TY - THES T1 - Bedeutung der Stickstoffumsetzung und externer Stickstoffquellen für die Entwicklung von FFH-Mähwiesen in Baden-Württemberg A1 - Kukowski,Sina Louise Y1 - 2023/11/21 N2 - Der Zustand der artenreichen und schützenswerten mageren Flachland-Mähwiesen (Lebensraumtyp 6510) in Deutschland verschlechtert sich zunehmend. Eine Ursache für die Verschlechterung stellt u. a. das Angebot von reaktivem Stickstoff (N) dar. Um der fortschreitenden Verschlechterung entgegenzuwirken, ist es notwendig, die Beziehungen zwischen externen N-Eintragen (über die Atmosphäre und Düngung), interner N-Umsetzung im Boden, Pflanzenaufnahme und -wachstum sowie mögliche Zusammenhänge mit dem Erhaltungsgrad dieses Lebensraumtyps zu verstehen. Übergeordnetes Ziel dieser Dissertation ist es daher, zu einem besseren Prozessverständnis des N-Kreislaufs von FFH (Fauna-Flora-Habitat)-Mähwiesen beizutragen. Der interdisziplinäre Aufbau dieser Arbeit beinhaltet verschiedene Ansätze zur Untersuchung der N-Problematik. Bezüglich des N-Eintrags über den luftbürtigen Pfad wurde der Fokus v. a. auf bis dato kaum untersuchte Zusammenhänge zwischen Ammoniak (NH3)-Konzentration und N-empfindlichen Artengruppen auf FFH-Mähwiesen gelegt. Diese wurden anhand Generalisierter Linearer Modelle (GLM) auf Basis landesweit verfügbarer Daten analysiert. Darüber hinaus wurden weitere Standortfaktoren mit maßgeblichem Einfluss auf den Erhaltungsgrad von FFH-Mähwiesen mittels GLM identifiziert. Zur Quantifizierung bodenbürtiger N-Umsetzungsprozesse und zur Erfassung der N-Dynamik wurde ein empirischer Ansatz gewählt, der die Bestimmung von Brutto-N-Umsatzraten mit der 15N-Isotopenverdünnungsmethode im Feldversuch beinhaltet. Hierfür wurde 2016 und 2017 ein intensives Monitoring der Brutto- und Netto-N-Flüsse (Mineralisierung, Nitrifizierung, Ammonium- und Nitrat-Verbrauch) in Böden aus unterschiedlichem Ausgangssubstrat und mit unterschiedlichem Erhaltungsgrad der FFH-Mähwiesen durchgeführt. Die Zusammenführung der Ergebnisse erfolgte mit Hilfe eines prozessbasierten Agrarökosystemmodells (EXPERT-N), das für den LRT 6510 an die erhobenen Daten angepasst wurde. Das angepasste Modell wurde auf landesweit verteilte Standorte des LRT 6510 in Baden-Württemberg übertragen, die der Untersuchung räumlicher und zeitlicher Muster der relevanten N-Flüsse über einen längeren Zeitraum (1996 bis 2012) dienten und ebenfalls boden- und vegetationskundlich charakterisiert worden waren. Die landesweiten Daten zeigen eine statistisch signifikante Abnahme von LRT-typischen Magerkeitszeigern und eine Zunahme von N-Zeigern mit zunehmender atmosphärischer NH3-Konzentration. Ob es sich dabei um eine Auswirkung der atmosphärischen NH3-Konzentration handelt oder nicht vielmehr agrarstrukturelle Unterschiede die entscheidende Rolle spielen, konnte mit den verfügbaren Daten nicht geklärt werden. Das intensive Monitoring auf FFH-Mähwiesen zeigt, dass sich die Brutto-Nitrifikationsraten in Böden aus kalkreichem Ausgangssubstrat (hoher pH) signifikant von denen in Böden aus entkalktem Substrat (niedriger pH-Wert) unterscheiden. Sowohl die Brutto-Mineralisation als auch die Brutto-Nitrifikation waren an allen Standorten durch eine hohe zeitliche Variabilität gekennzeichnet, die nicht durch die Messung der Bodentemperatur und des Bodenwassergehalts erklärt werden konnte. Die Bestimmung der Netto-N-Umsatzraten zeigte nahezu keine Variabilität und konnte nicht für Rückschlüsse auf die Brutto-Umsatzraten im Boden herangezogen werden. Das für den LRT 6510 angepasste N-Umsatzmodell war in der Lage, räumliche und zeitliche Muster auch über längere Zeiträume abzubilden. Die Simulationen zeigten eine hohe räumliche und zeitliche Variabilität für die meisten Größen des N-Kreislaufs. Die Mineralisation von organischem N im Boden hat einen entscheidenden Einfluss auf den Anteil an pflanzenverfügbarem N und damit auch unmittelbare Auswirkungen auf den Ertrag und den N-Entzug. Auf stark tonigen Boden und Standorten mit hohem Anteil organischer Substanz zeigte sich eine Überschätzung der Mineralisation durch das Modell. Externe N-Eintrage, etwa eine moderate organische Düngung oder atmosphärische N-Deposition, waren weniger ausschlaggebend für den Ertrag. Ein zusätzlicher N-Eintrag ist kurzfristig immer ein treibender Faktor für den N-Umsatz im Boden. Bei bereits hohem Umsatzniveau steigen die N-Umsätze weiter an und damit steigt auch die Gefahr von Nährstoffungleichgewichten. Langfristig ist für den N-Haushalt der FFH-Mähwiesen entscheidend, ob die N-Zufuhr über der Abfuhr liegt, ob die mineralisierbaren organischen N-Pools damit erhöht werden oder ob ein Ausgleich zwischen Zufuhr und Abfuhr erreicht werden kann. Bei hohen bodeninternen N-Umsätzen, wie es auf einem Großteil der simulierten Flächen der Fall war, sollte eine längere Aushagerungsphase vorgeschaltet werden. Die Dissertation liefert einen Einblick in die Komplexität des N-Kreislaufs von FFH-Mähwiesen. Sie trägt mit unterschiedlichen Ansätzen (statistische Analysen, Feldversuche, Prozessmodellierung) dazu bei, die Rolle der N-Umsetzung und externer N-Quellen für die Entwicklung dieser Ökosysteme besser zu verstehen. KW - Stickstoff KW - Grünland KW - Baden-Württemberg KW - Modellierung KW - Agrarökosystem Modell CY - Hohenheim PB - Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim AD - Garbenstr. 15, 70593 Stuttgart UR - http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2023/2236 ER -