to the animals less than expected. The gender of the farmer or a possible parenthood also didn?t show an influence on the man - farm animal relationship. Also the religious confession of the farmers didn´t influence their relationship to their animals, which differs from the findings of Porcher et al. (2004). However the data analyses showed that the age of
the farmers affected their relationship to the animals. Elder farmers had a closer relationship than younger ones. The man - farm animal relationship was also affected by the professionalism of the interviewees: the better educated the farmers were, the less strong their relationship to the animals. This coincided with the results of Porcher et al. (2004).
To give a complete review about the complex man - animal relationship its effects on animal and man were also analysed. It was shown that bad handling causes fear and stress in animals, thus well-being and performance of the animals are suffering. The relationship between farmers and their animals therefore not only concerns animal protection and ethics, but also affects economic parameters. Accordingly the man - farm animal relationship can be considered as an important quality factor in livestock production.

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