TY - THES T1 - Bedarfsgerechte Stickstoffernährung von Hopfen (Humulus lupulus L.) durch Düngesysteme mit Fertigation A1 - Stampfl,Johannes Y1 - 2021/06/07 N2 - Stickstoff stellt bei Hopfen (Humulus lupulus L.) den mengenmäßig wichtigsten und am stärksten ertragslimitierenden Pflanzennährstoff dar, wobei überschüssiger nicht von der Hopfenpflanze aufgenommener Stickstoff unterschiedlichen Verlustprozessen unterliegt. Trotzdem ist für die aktuell in der Hallertau, dem weltweit bedeutendsten Hopfenanbaugebiet, kultivierten Hopfensorten und genutzten Anbausysteme nur wenig über die exakten Auswirkungen eines in Zeit und Höhe variierten N-Angebots bekannt. Die auszubringende Menge an Stickstoff wird in der Hallertau zum Großteil durch oberflächiges Streuen granulierter N-Düngemittel zugeführt, wohingegen in semiariden Anbauregionen der Welt hohe Anteile über das Bewässerungswasser (Fertigation) appliziert werden. Ziel dieser Arbeit war es N-Düngesysteme mit Fertigation unter den Bedingungen in der Hallertau im Hinblick auf eine bedarfsgerechtere Stickstoffernährung der Hopfenpflanze zu untersuchen. Hierzu wurden vier Forschungsfragen mit jeweils verschiedenen Teilaspekten formuliert, die nachfolgend erläutert werden. Die experimentelle Prüfung und Gewinnung empirischer Daten erfolgte im Zeitraum von 2017 bis 2019 in unterschiedlich konzeptionierten Feldversuchen in drei Versuchsserien auf verschiedenen Standorten mit den wichtigsten Hopfensorten. Dabei wurde sowohl der Zeitpunkt und die Höhe der N-Düngung variiert, als auch die Düngerapplikationsform (Oberflächige Applikation granulierter Dünger und ober- bzw. unterirdische Fertigation). Neben der Ermittlung von Ertrag, Qualität und N-Aufnahme zum Zeitpunkt der Ernte, wurden in einzelnen Feldversuchen weiterführende Untersuchungsmethoden wie die 15N-Tracer-Technik, Chlorophyllwertmessungen (SPAD-Meter) oder passive Reflexionsmessungen eingesetzt, um die N-Aufnahme und N-Verteilung in unterschiedliche Pflanzenorgane zu charakterisieren. a) Wie wirkt sich ein in Zeit und Höhe variiertes N-Angebot aus? Es wurde ermittelt, dass eine Hopfenpflanze mehr als zwei Drittel des gesamten Stickstoffs in einem 7- bis 8-wöchigen Zeitraum zwischen Anfang Juni und Ende Juli, während der Phase der Hauptbiomassebildung, aufnimmt. Obwohl vor dieser Phase relativ geringe Mengen an Stickstoff in der Pflanze akkumuliert werden, zeigte sich bei den Aromasorten Perle und Tradition, dass eine N-Unterversorgung in frühen Wachstumsphasen bis Ende Mai bereits zu einer Verringerung des Ertragspotenzials führt. Ursächlich hierfür war eine Veränderung des Habitus der Pflanzen, denn je später eine definierte Menge an Stickstoff ausgebracht wurde, desto stärker reduzierte sich die Ausbildung der Seitentriebe von unten beginnend bis in höhere Pflanzenabschnitte. Eine ausschließliche Ausrichtung des Zeitpunkts der N-Applikation an der N-Aufnahmekurve der Hopfenpflanze ist somit weder im Hinblick auf die Ertragsbildung noch die Stickstoffverwertung als sinnvoll anzusehen. Stattdessen ist bei frühreiferen Sorten wie Perle und Tradition die frühzeitige Applikation einer ersten N-Gabe bereits im April von entscheidender Bedeutung. Spätreifere Sorten wie Herkules weisen durch die verlängerte Wachstumsphase hingegen ein höheres Kompensationspotenzial auf, wodurch eine stärkere Anpassung der N-Düngung an die N-Aufnahmekurve möglich ist. Die ertragsoptimale Höhe der N-Düngung wurde vom sorten-, witterungs- und standortabhängigen Wachstumsverlauf und damit der N-Aufnahme des Pflanzenbestands sowie dem Vorrat an mineralischem Stickstoff im Boden und dem standortspezifischen N-Nachlieferungspotenzial bestimmt. Erfolgte eine Reduktion der N-Düngung auf ein Niveau deutlich unter dem N-Entzug der Pflanze, führte dies im selben Anbaujahr nicht zwingend zu einer Einschränkung der Biomasse- und Ertragsbildung, jedoch zu einer beschleunigten Reife und einer Verschlechterung der äußeren Doldenqualität. Darüber hinaus zeigte sich bei einem stark reduzierten N-Düngeniveau, dass die N-Einlagerung in die Speicherwurzeln abnimmt, wodurch die Pflanzen im Frühjahr des Folgejahres eine geringere Vitalität aufwiesen und die Entwicklung wie auch Ertragsbildung limitiert waren. Hinsichtlich der perennierenden Eigenschaften einer Hopfenpflanze und dem Ziel einer möglichst bedarfsgerechten Stickstoffernährung des Hopfens besteht somit die Notwendigkeit auch die Speicherwurzeln ausreichend mit Stickstoff zu ernähren. Im Hinblick auf den wertgebenden Inhaltsstoff Alphasäure wurde ermittelt, dass ein hohes N-Versorgungsniveau während der Phase der Alphasäuresynthese (ab Anfang August) bei der Sorte Herkules zu einer Reduktion des Alphasäuregehalts führen kann. Dazu führen kann sowohl eine späte und übermäßige N-Düngung, als auch ein hoher Vorrat an mineralischem Stickstoff im Boden und ein erhöhtes N-Nachlieferungspotenzial. Bei den untersuchten Aromasorten Perle und Tradition wurde dieser Effekt hingegen nicht beobachtet. b) Kann der aktuelle N-Ernährungszustandes nicht-invasiv erfasst werden? Die Messung des Chlorophyllwertes mit einem SPAD-Meter an den unteren Blättern des Haupttriebs bildete den N-Gehalt und N-Versorgungszustand der Hopfenpflanze grundsätzlich ab. Kurzfristige Änderungen des N-Ernährungszustandes konnten jedoch, vor allem während der Phase der Hauptbiomassebildung, an diesem Messpunkt nicht hinreichend genau erfasst werden, da erhöhte Anteile des ausgebrachten Stickstoffs in höher liegende Pflanzenabschnitte transportiert wurden, wie sich im Rahmen des 15N-Einsatzes zeigte. Hinsichtlich der Festlegung von Schwellenwerten wird unabhängig vom Messpunkt eine Unterteilung der Pflanzenentwicklung in vor, während und nach der Hauptbiomassebildung als sinnvoll erachtet, da eine Abhängigkeit des Chlorophyllwertes vom Entwicklungszustand der Pflanze besteht. Vegetationsindices, berechnet auf Basis von Reflexionsspektren, bilden neben dem N-Gehalt auch die tatsächliche N-Aufnahme des Pflanzenbestands ab, weshalb passive Reflexionsmessungen im Vergleich zu Chlorophyllwertmessungen eine höhere Aussagekraft hinsichtlich des aktuellen N-Versorgungszustandes der Pflanze haben. Diese Technologie könnte deshalb zukünftig genutzt werden, um eine standortspezifische Optimierung von Höhe und Zeitpunkt der N-Düngung und dadurch eine bedarfsgerechtere Stickstoffernährung der Hopfenpflanze zu erreichen. c) Welche Effekte hat eine ober- bzw. einer unterirdischer Tropfbewässerung? Im Untersuchungszeitraum von 2017 bis 2019 führte die zusätzliche Bewässerung der Aromasorte Perle auf einem sandigen Boden in jedem Anbaujahr zu einer Stabilisierung der agronomischen Kennzahlen Doldenertrag und Alphasäuregehalt. Darüber hinaus wurde durch Bewässerung auch die Stickstoffverwertung verbessert. Bei einer aufgrund hydraulischer Bodeneigenschaften limitierten horizontalen Verteilung des ausgebrachten Wassers erreichte die oberirdische Tropfbewässerung eine höhere Effizienz als die unterirdische. Ursächlich hierfür ist, dass sich das Feinwurzelwerk einer Hopfenpflanze zu hohen Anteilen im aufgeschütteten Bifang und in den darunter liegenden Bodenschichten befindet. d) Welche Auswirkungen hat eine Stickstoffernährung über das Bewässerungswasser? Es wurde ein Systemvergleich zwischen N-Düngesystemen mit Fertigation und ausschließlicher N-Applikation in granulierter Form angestellt. Dabei führte die Nutzung von Fertigation nicht nur zu einer Verbesserung des Doldenertrags und Alphasäuregehalts, sondern auch zu einer Steigerung des Stickstoffentzugs und Reduktion des Nmin-Gehalts im Boden, wodurch auch eine Verringerung des Risikos einer Nitrat-Auswaschung ins Grundwasser einhergeht. Düngesysteme mit Fertigation erreichten vor allem bei einem niedrigen N-Düngeniveau eine höhere Stickstoffverwertung. Bei Applikation von zwei Drittel der gesamten N-Menge über das Bewässerungswasser erwies sich unter Bedingungen eines limitierten N-Angebots die Konzentration des über Fertigation auszubringenden N-Anteils auf einen 6-wöchigen Zeitraum sortenunabhängig als positiv, da ein höherer N-Anteil während der Hauptbiomassebildung und der Phase des Seitentriebwachstums appliziert wurde. Für eine effiziente Düngung mit Fertigation sollte die Applikation zwischen Mitte Juni und Ende Juli stattfinden und ab Anfang August keine wesentlichen Mengen an Stickstoff mehr ausgebracht werden. Bei frühreiferen Sorten wie Perle und Tradition besteht die Gefahr einer nicht rechtzeitigen N-Applikation, da eine Verlegung des Tropfschlauches vor KW25 kaum zu realisieren ist. Deshalb sollte bei diesen Sorten ein höherer N-Anteil in früheren Wachstumsphasen ausgebracht werden und die über Fertigation ausgebrachte N-Menge kleiner zwei Drittel der Gesamt-N-Düngermenge sein. Als wesentlicher Vorteil von Düngesystemen mit Fertigation konnte belegt werden, dass über das Bewässerungswasser ausgebrachter Stickstoff von den Pflanzen unmittelbar aufgenommen wird, wodurch kurzfristig und effektiv in die Stickstoffernährung der Hopfenpflanze eingegriffen werden kann. Auf Basis einer zuverlässigen Erfassung des aktuellen N-Versorgungszustands während der Hauptwachstumsphase könnte durch Fertigation eine Korrektur der N-Düngung erfolgen und somit eine standortangepasste bedarfsgerechte Stickstoffernährung des Hopfens erreicht werden. KW - Stickstoff KW - Pflanzenernährung KW - Düngung KW - Bewässerung CY - Hohenheim PB - Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim AD - Garbenstr. 15, 70593 Stuttgart UR - http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2021/1889 ER -