Universität Hohenheim
 

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Letzguß, Helga

Einfluss von Beschäftigungs- und Strukturelementen auf das Verhalten und das Beinskelett konventionell gehaltener Mastputen

Effects of environmental enrichment on behaviour and leg skeleton of turkeys under commercial farming conditions

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-4773
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2010/477/


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SWD-Schlagwörter: Verhaltensforschung , Artgerechte Haltung , Truthuhnmast , Knochen , Truthuhn
Freie Schlagwörter (Deutsch): angereicherte Haltungsumwelt, Beinskelett, Aktivität, Tierbeurteilung, Kannibalismus
Freie Schlagwörter (Englisch): turky, enviromental enrichment, behaviour, locomotor activity, body condition
Institut: Institut für Tierhaltung und Tierzüchtung
Fakultät: Fakultät Agrarwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Landwirtschaft, Veterinärmedizin
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Bessei, Werner Prof. Dr.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 05.01.2010
Erstellungsjahr: 2010
Publikationsdatum: 16.06.2010
 
Lizenz: Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.
 
Kurzfassung auf Deutsch: Die konventionelle Putenmast in Deutschland ist durch die Nutzung von schweren Linien in reizarmen Intensivhaltungssystemen gekennzeichnet. Die damit einhergehenden pathologischen Verhaltensweisen und gesundheitlichen Nachteile, wie beispielsweise Kannibalismus und Beinschäden, sind nicht nur unter dem Aspekt des Tierschutzes von großer Relevanz, sondern bedeuten auch finanzielle Nachteile für die Mäster. Es wird angenommen, dass eine angereicherte Umgebung einen reduzierenden Effekt auf Kannibalismus und Federpicken, sowie einen positiven Einfluss auf den Bewegungsapparat von Puten hat.
In dieser Feldstudie wurden die Auswirkungen von Anreicherungen unter praktischen Bedingungen in der konventionellen Putenmast untersucht. Von besonderem Interesse war die Feststellung möglicher Einflüsse auf (i) Kannibalismus und Federpicken, (ii) die Bewegungsaktivität und (iii) die Gesundheit des Beinskeletts. Weiterhin sollte die Akzeptanz und die Nutzung der einzelnen Anreicherungen bestimmt und bewertet werden.
Aufbauend auf früheren Untersuchungen wurden verschiedene Anreicherungen gewählt. Ein wichtiges Entscheidungskriterium war dabei, dass die Objekte ohne größere Umbauten in bereits bestehende konventionelle Ställe integrierbar waren. Weiterhin wurde darauf geachtet, kostengünstige Strukturen auszuwählen, die zusätzlich keinen großen zeitlichen Mehraufwand für die Tierbetreuung darstellte. Als Anreicherungsobjekte wurden erhöhte Ebenen, Rundballen, Heukörbe und Palettenstapel ausgewählt. Letztere wurden im zweiten Durchgang durch Quaderballen ersetzt. Die Anreicherungen belegten 5,3 % der Stallfläche.
Es wurde ein Versuchsdurchgang in der warmen (Durchgang 1) und ein zweiter in der kalten (Durchgang 2) Jahreszeit durchgeführt. Dabei wurden schwere Mastputenlinien in konventionellen Mastputenställen mit jeweils mehr als 4500 Tieren eingestallt. 2 Ställe (A1 und A2) waren mit Struktur- und Beschäftigungsobjekten angereichert. Ein weiterer Stall verblieb unangereichert als Kontrolle. Die Tiere wurden ab der 6. LW viermal im 4-Wochenrythmus von 3 Beobachtern beobachtet. Zusätzlich wurden Videos im gleichen Zeitraum aufgenommen und mittels der kommerziellen Software INTERACT (Mangold International GmbH, Arnstorf) ausgewertet. Es wurden folgende Bereiche erfasst: Palettenstapel, erhöhte Ebene, Strohballen, nicht angereicherter Raum, Heukorb, Futterlinie und Tränkelinie. Als Verhaltensparameter wurden erfasst: Sitzen, Fortbewegung, Stehen, Komfortverhalten, Sandbaden, Scharren, Objektpicken, Umgebungspicken, Federpicken, Aggression, Drohen, Kannibalismus und Nahrungsaufnahme. Auf der Grundlage von Videoaufnahmen wurde sowohl die Dauer als auch die Anzahl der Tiere in den einzelnen Bereichen bestimmt. Als Verhaltensparameter wurden Bewegung, Sitzen und Stehen registriert. In der 15. LW wurden pro Stall 150 Tiere zufällig ausgewählt. Von diesen wurden das Lebengewicht, Zustand der Brusthaut, des Gefieders und der Metatarsalballen bonitiert. Während der Schlachtung wurde der Zustand jeder dritten Brusthaut und von jedem fünften Fußballen beurteilt. Des Weiteren wurden Länge, distale Abwinkelung und Torsion von 50 Tibiotarsi je Stall bestimmt. Mit Hilfe eines Computertomographen wurden in der Mitte der Tibiotarsi folgende Knochenparameter erfasst: Gesamtfläche, Gesamtdichte, Corticalisfläche, Corticalisdichte, Flächenträgheitsmoment. Zusätzlich wurde mittels einer Drei-Punkt-Biege-Messung die Bruchkraft der Tibiotarsi bestimmt.
Die Anreicherungen wurden von den Puten gut angenommen. Die Dauer der Ruhephasen war auf den erhöhten Ebene, den Paletten und den Quaderballen länger als im nicht angereicherten Raum. Dies weist darauf hin, dass die Tiere ihrem Ruhebedürfnis auf den Strukturen besser nachgehen konnten als im nicht angereicherten Raum. Kurze Ruhephasen im nicht angereicherten Raum sind insbesondere auf die dort vermehrt auftretenden Störungen durch Artgenossen zurückzuführen. Anhand des Anteils der Bewegung in den nicht angereicherten Bereichen konnte festgestellt werden, dass es durch die Anreicherungen zu einer gesteigerten Bewegungsaktivität kam. Die Tierbeurteilung in der 15. LW zeigte keinen Einfluss der Anreicherungen auf die Tiergesundheit. Im Hinblick auf die Beingesundheit der Puten zeigte sich eine Verringerung der Torsion des Tibiotarsus. Im Gegensatz zu den Puten in den Kontrollställen mussten die Tiere in den angereicherten Ställen flattern, klettern und hüpfen, um die Strukturelemente nutzen zu können. Dadurch wurden die Beinmuskulatur und die Beinknochen der Puten stimuliert. Die Rundballen wurden bis zum Ende der Mast von den Tieren bepickt, wohingegen die Beschäftigung mit den Heukörben nachließ. Eine Beeinflussung von Kannibalismus oder Federpicken durch die Beschäftigungselemente konnte nicht festgestellt werden, da diese Verhaltensweisen in allen Ställen sehr selten auftraten.
Die vorliegende Untersuchung belegt, dass eine kostengünstige Anreicherung der Haltungsumwelt dazu beitragen kann die Knochengesundheit von Mastputen zu verbessern. Es wurde außerdem gezeigt, dass bereits erhöhte Flächen mit nur einem geringen Höhenunterschied zur Einstreu, eine Strukturierung des Stalles in Aktivitäts- und in Ruhebereiche ermöglichen. Schließlich ist hervorzuheben, dass die Anreicherungen für die Puten während der kompletten Mastdauer anhaltend attraktiv blieben.
 
Kurzfassung auf Englisch: Commercial turkey production in Germany is characterized by the use of heavy strains and intensive management systems with a poor level of environment stimulation. This results in behavioral and health problems, which are not only relevant with respect to animal welfare but do result in substantial financial losses for the farmers. It is assumed that environmental enrichment could be a promising means for improving the locomotor system of turkeys and for reducing cannibalism and feather pecking.
The present field study deals with the effects of environmental enrichment under commercial rearing conditions. The major focus was on deducing the impact on (i) cannibalism and featherpecking, (ii) locomotor activity, and (iii) leg conditions. In addition the acceptance and the utilization of the enrichment facilities should be determined.
Based on previous work, different enrichment structures were selected. Particular attention was given to choose structures that could easily be integrated into existing stables at low costs. Moreover, the objects should not substantially increase the workload of the farmers. Raised platforms, round bales of straw, baskets filled with hay, and packs of palettes were used as enrichment objects. The latter were substituted with square bales of straw in the second experiment. The enrichment structures occupied 5.3 % of the available area of the houses.
The two successive experiments, one in the warm (Durchgang 1) and one in the cold (Durchgang 2) season, were carried out using three commercial turkey houses. Heavy strains of turkeys were kept in houses with more than 4500 animals. Two houses (A1 and A2) were enriched and one house was kept as non-enriched control. Starting from the 6th week of age the animals were observed in 4 week intervals by three observers. In addition, videos were recorded during the same time and evaluated using the commercial software INTERACT (Mangold International GmbH, Arnstorf). The following areas have been observed separately: raised platforms, square bales of straw, round bales of straw, unenriched area, wired basket filled with hay, feeder area, and drinker area. The following behaviours were determined: resting, sitting, locomotion, comfort behaviour, object pecking, environment pecking, feather pecking, aggression, dust bathing, scratching, threat, cannibalism, water intake, and food intake. The duration and the number of animals performing locomotion, sitting, and standing in the individual areas were determined. At 14th weeks of age approximately 150 animals were selected at random and weighted. The conditions of the breast skin, feathering, and foot pads were scored. At slaughter, the scorings of each third breast skin and each fifth food pad were repeated. Furthermore, after slaughter, 50 tibiotaris were randomly chosen for which length, angular distal deformity, torsional deformity were identified. Based on computer tomography the following bone parameters were determined in the middle of the total area, total density, corticalis area, corticalis density and Strain Strength Index (SSI).
The enrichment structures were well accepted and used by the turkeys. The structures were mainly used for resting. From the observed extended resting periods it can be concluded that on the enrichment structures the animals could better satisfy their need for resting than in the non-enriched areas. Short resting periods in the non-enriched area are mainly due to frequent disturbances caused by fellow turkeys. From the fractions of locomotion in the unenriched areas it could be shown that the enrichment structures yielded increased locomotor activity. There was no effect of the enrichment structures on animal health. A decreased torsion of the tibiotarsi from the enriched houses were determined. In order to access the raised plarforms, palettes, and square bales of straw, the turkeys in the enriched houses had to wing flap, climb, and jump. This resulted in strengthening of both the leg muscles and the bones. The turkeys used the round bales until the end of the fattening period, where as pecking at the basket filled with hay decreased gradually. The occurrences of threat, aggression, cannibalism, and featherpecking, were very low an all houses. Hence, no effect was found for the enrichment structures on these behaviors.
This thesis provided proof that low-cost enrichment of the environment can be advantageous with respect to the bone health of turkeys. In addition, it was demonstrated that it is possible to increase the locomotor activity of heavy strains. Furthermore, the results indicate that even small height differences between object surface and litter level suffice to enable the creation of resting areas. It should be noted that the enrichment structures did not loose attractiveness for the turkeys throughout the complete fattening period.

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