RT Dissertation/Thesis T1 Kooperation oder Konfrontation? Die Wirkung von Commitment, Empowerment, Emotion und Kritik in Verhandlung und Mediation A1 Hartmann-Piraudeau,Andrea WP 2019/11/06 AB Die vorliegende Arbeit untersucht die Wirkung von Commitment, Empowerment, Ärger, Zuversicht und Kritik anhand einer computerbasierten Verhandlung im Labor. In der Verhandlungs- und Mediationsforschung existieren nur wenige experimentelle Studien über die Wirkmechanismen dieser Bedingungen bzw. Interventionen in einem Verhandlungskontext mit einem Mediator oder einem vermittelnden Dritten. Üblicherweise basieren die Ergebnisse experimenteller Verhandlungsstudien auf klassischen Zweiparteien-Verhandlungen. Experimentelle Mediationsstudien mit diesem Fokus sind nicht bekannt. Mit der Forschungsfrage wie sich die Interventionen eines Mediators auf den Verhandlungsverlauf auswirken und den dabei ausgewählten Themen Commitment, Empowerment, Emotionen und Kritik, soll ein wissenschaftlicher Beitrag zur Erforschung der Wirkung von Mediation geleistet werden. Dies ist relevant, da Konflikte in der Gesellschaft immer weniger über Macht geklärt werden. Diese Entwicklung zeigt sich in unterschiedlichen Felder des gesellschaftlichen Lebens Im ersten Teil der Arbeit werden Mediation und Verhandlung als Verfahren zur Bearbeitung von Interessensgegensätze beschrieben und ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet. Der Forschungsstand zur Wirkmechanismen der Mediation allgemein und konkret zu den Forschungsthemen dieser Arbeit Commitment, Empowerment, Emotionen und Kritik bildet die theoretische Grundlage der Arbeit. Im Anschluss wird auf die spezifischen Versuchsbedingungen eingegangen und dabei erarbeitet, inwiefern die Verhandlungssituation im Labor auf den Mediationskontext übertragbar ist. 186 Probanden nahmen an der Verhandlung teil und wurden im Anschluss per Fragebogen befragt. Betrachtet wurden die Auswirkungen der unterschiedlichen Versuchsbedingungen auf die Kooperationsbereitschaft, die Einigungsquote, die Bewertung des Verhandlungspartners, die erlebten Emotionen während der Verhandlung sowie die Beurteilung des Mediators. Die Verhandlungsbewegung der einzelnen Gruppen wurden an zwei Referenzgruppen abgeglichen und u.a. nach dem Prinzip des „match und mismatch“ (Pruitt und Syna 1985; Benton et al. 1972) bewertet. Es zeigten sich statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen: Insgesamt einigten sich jene Gruppen schneller, die mit Ärger oder Kritik konfrontiert wurden. In dem Fall der Bedingung „Ärger“ lässt sich das Entgegenkommen – analog zu vorausgegangenen Versuchen (ohne Mediator) – als strategische Annäherung bewerten. Der Ärger des Verhandlungspartners wurde von den Probanden als Hinweis auf dessen Verhandlungsgrenzen bewertet. Um eine Eskalation oder gar einen Abbruch zu vermeiden, reagierten die Pro-banden mit Entgegenkommen, auch wenn sie dabei nicht glücklich waren und negative Gefühle empfanden. Kritisierte der Mediator den Verhandlungsverlauf, ergab sich ein ähnlicher Effekt: Die Probanden dieser Gruppe einigten sich häufiger als in anderen Gruppen. Die Motivation des Entgegenkommens basierte dabei jedoch nicht auf strategischen Überlegungen, sondern auf der Verunsicherung, die durch die Intervention des Mediators ausgelöst wurde, und war begleitet von eigenen starken negativen Emotionen, die auf alle Beteiligten projiziert wurden. Unterdurchschnittlich kooperatives Verhalten und unterdurchschnittliche Einigungsraten zeigen die Versuchsbedingungen „Zuversicht“ und „Empowerment“. Der Unterschied der beiden Bedingungen liegt v.a. in der erlebten eigenen Emotion und der Einschätzung des Verhandlungspartners. Wurde den Probanden „Zuversicht“ des Verhandlungspartners vermittelt, reagierten sie überdurchschnittlich gut gelaunt, wenig ängstlich und zuversichtlich und fanden ihren Verhandlungspartner sympathisch und fröhlich. In der Gruppe „Empowerment“ induzierte der Mediator eigene bestärkende Kommentare. Diese lösten neben der zurückhaltenden Kooperation eine eher durchschnittliche Emotionslage aus, und der Mediator wurde als „wenig hilfreich“ bewertet. Die Analyse zeigt, dass die Probanden die Zuversicht des Verhandlungspartners analog zur Bedingung „Ärger“ als ein Zeichen von dessen Zufriedenheit über den Fortgang der Verhandlung interpretierten. Demnach sahen sie keine strategische Notwendigkeit, gesteigerte Koope-ration zu zeigen. Beim Empowerment des Mediators basiert die Zurückhaltung ebenfalls darauf, dass der Mediator als außenstehender Dritter das Vorankommen positiv bewertet. Dies wird als Hinweis interpretiert, dass keine Eskalationsgefahr oder ein Abbruch im Raum steht und die Situation kein gesteigertes Entgegenkommen verlangt. Allerdings waren die Probanden in dieser Bedingung weniger positiv gestimmt und standen der Intervention des Mediators kritischer gegenüber. Es gibt Hinweise darauf, dass die Probanden sich in ihrer Selbstbestimmtheit eingeschränkt sahen. Die Versuchsbedingung „Commitment“ untersucht die Aus-wirkung auf die Einforderung eines schriftlichen Commitments der Probanden vor Beginn der Verhandlung. Die Einigungsquote sowie das Kooperationsverhalten blieben eher durchschnittlich. Eine analysierte Auffälligkeit der Gruppe ist jedoch die im Vergleich zu den anderen Gruppen hohe Anzahl der verwendeten Wörter bei den Kommentaren während der Verhandlung. Die Aufforderung, einen ersten Kommentar zu verfassen, steigerte die Kommunikationsfreudigkeit im Laufe des Verfahrens signifikant und führte zu positiven Emotionen bei den Probanden und einer ebenso positiven Zuschreibung der Verhandlungspartner. Neben der deskriptiven Betrachtung, der Datenanalyse und Interpretation wurden aus den Ergebnissen für jede Gruppe Handlungsempfehlungen für die Mediationspraxis abgeleitet. K1 Konfliktregelung K1 Konflikt K1 Vermittlung K1 Mediation K1 Mediator K1 Mediatorin K1 Verhandlung K1 Feilschen K1 Verhandlungsführung PP Hohenheim PB Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim UL http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2019/1667