TY - THES T1 - Erhöhung der Butyratbildung durch Fütterung von Resistenter Stärke beim Schwein: Konsequenzen für die Mitose und Apoptoseregulation der Colonmucosa A1 - Mentschel,Joachim Y1 - 2004/10/11 N2 - Der Einfluß der Ernährung auf den Gesundheitszustand sowohl des Menschen als auch von landwirtschaftlichen Nutztieren ist ein aktuelles Forschungsgebiet. Von hohem Interesse sind in diesem Zusammenhang Komponenten natürlich vorkommender Nahrungsmittel, welche fördernd auf den Gesundheitszustand des Organismus wirken. In der Tierernährung werden positive Effekte prae- als auch probiotischer Inhaltsstoffe diskutiert, um aufbauend auf ihrer prophylaktischen Wirkung den Einsatz von Antibiotika zu verringern. In der Humanernährung wird aufgrund epidemiologischer Studien der Rohfaser in der Nahrung eine hemmende Wirkung auf die Coloncarcinogenese zugesprochen. Eine besondere Bedeutung spielen in diesem Zusammenhang die Short Chain Fatty Acids (SCFA), welche im Dickdarm durch Fermentation praecaecal unverdaulicher Kohlenhydrate entstehen. So führen z.B. reduzierte Gehalte an SCFA zu degenerativen Erscheinungen an der Darmmucosa. Vor allem Butyrat spielt eine zentrale Rolle, denn die Infusion von Butyrat kann die Regeneration einer atrophischen Colonschleimhaut induzieren. Neben diesen regenerativen Eigenschaften wird angenommen, daß speziell Butyrat vor Dickdarmkrebs schützt. Um die Ursachen der von Butyrat bedingten Gewebsveränderungen zu klären, wurde in zahlreichen Studien die Wirkung von Butyrat auf die Proliferation, die Differenzierung der Zellen und die Apoptose untersucht. Dabei zeigte sich, daß sich die Wirkung von Butyrat im Vergleich von in vivo - und in vitro - Studien deutlich unterscheidet. So wird die Apoptose bei gesunden Geweben in vivo vermindert und bei neoplastischen Geweben in vitro erhöht. Die Ursachen dieses Phänomens als auch die Regulation der Apoptose unter Butyrat-einfluß in vivo konnten bisher nicht geklärt werden. Aus diesen Gründen wurde in dieser Arbeit der Einfluß von Butyrat auf Proliferationsprozesse des Colons untersucht. Schwerpunkt war in diesem Zusammenhang die Apoptose der Colonocyten und deren Regulation. Um eine erhöhte Butyratbildung im Colon von Schweinen zu erreichen, wurde resistente Kartoffelstärke verabreicht. Zur Klärung der Fragestellung wurden 18 männliche Kastraten der Rasse DL x Pietrain verwendet, welche in drei homogene Gruppen mit jeweils 6 Tieren aufgeteilt wurden. Die Kontrollgruppe erhielt in der 19-tägigen Hauptphase eine Ration mit Quellstärke (14,13 MJ ME und 173,5g XP/kg Trockensubstanz) als Hauptenergiequelle, welche eine hohe praecaecale Verdaulichkeit aufweist. Die Tiere der Behandlungsgruppe RS (resistant starch) erhielten eine Ration mit resistenter Kartoffelrohstärke als Hauptenergiequelle (11,28 MJME und 138,5 g XP/ kg DM) für einen Zeitraum von 19 Tagen. Kartoffelrohstärke weist eine niedrige praecaecale Verdaulichkeit auf und fördert im Dickdarm die Bildung von Butyrat. Da diese Tiere auch in der Vorphase die Ration mit Quellstärke verabreicht bekamen, wurde der 19-tägigen Hauptphase eine 5-tägige Adaptationsphase vorgeschaltet. In dieser Phase sollte sich die gastrointestinale Flora auf die Ration mit resistenter Stärke einstellen. Die Tiere der zweiten Behandlungsgruppe (RE für Realimentation) wurden identisch versorgt, jedoch war der Behandlungsphase eine dreitägige Hungerphase vorgeschaltet worden. Um eine ausgeglichene Nährstoffversorgung der Tiere zu gewährleisten, wurde den Behandlungsgruppen aufgrund der geringeren Energiedichte der Ration mit resistenter Stärke entsprechend mehr Futter verabreicht. Zur Erfassung der Effekte der unterschiedlichen Fütterung, wurden täglich Blut- und Kotproben gesammelt. Die Tiere wurden am Ende des Versuchs eingeschläfert und Gewebsmaterial aus dem Verdauungstrakt für immunocytochemische und histologische Fragestellungen sichergestellt. Die Verfütterung von resistenter Stärke führte im Vergleich zur Quellstärkeration zu einem Anstieg der Butyratkonzentration im Kot der Tiere um den Faktor 2,2. Um die Auswirkung dieses Butyratanstieges auf das Colonepithel zu erfassen, wurde das Colongewebe histologisch untersucht. Dabei wurde bei den mit resistenter Stärke gefütterten Tieren ein Epithelzuwachs (Zellzahl) von 20 % im Vergleich zur Kontrollgruppe festgestellt. Dieser Epithelzuwachs konnte, da sich die Mitoserate zwischen den Behandlungsgruppen nicht unterschied, eindeutig auf eine um ca. 40% verringerte Apoptoserate zurückgeführt werden. Diese allgemeine Reduzierung der Apoptoserate ging einher mit einer erhöhten Expression von EGF, denn die Werte der positiv gefärbten Mucusfläche der Becherzellen lag bei der RS Gruppe im Durchschnitt ca. 50% über den Werten der Kontrollgruppe. EGF scheint in diesem Zusammenhang an der Regulation der Apoptose im Colon beteiligt zu sein. Eine Reduzierung der Apoptose um ca. 40% würde bei gleicher Mitoserate einen höheren Epithelzuwachs erwarten lassen. Die Erklärung für den insgesamt geringen Zuwachs ist auf die Verschiebung der Apoptose entlang der Kryptenachse zurückzuführen, denn unter Butyrateinfluß waren etwa 39% der apoptotischen Zellen im basalen Bereich lokalisiert, in der Kontrollgruppe jedoch nur 17%. Diese Erhöhung der Apoptose in der Stammzellregion der Krypten führte zu einer Reduzierung der durchschnittlichen Lebensspanne der Zellen und ist somit für den unter den Erwartungen gebliebenen Epithelzuwachs verantwortlich. Die Verschiebung der Apoptose wird von den pro- und antiapoptotischen Vertretern der bcl-2 Familie geregelt, denn in den Colonkrypten der Tiere, welche unter verstärkten Butyrateinfluß standen, wurde parallel zur erhöhten Apoptoserate im basalen Kompartiment in mehr Zellen das proapoptotisch wirkende Protein Bak exprimiert. Der Faktor lag im proximalen Bereich bei 3,5. Gleichsinnig zu dieser Beobachtung wurde im luminalen Bereich der Krypten dieser Gruppen parallel zur verminderten Apoptose eine erhöhte Expression des antiapoptotisch wirkenden Proteins Bcl-2 (55%) beobachtet. Die Ergebnisse der beiden Behandlungsgruppen RS und RE unterschieden sich nur geringfügig. Die Gründe hierfür dürften in der relativ langen Behandlungsphase von 19 Tagen liegen, denn die Zellen in der Mucosa des Colons unterliegen einer hohen Turnoverrate. Die Effekte des Hungerns vor der Behandlungsphase scheinen somit durch die 19-tägige Fütterung von resistenter Stärke kompensiert worden zu sein. Die Hintergründe über die gesundheitsfördernde Wirkung von Butyrat bzw. über die unterschiedlichen Ergebnisse zwischen in - vivo und in ? vitro Studien konnten anhand der vorliegenden Arbeit nicht komplett geklärt werden, jedoch wurden wertvolle Erkenntnisse über Detailmechanismen der Apoptose in vivo erhalten. KW - Butyrat KW - Apoptose KW - Colonmucosa KW - Resistente Stärke KW - Schwein KW - Präbiotika CY - Hohenheim PB - Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim AD - Garbenstr. 15, 70593 Stuttgart UR - http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2004/62 ER -