TY - THES T1 - Quantitativ-genetische und genomische Analysen zu den Merkmalen perinataler Saugreflex und Trinkverhalten bei Kälbern der Rasse Braunvieh A1 - Dreher,Clarissa Susanne Y1 - 2020/02/12 N2 - Eine frühzeitige und ausreichende Kolostrumaufnahme innerhalb der ersten Stunden nach der Geburt ist essentiell für die passive Immunisierung neugeborener Kälber. Hierdurch wird der Grundstein für die Aufzucht vitaler und leistungsstarker Tiere gelegt. Ist die Kolostrumaufnahme der neugeborenen Kälber eingeschränkt, so hat dies nicht nur Entwicklungsstörungen und eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit der Tiere zur Folge, sondern birgt auch das Risiko von erhöhter postnataler Sterblichkeit. Eine eingeschränkte Kolostrumaufnahme hat daher sowohl aus Sicht des Tierschutzes eine hohe Relevanz, als auch für die Wirtschaftlichkeit betroffener landwirtschaftlicher Betriebe. In der Rinderrasse Braunvieh zeigt sich das Problem trinkschwacher Kälber (Inzidenz: 10 %) häufiger als in anderen Rassen. Durch Studien innerhalb der italienischen Braunviehpopulation konnte bereits eine genetische Komponente mit Heritabilitäten im mittleren Bereich für ein fehlerhaftes Trinkverhalten der neugeborenen Kälber festgestellt werden. Dies deutet darauf hin, dass das Trinkverhalten durch die Genetik der Tiere beeinflusst wird und somit züchterisch zu bearbeiten ist. Aus diesem Grund wurde in der hier vorgestellten Arbeit die Charakterisierung der genetischen Hintergründe des perinatalen Saugreflexes und des Trinkverhaltens bei neugeborenen Kälbern in der Braunviehpopulation vorgenommen. Hierfür wurden auf über 220 braunviehhaltenden und in Baden-Württemberg lokalisierten Milchviehbetrieben Daten erhoben. Neben einer Evaluierung des Haltungs- und Fütterungsmanagements der Betriebe wurden zur Durchführung Pedigree-basierter genetischer Analysen, mittels uni- und multivariater Vaterschwellenwertmodelle, die Phänotypdaten von über 10.000 Kälbern erhoben. Zusätzlich erfolgte die Sammlung von Gewebeproben von über 3.000 Kälbern für die Durchführung genomischer Analysen. Unter Verwendung von hochdichten Markerkarten wurden genomweite Assoziationskartierungen sowohl mit Single-Marker-Modellen, als auch mit bayesschen Multi-Marker-Modellen durchgeführt. Gewebeproben von circa 900 Müttern wurden ebenfalls gesammelt und deren 50K-typisierte Genotypen analysiert. Anhand der mütterlichen Markergenotypen wurden maternale genetische Effekte auf einen fehlerhaften Saugreflex der Kälber untersucht. Es konnten niedrige Heritabilitäten für die Merkmale Trinkverhalten und Saugreflex ermittelt werden. Diese lagen in Abhängigkeit des betrachteten Merkmals, der angewandten Merkmalskodierungen und der verwendeten Modelle im Bereich zwischen 0,06 bis 0,23. Die für das Trinkverhalten geschätzte Heritabilität war sowohl im univariaten Modell, als auch im multivariaten Modell etwas höher, als für das Merkmal Saugreflex. Die genomweiten Assoziationsanalysen zeigten deutlich einen quantitativ-genetischen Hintergrund beider betrachteter Merkmale. Aus diesen Erkenntnissen lässt sich für die praktische Züchtung ableiten, dass eine Verbesserung der Problematik anhand von Gentests, wie dies beispielsweise bei monogenen Erbkrankheiten erfolgt, nicht zielführend ist. Stattdessen ist ein Zuchtfortschritt über den Einsatz der genomischen Selektion zu empfehlen. Dafür ist eine konstante Merkmalserfassung erforderlich. Die Erfassung des Trinkverhaltens der Kälber sollte dafür innerhalb der ersten 12 Stunden postpartum erfolgen. Die Ergebnisse der Gen-Annotation mittels GO-Termen und der Pfadanalysen zeigten die Überrepräsentation von Genen mit Funktionen bei der Entwicklung des zentralen Nervensystems, der Neurogenese und Signalübertragung. Um maternale genetische Effekte auf die Trinkschwäche der Kälber effektiv schätzen zu können, waren sowohl die Markerdichte von 50K zu gering, als auch der verwendete Datensatz zu klein. Es konnte ein hoch signifikanter allgemeiner Betriebseinfluss auf die untersuchten Merkmale festgestellt werden. Allerdings ergaben die durchgeführten Auswertungen hinsichtlich spezifischer Einflüsse in Bezug auf die Haltungs- und Fütterungsumwelten der Kühe und Kälber auf den Betrieben keine signifikanten Unterschiede. KW - Braunvieh KW - Trinkverhalten KW - Reflex KW - Heritabilität KW - Kandidatengen KW - Genotyp KW - Kolostrum CY - Hohenheim PB - Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim AD - Garbenstr. 15, 70593 Stuttgart UR - http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2020/1704 ER -