RT Dissertation/Thesis T1 Gemeinwohlanspruch im Wandel : die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Rolle des Public Service-Fernsehens in Schweden A1 Wienholz,Heike WP 2008/03/27 AB Die Einführung des digitalen Fernsehens in Europa ist im In- und Ausland Thema zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen der letzten Jahre. Die deutsch- und englischsprachigen Arbeiten stellen - neben der Analyse der Entwicklungen im eigenen Land - zum Teil auch vergleichende Betrachtungen auf europäischer Ebene an. Die nordischen Länder stehen dabei jedoch, werden sie überhaupt mit einbezogen, nicht im Zentrum des Interesses. Dabei zeigt insbesondere der Blick auf die Digitalisierung des schwedischen Fernsehens vor dem Hintergrund der Public Service-Tradition im größten und bevölkerungsreichsten nordischen Land medienpolitisch interessante Folgen der Technikumstellung auf. Schweden war viele Jahrzehnte lang ein Beispiel für die Umsetzung des Public Service-Konzeptes im Rundfunk. Der strukturelle Wandel vom staatlich kontrollierte Monopol zum dualen Rundfunksystem setzte in Schweden vergleichsweise spät ein. Die Einführung des digitalen Fernsehens seit den späten 1990er Jahren bedeutet einen Einschnitt ins System und war insbesondere in den Jahren 2002 bis 2004 mit heftigen politischen Kontroversen verbunden. In der vorliegenden Arbeit wird die Vorgehensweise der sozialdemokratischen Regierung bei der landesweiten Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens untersucht. Untersuchungszeitraum sind die Jahre 1995 bis 2006, also vom Beginn der Regierungsaktivitäten bis zum Regierungswechsel im Herbst 2006. Die zentrale Frage ist die nach den Folgen der Regierungsstrategie für die Rolle des Public Service-Fernsehens innerhalb der veränderten Rahmenbedingungen. Aufgrund der Literaturlage stützt sich die Untersuchung vorwiegend auf schwedischsprachige Originalquellen und Sekundärliteratur. Die Arbeit gibt zunächst einen Überblick über die schwedische Fernsehlandschaft sowie den traditionellen Einfluss der Volksbildungsarbeit auf den Rundfunk. Vor diesem Hintergrund wird anhand der konkreten Umsetzung im nationalen Fernsehen das schwedische Verständnis von Public Service untersucht. Danach werden die einzelnen Etappen der Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens in Schweden beschrieben. Aufbauend darauf, wird die medienpolitische Strategie der Regierung daraufhin analysiert, welchen Beitrag sie dazu geleistet hat, politisch wichtige Traditionen wie den Gemeinwohlanspruch im schwedischen Fernsehen beim Übergang in die digitale Ära beizubehalten. Dies geschieht anhand der aus Gemeinwohl-Perspektive wichtigsten Bereiche, in denen die ursprünglich formulierten Ziele der tatsächlichen Situation im fortgeschrittenen Digitalisierungsprozess gegenübergestellt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass im Zentrum der medienpolitischen Strategie der Regierung zwei Ziele standen: Zunächst sollte das Public Service-Fernsehen auf dem durch wachsenden Konkurrenzdruck geprägten digitalen Fernsehmarkt dahingehend gestärkt werden, dass weiterhin ein durch kulturelle Souveränität geprägtes Alternativprogramm zu den Satellitensendern garantiert wäre. Zudem sollte die neue Technologie zu einer besseren Erfüllung des Public Service-Auftrages genutzt werden. Um diese Ziele zu erreichen, forcierte der Staat bei der Einführung des digitalen Fernsehens den Ausbau der terrestrischen Distributionsform. Im Bereich der nationalen Regulierung des digitalen Fernsehens kann die Regierungsstrategie zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht als erfolgreich bewertet werden: Die Kontrolle über die ausländischen Satellitensender konnte nicht wiedererlangt werden und an für das terrestrische Netz lizenzierte kommerzielle Fernsehveranstalter mussten Zugeständnisse im Bereich der Werberichtlinien gemacht werden. Die Frage, ob das andere große Ziel, die Stärkung von Public Service und die Schaffung eines alternativen Programmangebotes, erreicht wurde, ist nicht so eindeutig zu beantworten. Einerseits wird das digitale terrestrische Netz zum Zeitpunkt der Untersuchung zum großen Teil von englischsprachigen Pay-TV-Kanälen dominiert, zu denen der Staat ursprünglich ein Alternativangebot schaffen wollte. Die allgemeine Zugänglichkeit der Programme ist damit nicht gegeben. Positiv hervorzuheben ist andererseits die Nutzung der Möglichkeiten der digitalen Technologie für Sparten-, Regional- und Minderheitenprogramme im Public Service-Bereich. Diese Programme werden aber von der Bevölkerung nur zögernd angenommen. Insgesamt zeigt die vorliegende Untersuchung, dass die sozialdemokratische Regierung bei der Einführung des digitalen Fernsehens in der Zeit von 1995 bis 2006 die neue Technologie nicht in dem von ihr ursprünglich angestrebten Maße dazu nutzen konnte, das Public Service-Fernsehen in seinen Funktionen zu stärken. Mit Blick auf den politischen und gesellschaftlichen Grundkonsens über den Wert des Public Service-Rundfunks darf jedoch vermutet werden, dass dessen Existenz auch nach Abschluss des Digitalisierungsprozesses nicht grundsätzlich gefährdet sein wird. K1 Regionalfernsehen K1 Privates Fernsehen K1 Fernsehprogramm K1 Öffentlich-rechtliches Fernsehen K1 Medium Fernsehen K1 Interaktives Fernsehen PP Hohenheim PB Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim UL http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2008/262