Universität Hohenheim
 

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Häußler, Susanne

Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Fötalentwicklung beim Schwein

Sex-related differences during fetal development in the pig

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-2153
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2007/215/


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SWD-Schlagwörter: Schwein , Fetus , Ontogenie , Trächtigkeit , Allometrie , Differenzierung , Morphologie , Eierstock , Hoden , Östrogene , Androgene , Glucocorticoster
Freie Schlagwörter (Deutsch): Sexualdifferenzierung , Fötalentwicklung
Freie Schlagwörter (Englisch): fetal development , pig , sex-differences , estrogens , androgens
Institut: Institut für Tierhaltung und Tierzüchtung
Fakultät: Fakultät Agrarwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Landwirtschaft, Veterinärmedizin
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Claus, Rolf Prof. Dr. Dr.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 24.09.2007
Erstellungsjahr: 2007
Publikationsdatum: 13.11.2007
 
Lizenz: Hohenheimer Lizenzvertrag Veröffentlichungsvertrag mit der Universitätsbibliothek Hohenheim ohne Print-on-Demand
 
Kurzfassung auf Deutsch: Grundsätzlich sind Ablauf und Regulation der Geschlechtsdifferenzierung während der Fötalentwicklung beim Schwein bekannt. Während die Differenzierung der bivalenten Gonadenanlage zum Hoden vom Y-Chromosom initiiert wird, unterliegen die weiteren Entwicklungen des Geschlechtsapparates dem basic femaleness, d. h., ohne Signal bildet sich automatisch das weibliche Geschlecht, wohingegen die männliche Entwicklung unter Anwesenheit von Testosteron stattfindet. Da auch im Blutplasma beim weiblichen Fötus Androgene nachgewiesen wurden, ohne dass es zu Störungen der normalen Sexualdifferenzierung kam, stellte sich die Frage nach dem Einfluss der Androgene für die weibliche Fötalentwicklung. Zudem wurden beim männlichen Schweinefötus testikulär hohe Östrogenkonzentrationen nachgewiesen, deren Bedeutung ebenfalls noch nicht geklärt ist.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, die Bildung von Androgenen und Östrogenen in den Gonaden im Verlauf der Fötalentwicklung zu verfolgen und ihre Bedeutung für die Hodenentwicklung insbesondere beim männlichen Fötus näher zu charakterisieren. Während bisherige Untersuchungen lediglich Teilaspekte der Fötalentwicklung darstellen, die sich zudem nur auf kleine Zeitabschnitte beziehen, wurden in der vorliegenden Arbeit zahlreiche Parameter über den Verlauf der Fötalentwicklung verglichen.
Für die Untersuchung wurden bei Sauen in vier unterschiedlichen Trächtigkeitsstadien (6., 10., 13. und 15. Trächtigkeitswoche) insgesamt 158 Föten entnommen. Mittels radio- und enzymimmunologischer Messverfahren konnten Steroide im fötalen und maternalen Plasma sowie in der Amnionflüssigkeit gemessen werden. Es wurde gezeigt, dass die Föten bereits in der frühen Entwicklung (6. Trächtigkeitswoche) Testosteron und Östrogene bilden, deren Biosynthese unabhängig von Gonadotropinen erfolgt. Das im Verlauf der Östrogensynthese gebildete 19-Nortestosteron wurde im Rahmen dieser Arbeit erstmals mit Hilfe eines neu etablierten Enzymimmunoassays in der Amnionflüssigkeit im Graviditätsverlauf gemessen. Parallel zu den geschlechtsspezifischen Steroiden wurden auch Glucocorticoide auf maternaler und fötaler Seite nachgewiesen. Die hohen fötalen Konzentrationen bestätigen die frühe Nebennierentätigkeit. Neben den analytischen Bestimmungen ließen sich auch die Enzyme Aromatase und 11beta-Hydroxysteroid Dehydrogenase 2 (11beta-HSD 2) sowie Steroidrezeptoren (Androgenrezeptor, Glucocorticoidrezeptor) in fötalen Gonaden lokalisieren. Die Ergebnisse wurden zusätzlich mit Hilfe der quantitativen PCR bestätigt. Bezüglich der Enzyme Aromatase und 11beta-HSD 2 im fötalen Hoden des Schweins ergaben sich neue Ergebnisse, mit deren Hilfe Aussagen über die Bedeutung der Östrogene bei männlichen Föten gemacht werden konnten. So konnte ein Zusammenhang zwischen den Enzymaktivitäten und der wellenförmig verlaufenden Zellentwicklung hergestellt werden, d. h., die Enzymaktivitäten waren während der Entwicklungsschübe sowohl von Spermatogonien als auch von Leydigzellen erhöht. Bemerkenswert ist dabei, dass sich die Keimzellen genau zu dem Zeitpunkt weiterentwickeln, in dem sich die Leydigzellen in einer Ruhephase befinden. Umgekehrt wurde bei erhöhter Leydigzellaktivität ein Rückgang der Keimzellvermehrung beobachtet. Die Aromataseaktivität und demzufolge auch Östrogene korrelieren mit Entwicklungsschüben beider Zelltypen, da die Aromatisierung während der Ruhephase der Leydigzellen von den Spermatogonien übernommen wird. Es ist zu vermuten, dass die testikulären Östrogene aktiv an der Mitosesteuerung beider Zelltypen beteiligt sind.
Dass Glucocorticoide ein wichtiges Differenzierungsignal für neu gebildete Zellen darstellen, ist bekannt. Ein vergleichbarer Effekt ist auch durch die im Fötalhoden nachgewiesene Expression der Glucocorticoidrezeptoren zumindest in den Spermatogonien anzunehmen. Zudem erfolgt eine Feinsteuerung der Glucocorticoide durch das Enzym 11beta-HSD 2 das seinerseits wiederum in jenen Phasen exprimiert wird, in denen Östrogene erhöht sind.
Im Plasma und der Amnionflüssigkeit weiblicher Föten wurden Androgene in allen untersuchten Trächtigkeitsstadien nachgewiesen, auch waren Androgenrezeptoren im fötalen Ovar präsent. Dass diese Androgene keinen Einfluss auf die weibliche Sexualdifferenzierung haben, dürfte auf deren Konzentrationen zurückzuführen sein. In der für die Geschlechtsdifferenzierung kritischen Phase waren die Testosteronkonzentrationen im Plasma männlicher zehnmal höher als die der weiblichen Föten. Dennoch waren Androgene bei weiblichen Föten nachzuweisen. Vermutlich haben sie eine Bedeutung für die Follikeldifferenzierung, wie sie auch bei Ovarien maturer Tiere gezeigt werden konnte.
 
Kurzfassung auf Englisch: Basic mechanisms of sexual differentiation in higher mammals are well established. The development of the testes is controlled by genetic mechanisms and initiated by the Y-chromosome. Further differentiation of the ?Anlagen? is performed by the presence of testicular androgens but requires no specific signal in females (basic femaleness).
Speculation exists during the fetal development of pigs, because androgens are also measurable in female fetuses. In addition, the male gonad is able to synthesize remarkably high levels of estrogens.
The aim of the present study was to follow up concentrations of steroids in peripheral plasma throughout fetal development, starting with week 6, and in particular to analyze changes in testicular cell populations (spermatogonia, Leydig cells) and to correlate them with testicular androgens, estrogens, 19-nortestosterone and cortisol. The expression of steroid converting enzymes such as 11beta-HSD 2 and aromatase as well as receptors were determined by immunocytochemistry and quantitative PCR.
Altogether each of the stages of gestation (weeks 6, 10, 13, and 15 of pregnancy) was represented by 4 sows, so that a total of 158 fetuses were collected. Testicular steroid synthesis (testosterone, estradiol) could be demonstrated as early as week 6, but was independant of gonadotropine. 19-nortestosterone, which is formed during estrogen synthesis, was detected in amniotic fluid using a new established enzymeimmunoassay in this study.
Aromatase activity clearly correlated with a wave-like pattern of cell development. Therefore the activity was elevated both during an alternating rise of Leydig cells or spermatogonia mitosis.
During the rise of spermatogonia development Leydig cells remained quiescent and during the Leydig cell mitosis spermatogonia remained inactive. An increased aromatase activity was observed both during the rise of spermatogonia and Leydig cell mitosis, and in consequence an elevated concentration of estradiol was found. But during an increased Leydig cell formation aromatase expression and thus estradiol synthesis was taken over by spermatogonia. It is therefore reasonable to resume that estrogens are important mitogenic signals as it was also found earlier in mature boars.
The expression of glucocorticoid receptors by spermatogonia could be demonstrated for the first time in fetal pig testes. As also shown for other tissues, its likely role in testes is the differentiation of new cells. This important role also explains the expression of the enzyme 11beta-HSD 2 both by Leydig cells and spermatogonia. This enzyme is a well known fine-tuning mechanism which indicates cortisol and thus the ligand for the glucocorticoid receptor. Its expression in parallel to the rise of estrogens suggests a dependancy on estrogens. Investigating this was, however, not the topic of the present study.
The demonstration of androgens both in blood plasma and amniotic fluid in female fetuses seems to contradict the principle of basic femaleness. It was shown however, that concentrations of testosterone in males increase up to 2.01 ng/ml plasma during the main period of sexual differentiation whereas female levels remain at 0.2 ng/ml so that it is simply the concentration which decides where the male differentiation does occur.
It can not be ruled out, however, that low concentrations in female fetuses may have an effect on follicular differentiation, as was also demonstrated in mature sows. At the same time androgens could have a mitotic effect caused by insulin-like growth factors (IGF I + II).
Thus the present investigation was able to clarify of several new mechanisms and basic data of fetal pig development. Further confirmation of the mechanisms suspected in this study may be served by an aromatase inhibitor.

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