Universität Hohenheim
 

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Mustafa, Sandra Gabriele

Reproduktionsbiologie und olfaktorisches Verhalten des Kleinen Beutenkäfers Aethina tumida MURRAY 1867 (Nitidulidae)

Reproductive biology and olfactory behaviour of the Small Hive Beetle Aethina tumida MURRAY 1867 (Nitidulidae)

Bitte beziehen Sie sich beim Zitieren dieses Dokumentes immer auf folgende
URN: urn:nbn:de:bsz:100-opus-10556
URL: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2015/1055/


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SWD-Schlagwörter: Sexualverhalten , Aggregation , Pheromon , Kleiner Bienenstockkäfer
Freie Schlagwörter (Deutsch): Bienenparasit
Freie Schlagwörter (Englisch): mating behaviour , Small Hive Beetle , aggregation , pheromone , honeybee parasite
Institut 1: Landesanstalt für Bienenkunde
Institut 2: Institut für Zoologie
Fakultät: Fakultät Naturwissenschaften
DDC-Sachgruppe: Tiere (Zoologie)
Dokumentart: Dissertation
Hauptberichter: Steidle, Johannes Prof. Dr.
Sprache: Deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 31.10.2014
Erstellungsjahr: 2014
Publikationsdatum: 13.03.2015
 
Lizenz: Hohenheimer Lizenzvertrag Veröffentlichungsvertrag mit der Universitätsbibliothek Hohenheim
 
Kurzfassung auf Deutsch: Ziel dieser Dissertation war es das olfaktorische Verhalten und die Reproduktionsbiologie des Kleinen Beutenkäfers (Aethina tumida, Nitidulidae) zu untersuchen. Die Untersuchungen konzentrierten sich hauptsächlich auf die zweite Lebensphase des Lebenszyklus der Adulti, nach dem Schlupf aus der Erde und der Einwanderung in den Bienenstock (Apis mellifera sp.).
Im Bienenstock bilden die Käfer Aggregationen und beginnen sich zu reproduzieren. Aggregations- und/oder Sexualpheromone könnten bei diesen sozialen Interaktionen involviert sein. Ziel war es diese zu identifizieren oder zumindest ihre Existenz nachzuweisen.
Es wurden drei Labor-Biotests zur Untersuchung dieser Aspekte entwickelt: Mit dem Aggregationstest konnte ein geschlechts- und altersunabhängiges Aggregationsverhalten nachgewiesen werden; mit dem Präferenztests konnte eine altersabhängige Präferenz für das andere Geschlecht nachgewiesen werden und mit dem Filtertest erstmals die Rolle olfaktorisch aktiver Substanzen hierbei. Von bestimmten Käferstadien belaufe Filterpapiere wirkten auf andere Käfer attraktiv.
Beim Begattungs- und Sozialverhalten wiesen Verhaltensweisen, wie intensives Betasten und Reiben der Tarsen oder das Betrillern mit den Antennen an der kutikulären Körperoberfläche, auf chemotaktische Kommunikation hin. Über rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen konnte eine hohe Sensillendichte und Porenöffnungen auf den Elytren und den Laufbeinen der Käfer dokumentiert werden, die sich mit den häufig betastet bzw. betrillerten Regionen deckten.
Aus Videosequenzanalysen wurde ein Ethogramm der Verhaltensweisen sowie ein Flussdiagramm des Ablaufs des Paarungsverhaltens erstellt. Weibchen schienen dabei miteinander zu konkurrieren, indem sie andere Käfer und kopulierende Paare stießen. Gemeinsam mit dem stark reduzierten bzw. eher während der Kopulation anzusetzenden Balzverhalten könnte dies als Hinweis auf eine „cryptic female choice“ Strategie des Kleinen Beutenkäfers angesehen werden.
Der Vergleich des Paarungsverhaltens von kleinen Aggregationen und Einzelpaaren in verschiedenen Altersstufen zeigte, dass die sexuelle Aktivität ungefähr im Alter von drei Wochen ihren Peak erreicht und nur dann mehr hetero- als homosexuelle Kopulationen auftreten. Vermutlich emittieren Weibchen nur während dieser Zeit Sexualpheromonen.
Kopulationen fanden fast ausschließlich in Aggregation statt. Dieser Umstand kann als gute evolutive Anpassung an den Honigbienenwirt betrachtet werden. Eier und Larven von einzelnen Paaren würden sofort von Arbeiterinnen ausgeräumt werden und eine erfolgreiche Überwindung der Wirtsabwehr wäre ausgeschlossen. Mit dieser Strategie wird weiter eine Synchronisierung des Reproduktionsverhaltens innerhalb einer Käferpopulation gewährleistet. All diese Faktoren fördern die Massenvermehrung des Kleinen Beutenkäfers.
Die Rolle der Massenvermehrung zeigte sich auch bei einem Freilandversuch zur Anfälligkeit von Ablegern gegenüber dem Befall mit A. tumida. Ableger waren in einem Gebiet mit vergleichsweise moderatem Befallsdruck wesentlich anfälliger als Wirtschaftsvölker. Die Hälfte aller 24 Ableger im Versuch kollabierte oder zeigte Befall mit Larven, im Gegensatz zu den 24 Wirtschaftsvölkern, die nach der vierwöchigen Versuchsperiode keine Symptomatik zeigten. Imker in befallenen Gebieten sollten dies vor allem bei der Königinnenzucht oder Volksvermehrung berücksichtigen. Im Gegensatz zu vielen anderen Parasiten, die ihren Wirt möglichst lange am Leben zu lassen, ist der Kleine Beutenkäfer darauf angewiesen, dass das Bienenvolk kollabiert, um sich selbst erfolgreich fortpflanzen zu können.
Nachdem sich die Larven in der Erde verpuppt haben und wieder als adulte Käfer schlüpfen, steht in dieser ersten Lebensphase der Adulti die olfaktorische Fernorientierung zur Wirtsfindung und Erschließung von Nahrungsressourcen im Vordergrund. Bei der Verschleimung der Waben durch die Larven entstehen Gärstoffe, welche einen Schlüsselreiz für den Kleinen Beutenkäfer darstellen könnten. Ein Volk das im Zusammenbruch begriffen ist sollte besonders attraktiv sein, da hier noch genügend Ressourcen zur Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung zu Verfügung stehen, die Bienen aber nicht mehr wehrkräftig sind. Erste Flugzeltversuche wiesen auf eine Lockwirkung der, bei der Honigfermentierung entstehenden, Gärstoffe hin. Diese Substanzen würden sich für Freilandfallen anbieten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit dieser Arbeit nachgewiesen werden konnte, dass chemische Kommunikation über Pheromone, vermutlich auf Kontaktebene, in diesem System existiert und die olfaktorische Orientierung in allen Lebensphasen der Adulti eine wichtige Rolle spielt. Daran eng geknüpft sind, auf Verhaltens- und Fortpflanzungseben, Aggregation und die Strategie der Massenreproduktion. Der Zusammenschluss dieser Faktoren stellt den Schlüssel zur in manchen Gebieten hohen Pathogenität und zum Erfolg dieser invasiven Spezies dar.
 
Kurzfassung auf Englisch: This dissertation aimed to investigate the olfactory behaviour and reproductive biology of the small hive beetle (Aethina tumida, Nitidulidae).
Our investigations focused on the second part of the small hive beetle life cycle, after beetles emerged from the ground and invaded a honeybee (Apis mellifera) hive. Once in the hive, beetles show strong developed aggregation behaviour and start reproducing.
We suspected the involvement of aggregation- and/or sexual pheromones in these social interactions. Our goal was to identify or at least to prove the existence of the latter. Three laboratory bioassays were developed on this purpose: aggregation-assay, filter-assay and choice-assay. Gender and age independent aggregation behaviour was revealed by the aggregation assay. The choice assay revealed a gender and age dependent preference for the opposite sex in both genders.
The involvement of chemical substances in this system was proved by the filter-assay. Pieces of filter paper, which were left with certain beetle stages to leave marks on, proved to be attractive when offered to other beetles.
A detailed description of the mating behaviour was supposed to reveal further information about chemical communication in the small hive beetle. Therefore an ethogram and flow diagram were compiled through video analysis of the mating behaviour. Several behaviours observed before, after and during copulation indicated chemical communication on tactile level; this included tapping, thrilling or rubbing of the cuticle surface of fellow mates. Electron microscopy pictures showed a high density of sensillae and pores on the areas involved in frequent behavioural interactions.
The description of the mating behaviour revealed several indications for cryptic female choice mechanisms. One was the distinct aggressive behaviour of females in contrast to males. They pushed other beetles in high frequency and often interrupted matings this way.
Comparison of matings in single pairs and aggregations showed that small hive beetles only copulate in aggregations and sexual behaviours reaches its peak at the ages from two to three weeks. It is further the only age in which more hetero- than homosexual matings occur. All these facts added up indicated female pheromone emission from the age of two weeks on.
This feature might be seen as an extraordinary and unique adaption to their honey bee host. Single pairs would never be able to compete with the hygienic behaviour of the honeybees and all their offspring and eggs would be cleaned out immediately. It further helps in synchronizing reproduction of all beetles in an aggregation which in turn favours mass reproduction and surrendering the host.
The central role of this mass reproduction strategy became further obvious when investigating the susceptibility of small nucleus hives to invasion of the small hive beetle. Nucleus hives were far more vulnerable to invasion of the small hive beetle than full sized colonies. After a four week study period under moderate invasion pressure, half of all 24 nucleus colonies showed signs of small hive beetle reproduction, namely they either collapsed or were infected with larvae in their final development stage. In contrast, none of the full-sized colonies showed any symptoms. Beekeepers in affected areas should consider this in their daily tasks and avoid using too-small nucleus colonies for queen rearing or colony propagation. The small hive beetle depends on the collapse of the colony to ensure its reproduction in contrast to many other parasites which try to keep their host alive as long as possible.
In the first stage of the adult live cycle, after pupation and emergence from the ground, foraging and host-finding behaviour have first priority. Volatiles from fermenting honey might be a key trigger during this time. Infection with larvae incites fermentation of honey and pollen which produces the typical slimy combs in the end. Colonies in the stage between collapse and symptom-free infestation are supposed to be the most attractive. There are still food resources available but the honey bee host is already weak and vulnerable. In a preliminary trial under canvas we investigated the effect of various ferment products. They seemed to be attractive and could be considered as lure for traps in the field after further experiments.
In conclusion one can say that it was possible to prove the existence of chemical- probably chemotactical communication via pheromones in the small hive beetle A. tumida. Olfactory orientation is present in all stages of the life cycle and aggregation and a mass reproduction strategy is closely connected to it on the reproductive and behavioural level. Thereby, this effective mass reproduction strategy may be the key to the success of this invasive species.

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