RT Dissertation/Thesis T1 Die Mensch-Nutztier-Beziehung - Dimensionen, Einflussfaktoren und Auswirkungen am Beispiel der Schweinehaltung in Hohenlohe A1 Skipiol,Annette WP 2010/08/27 AB Von Gesellschaft und Politik wird häufig eine neue Ethik in der Mensch-Nutztier-Beziehung gefordert. Der modernen Landwirtschaft wird häufig vorgeworfen, die Nutztiere als reine Produktionsmittel anzusehen. Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier sei allein von ökonomischen Interessen bestimmt. Diese Anklage rückt das ambivalente Verhältnis zwischen Landwirt und Nutztier in den Mittelpunkt: Einerseits ist das Tier ein Wertgegenstand, andererseits ein lebendes Individuum mit eigenen Verhaltensmustern und Bedürfnissen, dem eine Du-Evidenz zugestanden werden kann. Es wird vermutet, dass in modernen Tierhaltungen mit entsprechend hohen Bestandszahlen jedoch eher eine kollektive Mensch-Tier-Beziehung vorliegt und das Nutztier daher nur als anonymes Exemplar einer Kategorie wahrgenommen wird. Die vorliegenden Forschungsarbeiten liefern diesbezüglich jedoch widersprüchliche Ergebnisse. Zudem liegen hier verschiedenste Definitionen der Mensch-Nutztier-Beziehung und deren Dimensionen vor. In der vorliegenden Arbeit sollte daher zum Ersten das Konstrukt Mensch-Nutztier-Beziehung in allen seinen Facetten abgebildet werden. Weiterhin sollte geklärt werden, wie sich die Mensch-Nutztier-Beziehung in modernen Tierhaltungen tatsächlich darstellt und welchen Einflüssen sie unterliegt. Dazu wurde eine Befragung bei einer Erzeugergemeinschaft für Mastschweine und Ferkel in Hohenlohe durchgeführt. Die Schweinehaltung bot die Möglichkeit, die Mensch-Nutztier-Beziehung innerhalb einer Produktionsrichtung bei unterschiedlich intensiven (hinsichtlich Zeitaufwand und Kontakt zum Einzeltier) Produktionsschritten zu analysieren. Als Grundlage für den verwendeten Fragebogen diente eine eigens zusammengestellte Itemsammlung, deren Elemente zum einen der Literatur entnommen und zum anderen aus den Ergebnissen von Expertengesprächen entwickelt wurden. Die Auswertung der Daten konzentrierte sich auf die Produktionszweige Schweinemast und Ferkelerzeugung. Die Untersuchung ergab, dass die Beziehung der Ferkelerzeuger zu ihren Tieren signifikant enger war als die der Mäster zu ihren Schweinen. Die Ferkelerzeuger waren sogar als diejenigen Schweineproduzenten anzusehen, die unter allen Probanden die engste Beziehung zu ihren Tieren hatten. Bei den Schweinemästern dagegen war die Mensch-Nutztier-Beziehung im Vergleich zu den anderen Produktionszweigen am wenigsten stark ausgeprägt. Die in anderen Arbeiten beschriebene Abhängigkeit der Mensch-Nutztier-Beziehung von der Bestandszahl konnte sowohl bei den befragten Mästern als auch bei den Ferkelerzeugern bestätigt werden. Die Aussage von Kather (1999), dass selbst bei großen Beständen eine enge Beziehung zwischen Mensch und Tier möglich sei, konnte im Hinblick auf die untersuchte Stichprobe folglich nicht unterstützt werden. Ein Zusammenhang zwischen der Länge der im Stall verbrachten Zeitspanne und der Mensch-Nutztier-Beziehung konnte nicht nachgewiesen werden. Dies unterstützt die Vermutung, dass die Ausprägung der Mensch-Nutztier-Beziehung weniger von der reinen Länge der im Stall verbrachten Zeitspanne abhängt, sondern eher von der währenddessen stattfindenden Kommunikation des Landwirts mit den Tieren. Faktoren, die die Person des Landwirts betrafen, beeinflussten die Mensch-Nutztier-Beziehung weniger als erwartet. So konnten weder Zusammenhänge zwischen dem Geschlecht des Tierbetreuers noch zwischen seiner eventuellen Elternschaft und der Mensch-Nutztier-Beziehung gefunden werden. Auch die Konfession der befragten Landwirte beeinflusste deren Mensch-Nutztier-Beziehung nicht signifikant, was im Gegensatz zu den Ergebnissen von Porcher et al. (2004) steht. Die Auswertung ergab allerdings, dass das Alter der Landwirte hinsichtlich der Ausprägung der Mensch-Nutztier-Beziehung eine Rolle spielte. Ältere Landwirte hatten eine engere Beziehung zu ihren Tieren als Repräsentanten der jüngeren Generation. Die Mensch-Nutztier-Beziehung wurde auch von der sogenannten Professionalität der Landwirte beeinflusst: je höher der Ausbildungsgrad der Landwirte, desto weniger stark ausgeprägt war ihre Beziehung zu ihren Nutztieren. Diese Ergebnisse decken sich mit den Befunden von Porcher et al. (2004). Um einen vollständigen Überblick über die Mensch-Nutztier-Beziehung zu geben, wurde in der vorliegenden Arbeit auch den Auswirkungen der Beziehung zwischen Landwirt und Nutztier Beachtung geschenkt. Es wurde deutlich, dass durch unguten Umgang bei den Tieren leicht eine Furcht- bzw. Stressreaktion ausgelöst werden kann, die sowohl deren Wohlbefinden als auch deren Leistung negativ beeinflusst. Die Mensch-Nutztier-Beziehung ist daher nicht nur aus tierschützerischer und ethischer Sicht interessant, sondern auch aus der ökonomischen Perspektive wichtig und folglich als bedeutender Qualitätsfaktor in der Nutztierhaltung anzusehen. K1 Schweinehaltung K1 Einstellung K1 Einfühlung PP Hohenheim PB Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim UL http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2010/480