Universität Hohenheim
 

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Rothfuß, Kathrin

Bürokratie in landwirtschaftlichen Betrieben : dargestellt am Beispiel von Milchviehbetrieben

Bureaucracy in agricultural enterprises : illustrated by the exampel of dairy cattle farms in Baden-Württemberg

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-8583
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2013/858/


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SWD-Schlagwörter: Bürokratie , Belastung , Betriebsführung , Information und Dokumentation
Freie Schlagwörter (Deutsch): Aufzeichnungen
Freie Schlagwörter (Englisch): Bureaucracy , record keeping , burden , farm management , information and documentation
Institut: Institut für Landwirtschaftliche Betriebslehre
Fakultät: Fakultät Agrarwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Landwirtschaft, Veterinärmedizin
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Doluschitz, Reiner Prof. Dr.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 25.09.2012
Erstellungsjahr: 2013
Publikationsdatum: 23.07.2013
 
Lizenz: Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.
 
Kurzfassung auf Deutsch: Wie in vielen Bereichen der Wirtschaft ist staatliche Bürokratie als ein zunehmendes und kostspieliges Problem für einzelne landwirtschaftliche Betriebe, aber in der Summe auch für den Agrarsektor zu betrachten. Gleichzeitig gewinnen die Bewältigung der innerbetrieblichen Bürokratie und der Datenaustausch im Rahmen von Qualitätsprogrammen und auf Basis von vertraglichen Regelungen wachsende Bedeutung. Sehr berechtigt stellt sich also nicht mehr nur die Frage, welche Bürokratie zu aufwändig oder überflüssig ist, sondern auch, wie die unumgängliche Bürokratie möglichst effektiv bewältigt werden kann. Das Ziel dieser Arbeit ist daher einerseits die Ermittlung der Bürokratiebelastung, die für Landwirte entsteht und andererseits die Bestimmung der Einflussfaktoren, die auf die Intensität dieser Belastung wirken bzw. diese verringern können.
Die Erhebung der Bürokratiebelastung erfolgt in dieser Arbeit anhand einer subjektiven Bewertung der Landwirte. Außerdem war für die Erhebung der Bürokratiebelastung die Bestimmung der bürokratischen Tätigkeiten erforderlich, die von den Landwirten bewertet werden sollten. Die Kriterien hierfür waren, dass die Tätigkeiten für Milchviehhalter mit Ackerbau in Baden-Württemberg relevant sind. Außerdem müssen die untersuchten Tätigkeiten mindestens einmal pro Jahr durchgeführt werden und ein bestimmter Aufwand muss dafür erforderlich sein.
Um der Vielschichtigkeit des dargestellten Untersuchungsgegenstands in angemessener Weise begegnen zu können, wurden quantitative und qualitative Methoden der empirischen Sozialforschung kombiniert. Dabei wurden Milchviehhalter in Baden-Württemberg in einem mehrstufigen Verfahren befragt. Im ersten Schritt wurden dazu 1 060 Fragebögen an die Teilnehmer der Milchleistungsprüfung verteilt. 487 Landwirte (46 % Rücklaufquote) beantworteten darauf die standardisierten Fragen zu ihrer Betriebsstruktur und ihrem soziodemographischen Profil und bewerteten die ausgewählten 45 bürokratischen Tätigkeiten. 125 von diesen Landwirten erklärten sich zu einem weiteren Interview bereit. Aus diesen wurden nach festgelegten Kriterien 40 Landwirte für persönliche Interviews ausgewählt. Diese Interviews wurden zum Teil qualitativ ausgewertet und umfassen auch die Fragen, welche in den anschließenden telefonischen Interviews enthalten waren. Weitere 82 Landwirte wurden telefonisch zu ihrer Einstellung gegenüber Bürokratie befragt. Mittels einer Faktorenanalyse und einer anschließenden Binären logistischen Regression wurden die Einflussfaktoren bestimmt, welche zu einer ?sehr starken? mentalen Bürokratiebelastung führen.
Die empirisch erfassten Milchviehbetriebe sind in Bezug auf die Zahl der Milchkühe und die Flächenausstattung überdurchschnittlich groß. Die empfundene Belastung ist erheblich. Beinahe die Hälfte der Befragten beurteilt die Belastung durch Bürokratie (?Papierkram?) als sehr stark und im Durchschnitt höher als durch andere berufliche Herausforderungen. Anhand der Bewertung der bürokratischen Tätigkeiten lassen sich an erster Stelle der ?Gemeinsame Antrag? und an zweiter Stelle die Aufzeichnungen zur Anwendung von Tierarzneimitteln als am stärksten belastende Bürokratie identifizieren.
Die qualitative Auswertung der persönlichen Interviews lässt die Beschreibung von zehn generellen Problemfeldern beim Umgang mit Bürokratie zu. Dabei fällt auf, dass in den meisten Fällen Schwierigkeiten auftreten, wenn zum Beispiel der Einsatz von Hilfsmitteln oder die Arbeitsteilung nicht geplant sind bzw. die Landwirte ihre Prozesse nicht begründen können. Innerhalb der zehn am stärksten als Belastung empfundenen Tätigkeiten zeigen sich neben den generellen Problemfeldern spezifische Problemfelder, die meist die Höhe der bürokratischen Belastung gut erklären können.
Durch eine Faktorenanalyse konnten sie standardisiert erhobenen Aussagen der Landwirte bezüglich ihrer Einstellung zu Bürokratie zu acht Faktoren zusammengefasst werden. Drei davon zeigen einen Einfluss auf die mentale Bürokratiebelastung. Der Faktor ?Akzeptanz externer Informations- und Gestaltungswünsche? vermindert die empfundene bürokratische Belastung und die Faktoren ?Zeitmangel? und ?Effizienzmangel staatlicher Dokumentationspflichten? erhöhen die empfundene bürokratische Belastung.
Die vorliegende Arbeit zeigt deutlich, bei welchen bürokratischen Pflichten der Gesetzgeber für eine Entlastung sorgen sollte. Die gewählte Vorgehensweise hat sich hierfür bewährt. Es zeigt sich jedoch auch, dass Landwirte selbst dem Thema Bürokratie nicht passiv gegenüber stehen sollten, sondern selbst Maßnahmen ergreifen können, um innerbetrieblich für eine Entlastung zu sorgen. Dienstleister und Berater sind gefordert, dabei durch die Gestaltung von individuellen Strategien Hilfestellung zu leisten. Aus wissenschaftlicher Sicht liefert die Untersuchung Einblicke in verschiedene Prozesse der Organisation landwirtschaftlicher Betriebe und die dahinterstehende Einstellung der Landwirte.
 
Kurzfassung auf Englisch: As in many sectors of the economy, state bureaucracy is regarded as an increasing und costly problem for individual agricultural businesses and for the agricultural sector as a whole. Coping with internal administration as well as the exchange of data as part of quality assurance programmes and based on contractual regulations are also growing in importance. It is no longer justifiable to question which administrative work is too time-consuming or unnecessary but rather how the inevitable bureaucracy can be dealt with as effectively as possible. The goal of this dissertation is therefore firstly to determine the administrative burden that exists for farmers and, secondly, to ascertain the factors that can affect the intensity of this burden or alleviate it.
The bureaucratic burden will be ascertained in this dissertation on the basis of a subjective rating by farmers. A definition of the bureaucratic tasks to be evaluated by farmers was also needed in order to be able to define the bureaucratic burden. The criteria for this was that the tasks had to be relevant for dairy cattle farmers with arable farming in Baden-Württemberg. Furthermore, the analysed tasks had to be performed at least once per year and a certain level of work would be required for it.
Quantitative and qualitative methods of empirical social research were combined to respond appropriately to the diversity of the aforementioned subject of this analysis. Dairy cattle farmers in Baden-Württemberg were surveyed in a multi-stage process. In the first step, 1,060 surveys were distributed to the participants of the milk recording. 487 farmers (46% return rate) responded to the standardised questions on the structure of their enterprise and their socio-democratic profile and rated the selected 45 bureaucratic tasks. 125 of these farmers agreed to a further interview. From these 125, 40 farmers were then selected for personal interviews based on defined criteria. These interviews were partially evaluated by qualitative methods and also include the questions contained in the subsequent telephone interviews. A further 82 farmers were surveyed by phone about their attitude towards bureaucracy. The factors that led to "very serious" bureaucratic mental burden were determined using a factor analysis and a subsequent binary logistic regression.
The empirically recorded dairy cattle farms are above-average in size in terms of the number of dairy cattle and their total area. The burden felt is considerable. Almost half of those surveyed judge the burden caused by bureaucratic ("red tape") as being very significant and on average greater than other work-related challenges. Based on the rating of bureaucratic tasks, the "Gemeinsame Antrag" (application for subsidies) in first place and the recording of information concerning the use of veterinary drugs in second place are identified as being the bureaucracy that causes the most stress.
Qualitative analysis of the personal interviews permits a description of ten general problem areas in dealing with bureaucracy to be identified. It becomes apparent, that difficulties arise in the majority of cases if, for example, the use of resources or the division of labour is not planned or the farmers cannot justify their processes. Within the ten tasks perceived as being most stressful, alongside general problem areas there are specific problem areas that generally explain well the volume of bureaucratic stress and burden.
A factor analysis enabled this standardised statements about the farmer?s attitude towards bureaucracy to be combined into eight factors. Three of these factors affect the farmer's mental stress with bureaucracy. The factor of "Acceptance of external requests for information and design" reduces the bureaucratic stress felt and the "Lack of time" and "Lack of efficiency of statutory obligations regarding documentation" increase the bureaucratic stress and pressure felt.
This dissertation clearly demonstrates which bureaucratic obligations the legislature should change to reduce stress. The procedure selected for this has proved itself. It also demonstrates that farmers should not remain passive when faced with the issue of bureaucracy but should take measures themselves to reduce the burden within their own business. Service providers and advisers are called upon to provide assistance by developing individual strategies. From a scientific point of view, this investigation provides insights into various processes in the organisation of agricultural businesses and the underlying attitude of the farmers themselves.

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