RT Dissertation/Thesis T1 Zierpflanzen als Nahrungsquelle und Bewertung der Blütenmerkmale für die Attraktivität der Bestäuberinsekten im urbanen Raum A1 Marquardt,Melanie WP 2022/06/03 AB Aktuell ist weltweit eine zunehmende Ausdehnung der städtischen Gebiete zu beobachten, was ein Verlust von natürlichen Lebensräumen bedeutet. Soll die derzeitige Biodiversität jedoch erhalten bleiben, müssen vermehrt Anstrengungen unternommen werden, um heimischer Flora und Fauna auch im urbanen Gebiet Ersatzlebensräume bieten zu können. Hinsichtlich der Artenvielfalt und der Bewertung des Lebensraums „Stadt“ kommen wissenschaftliche Studien zu stark unterschiedlichen Ergebnissen, wenngleich sie jedoch alle betonen, dass urbane Grünflächen einen wertvollen Beitrag zur Förderung eines städtischen Artenreichtums leisten können. Während vielfach darauf hingewiesen wird, dass ausreichende und geeignete Nahrungsressourcen für die Bestäuberinsekten bereitgestellt werden müssen, wurde in den seltensten Fällen untersucht, ob Zierpflanzen von den urbanen Bestäubern überhaupt als Nahrungsquelle genutzt werden. Dies war für lange Zeit umstritten, wird aber inzwischen zunehmend durch Publikationen belegt, wobei die ökologische Bedeutung der Zierpflanzen nach wie vor kontrovers diskutiert wird. So gibt es offenbar große Attraktivitätsunterschiede innerhalb der Zierpflanzen und darüber hinaus können wohl nicht alle Bestäubergruppen gleichermaßen von den zumeist exotischen Zierpflanzen als Nahrungsressource profitieren. Da zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu jeder Zierpflanze wissenschaftlich erhobene Daten vorliegen, war es zunächst ein Ziel dieser Arbeit, belastbare Daten hinsichtlich der Bestäuberfreundlichkeit bestimmter Zierpflanzen, insbesondere solche mit einem hohen Markanteil, zu gewinnen. Für solche Versuche sollten darüber hinaus entsprechende Erfassungsmethoden beurteilt und weiterentwickelt werden. Ein weiterer und bisher kaum untersuchter Schwerpunkt der Arbeit war die Frage, welche Faktoren sich in welcher Form auf die Zusammensetzung und Abundanz der urbanen Bestäuber auswirken. Um diese Fragestellungen bearbeiten zu können, wurden in den Jahren 2017 – 2019 in Freiland- und Semifreilandversuchen Zählungen, Beobachtungen sowie Kescherfänge zur Bestäuberattraktivität bestimmter Zierpflanzen durchgeführt. Im ersten Versuchsansatz wurde an 13 verschiedenen Standorten im Stadtgebiet Stuttgart jeweils ein Hochbeet aufgestellt, welches mit einer identischen Auswahl an Zierpflanzen bepflanzt wurde. In den Jahren 2017 und 2018 wurden alle Standorte während der Sommermonate wöchentlich besucht und die Hochbeete 20 Minuten lang beobachtet. In dieser Zeit wurde die Anzahl der Bestäuberinsekten sowie deren Zugehörigkeit zu bestimmten Insektengruppen erfasst. Es konnten im Rahmen dieser Erfassungen insgesamt 10.565 pollen- und/oder nektarsammelnde Blütenbesucher gezählt werden. Dies bestätigt zunächst einmal, dass unsere Auswahl an Zierpflanzen von Bestäuberinsekten als Nahrungsquelle genutzt wurde. Die Attraktivität der getesteten Zierpflanzen unterschied sich jedoch in erheblichem Maße innerhalb der Pflanzenarten und reichte von durchschnittlich 1,2 Blütenbesuche pro 20 Minuten bei Bracteantha bracteata (Garten-Strohblume) bis zu 5,3 Besuche bei Bidens (Goldmarie). Die Attraktivität variierte jedoch auch – und dies teilweise in stärkerem Maße – zwischen den Sorten einer Art. Statistische Modelle zeigten darüber hinaus signifikante Einflüsse von Untersuchungsjahr und Standort. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Testung aller Zierpflanzen hinsichtlich der Bestäuberfreundlichkeit, wofür die hier beschriebenen Methoden sich als gut geeignet erwiesen haben. Bemerkenswert ist, dass sich nicht nur die Abundanz, sondern auch die Zusammensetzung der Bestäuber signifikant zwischen getesteten Zierpflanzen unterschied (Publikation I). Bei ihrer Nahrungssuche und zur Entscheidungsfindung, ob sich eine Ressource als Nahrungsquelle eignet, ziehen Bestäuberinsekten die charakteristischen und oftmals gattungs-, art- oder gar sortenspezifischen Merkmale der Blüten heran. Während diese bei vielen heimischen Blühpflanzen gut untersucht sind, ist sehr wenig über die Rolle der Blütenmerkmale wie Farbe, morphologische Ausprägungen oder Blütenduft bei den Zierpflanzen bekannt. Da die einzigen diesbezüglichen Untersuchungen bei Astern keine klaren Ergebnisse erbrachten, wurden in dieser Arbeit erstmals anhand der Beispielkultur Calibrachoa und dem Modellbestäuber Bombus terrestris untersucht, welche Blütenmerkmale mit der Attraktivität für Bestäuber korreliert sind. Wie im oben angeführten Stadtversuch zeigte sich, dass die Attraktivität zwischen den getesteten Calibrachoa Sorten stark variierte. Während der Blütenduft die beobachteten Attraktivitätsunterschiede nur in geringem Maße erklären konnte, hatte die Blütenfarbe einen signifikanten Einfluss auf die Attraktivität bei B. terrestris. Für die Frage, ob und welche spezifische Blütenmerkmale bei Calibrachoa und anderen Zierpflanzen die Attraktivität für Bestäuberinsekten beeinflussen, sind aber weitere Untersuchungen notwendig (Publikation II). K1 Zierpflanzen, Bestäuber, Nahrungsquelle K1 Attraktivität PP Hohenheim PB Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim UL http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2022/2032