TY - THES T1 - Agronomic strategies to reduce potential precursors of acrylamide formation in cereals A1 - Stockmann,Falko Y1 - 2020/03/31 N2 - Paracelsus postulierte „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, daß ein Ding kein Gift ist”. Dies ist für Acrylamid (AA) in Frage zu stellen, da es hier keine Dosis gibt, unter der eine Gesundheitsgefährdung auszuschließen ist. Daher sollte AA in Nahrungsmitteln (NM) so niedrig wie möglich sein. Das AA in NM vorkommt, wurde erstmals im Jahr 2002 bewiesen. Am stärksten betroffen sind erhitzte, stärkereiche NM auf Getreide- oder Kartoffelbasis. Es reagieren reduzierende Zucker und die Aminosäure Asparagin (Asn) innerhalb der Maillard Reaktion und bilden AA. Bei der NM Produktion gibt es viele Eingriffsmöglichkeiten, AA zu senken (u.a. Höhe & Dauer der Hitzeeinwirkung, Austausch von Backtriebmitteln, Verlängerung der Teigstandzeit, Einsatz von Zusatzstoffen & Enzymen). Solche Maßnahmen sind aber teilweise begrenzt, da unerwünschte Auswirkungen auf die Qualität der NM auftreten können oder sie sind schlicht zu teuer zur Umsetzung im Großindustriellen Maßstab. Außerdem schwanken die AA-Gehalte in NM seit 2011 jahresbedingt. Dies zeigt, dass vor allem der Rohstoff (z. B. Mehl) die AA Gehalte beeinflusst. Somit wäre ein wichtiger Schritt, schon vor der NM Herstellung, auf dem Feld, Rohstoffe zu produzieren, die geringe Gehalte an AA-Vorstufen aufweisen. Die Hauptvorstufe von AA ist bei Getreide das freie Asn. Die Reduktion der Aminosäure erfordert jedoch geeignete ackerbauliche Anbaumaßnahmen, um Getreide mit wenig Asn zu produzieren. Somit war das Hauptziel der Arbeit den Einfluss folgender Maßnahmen auf den Gehalt an freiem Asn bei Getreide zu untersuchen. 1. Welche Rolle spielt das Produktionssystem (ökologisch vs. konventionell)? 2. Welche Stickstoff Düngestrategie ist beim Getreideanbau zu wählen, im Vergleich der Produktionssysteme? 3. Welchen Einfluss hat die Schwefeldüngung, bzgl. der Schwefelmenge und der Art des Düngers? 4. Können weitere Reihenabstände und eine reduzierte Saatmenge in „Low Input“ Systemen die Backqualität von Mehlen verbessern ohne den Asn-Gehalt zu erhöhen? 5. Welche Rolle spielen Getreidearten und Sorten inkl. der Urgetreide Einkorn & Emmer im ökologischen Landbau? 6. Sollte Asn als Züchtungsziel eingeführt werden, wenn eine hohe genetische Fixierung vorliegt, also der Asn-Gehalt stark sortengebunden ist? 7. Hat der Erntezeitpunkt einen signifikanten Einfluss? Ergebnisse von Feldversuchen: • Das Produktionssystem hatte einen signifikanten Einfluss auf den Asn-Gehalt. Im Mittel über die Getreidearten lag der Asn-Gehalt bei den ökologisch erzeugten Proben 26 % niedriger vgl. zu den Konventionellen. Bei Weizen war im ökologischen Sortiment bis zu 50 % weniger Asn. Bei Dinkel und Roggen war der Effekt mit max. 33 % geringer und nur in einzelnen Jahren gegeben. • Die Stickstoffdüngung wirkte sich signifikant auf den Kornertrag und die Backqualität in beiden Produktionssystemen aus. Im Gegensatz dazu zeigten sich bis zu einer Stickstoffdüngung von 180 kg N ha-1 keine signifikanten Unterschiede im Asn-Gehalt zur ungedüngten Variante. Die Weizensorte hatte einen signifikanten Einfluss. Die Sorte Capo zeigte die geringsten Asn-Gehalte bei 180 kg N ha-1 jedoch hohe Rohproteingehalte von > 15 % (konventionell) und > 12 % (ökologisch). Somit scheint die Reduzierung von Asn über die Stickstoffdüngung nicht auf Kosten der Backqualität zu gehen. Die Schwefeldüngung hatte, unabhängig von Menge und Düngerform, keinen signifikanten Effekt auf den Asn-Gehalt. • Weite Reihenabstände können bei Winterweizen die Backqualität unter ökologischen Anbaubedingungen positiv beeinflussen. Die Saatdichte war signifikant verknüpft mit höheren Kornerträgen und Hektolitergewichten. Der Effekt beider Maßnahmen auf den Asn-Gehalt war gering. Der Asn-Gehalt scheint mit der Anzahl der Getreidekörner pro Ähre zusammenzuhängen (R2=0.72). Das eröffnet neue Einblicke in die Asn-Synthese, während der Kornreifung und ermöglicht eine einfache Vorhersage von Asn ohne aufwendige Laboranalysen. Zwischen dem Asn-Gehalt und dem Rohprotein wurde keine Beziehung gefunden. Ein deutlicher Zusammenhang lag zwischen dem AA-Gehalt und dem Rohproteingehalt vor. Wenn der Rohproteingehalt stieg sank die AA-Bildung in erhitzen Mehlen. • Der Gehalt an Asn variierte signifikant zwischen ökologisch erzeugten Getreidearten und Sorten bei sehr marginaler Stickstoffversorgung. Wird Roggen mit Dinkel ersetzt ergibt sich eine Reduktion im Asn-Gehalt von 85 %. Die Urgetreidearten Einkorn und Emmer erreichten sehr hohe Asn-Mengen. Vor allem Einkorn lag in Höhen, die sonst nur bei Roggen gemessen wurden. Das freie Asn kann auch in ökologischen Produktionssystemen als Indikator für die AA-Bildung dienen (R2=0,69). Die Heritabilität war im Vergleich der Standorte sehr hoch für Weizen und Dinkel. Im Jahreseinfluss war die Heritabilität niedrig für Weizen aber hoch für Dinkel und Roggen. • Der Erntezeitpunkt hatte einen signifikanten Einfluss auf die Asn-Bildung. Eine Vorverlegung der Kornernte um ein bis zwei Wochen führte, abhängig von Produktionssystem und Getreideart, zu einer Abnahme im Asn-Gehalt von bis zu 60 %. Zusammenfassend können agronomische Strategien einen wesentlichen Beitrag leisten, um die AA-Vorstufe freies Asn deutlich zu minimieren. Ableitungen für die landwirtschaftliche Praxis und die Entwicklung eines pflanzenbauliches Vorhersage-models können den Asn-Gehalt nachhaltig zu senken. Die Zukunft der agronomischen Minimierungsstrategien liegt in der Lösung der Frage: „Warum unterscheiden sich Getreidearten und Sorten im Asn-Bildungs- und Akkumulierungspotenzial im Korn?“ Wird diese Frage gelöst sind weitaus effizientere Maßnahmen möglich Asn im Getreidekorn zu senken. In der vorliegenden Arbeit wurden Erklärungen angedeutet und weitere Puzzleteile zur Senkung von Asn bei Getreide beigetragen. KW - Acrylamid, Asparagin, Getreide, Produktionssystem, Nahrungsmittelqualität KW - Sorten KW - Nährstoffversorgung KW - ökologisch KW - konventionell KW - freies Asparagin CY - Hohenheim PB - Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim AD - Garbenstr. 15, 70593 Stuttgart UR - http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2020/1736 ER -