RT Dissertation/Thesis T1 Gesamtbetriebliche Nachhaltigkeitsanalyse von Grünlandsystemen in der Milchviehhaltung in benachteiligten Regionen Südwestdeutschlands A1 Dentler,Juliane WP 2020/11/03 AB Global und regional steht die Landwirtschaft vor großen Herausforderungen. Die Reduktion von Treibhausgas- und Ammoniakemissionen, die Senkung von Nährstoffausträgen, gravierende Biodiversitätsverluste und die Ernährungssicherung erfordern dringenden Handlungs-bedarf, um nachhaltige Strukturen für die Produktion landwirtschaftlicher Produkte im All-gemeinen und tierischer Produkte im Speziellen aufzudecken und Lösungsstrategien für eine effiziente Ressourcennutzung zu entwickeln. Zentrales Element einer nachhaltigen Entwicklung ist dabei die gleichgerichtete Berücksichtigung der drei Säulen der Nachhaltigkeit Ökologie, Ökonomie und Soziales. Vor diesem Hintergrund wurde das Forschungsvorhaben Ge-samtbetriebliche Nachhaltigkeitsanalyse von Grünlandsystemen in der Milchviehhaltung in benachteiligten Regionen Südwestdeutschlands konzipiert. Ziel des Forschungsvorhabens war ein Systemvergleich auf Betriebsebene, der neben den öko-logischen Potentialen auch die ökonomischen und sozialen Faktoren abbildet, um das Verständnis über die Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Betriebssysteme zu verbessern und damit zu einer optimierten Nutzung regionaler Ressourcen beizutragen. Dazu wurden grünlandbasierte, kraftfutterreduzierte Systeme der Milcherzeugung in benachteiligten Regionen und erfolgreiche Milchsysteme der ganzjährigen Stallhaltung mit hohen Einzeltierleistungen in Gunstlagen Südwestdeutschlands verglichen. Zudem wurde auch das Potential der Nutzung der regionalen Doppelnutzungsrasse Vorderwälder für grünlandbasierte, kraftfutterreduzierte Milchsysteme überprüft. In der vorliegenden Arbeit stellten die wirtschaftlich erfolgreichsten Betriebe der grünlandbasierten Stichprobe im kalkulatorischen Betriebszweigergebnis, im Vergleich zu den konventionellen Stallhaltungsbetrieben, eine hohe Wirtschaftlichkeit unter Beweis. Dennoch wurde deutlich, dass eine ökonomisch nachhaltige Milchproduktion nicht an allen Standorten gegeben ist. Grundsätzlich können biologisch wirtschaftende Milchviehbetriebe in Grünlandregionen von hohen Ökomilchpreisen und Förderungen aus Agrarumweltmaßnahmen, verbunden mit einem hohen Einsatz von Weidegras und geringen Fremdkosten (Kraftfutter, Fremdarbeitskräfte), ökonomisch profitieren. Dies zeigte sich auch im Hinblick auf die sozialen Parameter, insbesondere in den Bereichen Stress, Freizeit und Wertschätzung der Bevölkerung und durch Berufskollegen konnte eine hohe soziale Nachhaltigkeit aufgezeigt werden. Im Hinblick auf die Effizienzparameter schnitten die Betriebe der grünlandbasierten Stichpro-be vor allem hinsichtlich der netto Lebensmittelproduktionseffizienz, mit durchschnittlich 295 % bezogen auf die Bruttoenergie, und der Nährstoffeffizienz, mit einer um 10 % höheren Nutzungseffizienz von Stickstoff und einer um 55 % höheren Nutzungseffizienz von Phosphor, deutlich besser ab als die intensiven Stallhaltungsbetriebe. Letztere waren durch einen Stickstoffüberschuss von durchschnittlich 150 kg pro ha gekennzeichnet. Durch die Berücksichtigung der CO2-Speicherung in Verbindung mit der Integration von Ökosystemdienstleistungen in die Allokation der Emissionen konnte für die grünlandbasierte Milchproduktion in benachteiligten Regionen Südwestdeutschlands außerdem ein geringerer CO2-Fußabdruck aufgezeigt werden. Zudem konnte gezeigt werden, dass ein gleiches Fütterungssystem nicht gleichermaßen vorteilhaft für alle Rassen angewendet werden kann und das Vorderwälder-Rind im Vergleich zum Holstein-Rind besser an ein System mit Vollweide, geringem Kraftfuttereinsatz und saisonaler Abkalbung angepasst ist. Komplexe landwirtschaftliche Prozesse führen letztendlich dazu, dass in Abhängigkeit der Produktionsverfahren und des Konsums nahezu identische Produkte stark unterschiedliche Effekte auf Umwelt, Klima, Einkommen, soziale Aspekte und Gesundheit haben. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass eine Milcherzeugung mit hohen Anteilen Dauergrünland, einer angepassten Genetik und einer sehr geringen Abhängigkeit von externen Produktionsfaktoren wie energie- und eiweißreichen Futtermitteln sowie chemisch-synthetischen Dünge und Pflanzenschutzmitteln, wesentliche Vorteile gegenüber der Milcherzeugung in intensiven Systemen hat und als ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig angesehen werden kann. Eine konsequente Umsetzung dieser Strategie hin zu Systemen, in denen kleinere, robustere Tiere einer Doppelnutzungsrasse nahezu ausschließlich auf Basis ihrer natürlichen Futtergrundlage mit einer hohen Effizienz pro Hektar Milch und Fleisch erzeugen, könnte daher ein Weg zu einer gesamtgesellschaftlich nachhaltigeren Milcherzeugung, Nutztierhaltung und Landwirtschaft im Allgemeinen darstellen. Vor allem der ökologische Landbau wird in diesem Zusammenhang als besonders ressourcen-schonend und umweltverträglich angesehen und als ein Konzept diskutiert, das die Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft verbessern soll. Für eine nachhaltige Entwicklung und Entschärfung von Zielkonflikten muss man allerdings eine Gesamtperspektive einnehmen, einzelne Aspekte der Produktion zu betrachten, reicht nicht aus. Neben Veränderungen in der Landwirtschaft sind daher auch tiefgreifende Veränderungen im Konsumverhalten und der Verschwendung von Lebensmitteln notwendig. Dies erfordert große Anstrengungen seitens der Politik, Landwirtschaft und Gesellschaft. K1 Milchvieh K1 Nachhaltigkeit K1 Grünland PP Hohenheim PB Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim UL http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2020/1806