TY - THES T1 - Innovation und Standardsetzungskompetenz auf global integrierten Märkten A1 - Slowak,André P. Y1 - 2012/12/18 N2 - In der vorliegenden Dissertation untersuchen wir den Zusammenhang von Innovationsverbundprojekten und der Standardsetzung von Industriestandards. Dies ist ein bislang stark vernachlässigtes Feld sowohl der Innovations- als auch der Economics-of-Standards-Forschung. Wir gehen der Kernfrage nach, welche Funktionen der Systemintegration Industriestandards für Produktsysteme und große Systeme übernehmen. Ein Produktsystem definieren wir als Set von Komponenten, welche nur gemeinsam wesentliche Funktionalität entfalten, jedoch als einzelne Komponenten für den Endnutzer noch erkennbar sind. Eine Standard-Architektur zergliedert ein gemeinsames technisches System der Standardsetzungspartner in physische Komponenten und Funktionen, sodass diese Systemelemente zugleich a) miteinander kompatibel, b) voneinander möglichst unabhängig und c) in verschiedener Anordnung funktionieren. Automobilindustrie und Industrieautomatisierung greifen auf Mitgliederschichten-Modelle als neue Organisationsform der Standardsetzungspartnerschaft zurück. Eine hohe Anzahl an Mitgliedern, eine Verschachtelung von Innovationsverbundprojekten und Strukturen zur schnellen Standard-Diffusion heben diese Organisationsform von herkömmlichen Industriekonsortien ab. Eine exzellente Standard Goverance ist notwendig, damit Incumbents weltweite dominante Designs setzen können. In empirischen Fallstudien betrachten wir die Fälle AUTOSAR, GENIVI und PROFIBUS. Um zu erklären, wie Standards strategisch ausgestaltet werden, leiten wir einen Konfigurationsaudit aus der Literatur ab. Unter anderem geht die Arbeit auf Exklusion von der Teilhabe an der Standardbildung, Exklusion vom Zugriff auf Spezifikation, Eigentum am Standard, IPR Policies, Zeitbezug der Spezifikation zum dominanten Design oder die Standardsetzungsmethode (modular vs. integral) ein. Wir beschreiben ferner die kulturell unterschiedlichen Herangehensweisen an die vorwettbewerbliche Projektorganisation zwischen deutscher und japanischer Automobilindustrie. Für die Ladeschnittstelle Elektromobilität bzw. im Fall CHAdeMO und in den Nutzerorganisationen der Industrieautomatisierung beobachten wir vor allem einen geographischen Mechanismus der Exklusion: Die Innovationsaktivitäten finden im Stammland statt. Im entstehenden Markt für Elektroautomobile findet zugleich ein F&E-getriebener Produktwettbewerb um die Kernkomponente Batterie als auch ein Standardsetzungswettbewerb um die Ladeschnittstelle zur Batterie statt. Die deutschen OEMs versuchen, ihr AC/DC-Combo-Ladesystem primär über die internationale Normung durchzusetzen. Die japanische Industrie versucht, ihr DC-Ladesystem marktförmig über die Standardsetzungspartnerschaft CHAdeMO durchzusetzen. An der Elektromobilität wird anschaulich deutlich, dass die Industrie eine langsame schrittweise Systemausweitung ausgehend von Kernkomponenten betreibt, um mit Partnern Lösungen und nicht singuläre Produkte anzubieten. Unter einer Systemausweitung verstehen wir den schrittweisen Ausbau eines Produktsystems: von den Kernkomponenten ausgehend, über die Integration der Zulieferer eines Incumbents (Systemintegrator) in die Standardbildung, hin zu einer Integration der Komplementärgüteranbieter & Anbieter der Umsystem-Komponenten. Letztere Integration meint die Errichtung eines (großen) wirtschaftlichen Ökosystems. Die Pigment- und Lackbranche wendet hingegen keine neuen Organisationsformen an. Innovation vollzieht sich in dieser Branche an der Schnittstelle zweier Wertschöpfungsstufen in bilateraler Zusammenarbeit. Normungsaktivitäten dienen unserer begleitenden Beobachtung nach vor allem dazu, sich auf neue Regulierung vorzubereiten, sie zu beeinflussen oder Messverfahren zwischen Herstellern zu vereinheitlichen. In unseren Fallstudien beobachten wir eine mehrstufige Systemdynamik der Standardsetzung. Diese Dynamik bilden wir in einem System Dynamics Modell ab. Unsere Modellierung eignet sich als Ausgangspunkt für Simulationen oder agentenbasierte Ansätze der Standardsetzung von Produktsystemen. Zukünftige Studien sollten außerdem weitere Fälle aus anderen Branchen charakterisieren, in denen systemische Innovation und Standardsetzung ebenfalls miteinander verzahnt sind. Technologieführer sollten versuchen, Schnittstellen oder Kernkomponenten von Produktsystemen industrieweit zu kontrollieren. Eine Technologieführerschaft kann bewusst vorwettbewerblich genutzt werden, um Gesamtkonzeptionen über systemische Standards durchzusetzen. KW - Innovation KW - Standardisierung KW - Systemtheorie KW - Coevolution KW - Elektrofahrzeug CY - Hohenheim PB - Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim AD - Garbenstr. 15, 70593 Stuttgart UR - http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2012/794 ER -