RT Dissertation/Thesis T1 Technikfolgenabschätzung und Diffusionsforschung in der Landwirtschaft : Beschreibung, Analyse und Weiterentwicklung im Kontext der Einführung Automatisierter Melkverfahren A1 Hein,Klaus A. WP 2009/07/16 AB Mit den vollautomatischen Melkverfahren (AMV) steht erstmals eine Technik zur Verfügung, mit welcher der Melkvorgang zeitlich weitgehend unabhängig vom Landwirt durchgeführt werden kann. Seit Mitte der neunziger Jahre werden die ersten Anlagen auch in deutschen Praxisbetrieben eingesetzt. Die in AMV zum Ausdruck kommende zunehmende Komplexität technischer Neuerungen in der Landwirtschaft sowie die wachsende Geschwindigkeit ihrer Ausbreitung haben dabei zu einem gesteigerten Interesse an den Folgewirkungen ihres Einsatzes geführt. Für die AMV als Einzeltechnologie liegt bisher kein Konzept einer umfassenden Technikwirkungsanalyse vor. Zudem sind AMV seither nicht im Hinblick auf ihre innovationstheoretische Einordnung beschrieben worden. Gleichzeitig werden unter dem Eindruck der bisherigen Adoption von AMV Einschränkungen in dem traditionellen modelltheoretischen Vorgehen, Diffusionsprozesse mittels nachfragebasierten Epidemiemodellen zu erklären, offenkundig. Ziel der vorgelegten Arbeit ist es, den Diffusionsprozess von Innovationen in der Landwirtschaft am Beispiel der Markteinführung von vollautomatisierten Melkverfahren zu untersuchen. Ausgehend von der Analyse verschiedener innovations- und wirtschaftstheoretischer Modelle, werden vor dem Hintergrund der Theorien zur Analyse des technischen Fortschritts, ausgewählte Ansätze und Methoden zur Technikfolgenabschätzung in der Landwirtschaft diskutiert. Die gewonnenen Erkenntnisse werden in der Entwicklung einer Gesamtkonzeption zur Technikwirkungsanalyse für vollautomatisierte Melkverfahren zusammengeführt. Die in der Literatur vorliegenden Erkenntnisse wurden durch eine schriftliche Befragung von 5.210 milcherzeugenden Betrieben in vier deutschen Milcherzeugerregionen ergänzt. Die hohen Investitionskosten von AMV stellen zur Zeit das größte Innovationshemmnis dar. Auch die mit der Umstellung der Melktechnik verbundenen Anpassungskosten sowie die Erwartung eines hohen Wartungs- und Reparaturaufwandes werden von den Nichtübernehmern als wichtige Argumente gegen eine Investition in AMV genannt. Arbeitswirtschaftliche und soziale Argumente stehen dagegen für potenzielle Technikübernehmer im Vordergrund ihrer Entscheidungsfindung. Ein weiterer Beweggrund ist im Streben nach einer größeren Unabhängigkeit von Lohnarbeitskräften zu sehen. Es konnte gezeigt werden, dass, obwohl der relative Anschaffungspreis von AMV deren relative Produktivität übersteigt, dennoch eine Übernahme aufgrund individueller Nutzenerwägungen stattfindet. Mit der dargelegten Einführung der individuellen Nutzenrelation in die Entscheidungsfunktion kompetitiver Diffusionsprozesse ist es nun möglich, die Diffusion von AMV trotz einer negativen Substitutionsrelation zu erklären. Eine weitere Spezifizierung der nutzen-erweiterten Entscheidungsfunktion könnte maßgeblich zu einer ex ante Schätzung von Diffusionsprozessen auch in der Landwirtschaft beitragen. Für die Mehrzahl der potentiellen AMV-Nutzer ist jedoch anzunehmen, dass die Leistungs- und Gewinnerwartungen die vorwiegend sozialen und arbeitswirtschaftlichen Nutzenerwartungen dauerhaft überlagern. Diese Erkenntnis steht damit der Erwartung einer idealtypischen S-förmigen Verteilungsfunktion der AMV-Übernehmer entgegen. Gegenüber der bisherigen Tradition der nachfrageorientierten Diffusionsforschung konnte hier vielmehr für AMV ein durch die Anbieterseite determinierter Diffusionsprozess nachgewiesen werden. Da sich Diffusionsprozesse aufgrund der zunehmenden Komplexität der Neuerungen auch in der Landwirtschaft verstärkt als Prozesse industrieller Koordination darstellen werden, sollte die bisherige einseitige Betonung der sozioökonomischen Merkmale der potentiellen Übernehmer zugunsten einer verstärkten angebotsorientierten Diffusionsforschung aufgegeben werden. Entsprechend sind auch zukünftige Technikfolgenabschätzungen explizit auf die Hersteller von Neuerungen zu erweitern. Insgesamt kann mit Hilfe des Konzepts des faktorpreis-induzierten technischen Fortschritts die Diffusion von AMV nicht hinreichend erklärt werden. Dies insbesondere auch deshalb nicht, da mit der Einführung von AMV nicht generell effektiveres Kapital in den Milcherzeugerbetrieben zum Einsatz kommt. Ob AMV als technischer Fortschritt im ökonomischen Sinne zu bewerten sind, ist dabei von den individuellen betrieblichen Einsatzgegebenheiten abhängig. Wesentliche Auswirkungen auf den strukturellen Anpassungsprozeß in der Milcherzeugung sind aufgrund der zukünftigen Marktdiffusion von AMV nicht zu erwarten. K1 Landwirtschaft K1 Diffusionsforschung K1 Automatisierte Melkverfahren (AMV) K1 Milchviehhaltung PP Hohenheim PB Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim UL http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2009/364