TY - THES T1 - Gesamtbetriebliche Analyse von Weidebetrieben und Weidesystemen in der Milchviehhaltung in unterschiedlichen Regionen Süddeutschlands A1 - Kiefer,Lukas Robert Y1 - 2014/11/18 N2 - Die Grünlandnutzung und speziell die Weidemilcherzeugung gelten als besonders nachhaltiges Milchproduktionsverfahren, durch welches im Vergleich zur ganzjährigen Stallhaltung mit höheren Konzentratanteilen in der Fütterung mehr Ökosystemdienstleistungen für die Gesellschaft erbracht werden können (z.B. höhere Biodiversität, Erhalt ländlicher Kulturräume, Klimaschutz durch Kohlenstoffspeicherfähigkeit von Grünlandflächen, höhere Tiergerechtheit des regelmäßigen Weidegangs). Doch die Weidehaltung von Milchkühen geht in Deutschland gegenüber der ganzjährigen Stallhaltung zurück. Daher scheint es angezeigt, die notwendigen Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche Weidemilcherzeugung unter partieller Berücksichtigung geleisteter Ökosystemdienstleistungen zu analysieren und entsprechende Beratungsempfehlungen aufzuzeigen. Vor diesem Hintergrund wurde das Forschungsprojekt „Gesamtbetriebliche Analyse von Weidebetrieben und Weidesystemen in der Milchviehhaltung in unterschiedlichen Regionen Süddeutschlands“ konzipiert. Ziel des Forschungsvorhabens, in dem mehr als 80 spezialisierte Weidemilcherzeuger über drei Wirtschaftsjahre (2008/09-2010/11) bezüglich Produktionstechnik, Arbeitswirtschaft, Ökonomie, Treibhausgasemissionen und ausgewählten Ökosystemdienstleistungen ausgewertet wurden, war die Analyse, ob und inwieweit Weidemilcherzeugung auf bestimmten Grünlandstandorten ein ökonomisch sowie ökologisch konkurrenzfähiges Milchproduktionsverfahren sein kann. Innerhalb der untersuchten Stichprobe stellen insbesondere eine ökologische Wirtschaftsweise mit höheren Milchpreisen und Ausgleichsleistungen, hohe Grundfutterleistungen, ausreichende Einzeltierleistungen (>6.000 kg/Kuh) und ein möglichst hoher Weidegrasanteil am Jahresfutterbedarf sowie eine hohe Arbeitseffizienz durch saisonale Abkalbungsschwerpunkte, Ganztagsweidegang und Kurzrasenweide wichtige Determinanten für den wirtschaftlichen Erfolg dar. Dabei können die wirtschaftlich erfolgreichsten Weidebetriebe der Stichprobe im kalkulatorischen Betriebszweigergebnis je kg Milch und den Stundenentlohnungen innerhalb des Beobachtungszeitraums mit den erfolgreichsten Betrieben mit ganzjähriger Stallhaltung konkurrieren, was die potenzielle wirtschaftliche Vorzüglichkeit der Weidebetriebe auf dafür geeigneten Standorten unter Beweis stellt. Eine gute Wirtschaftlichkeit bei gleichzeitig niedrigen Treibhausgasemissionen lässt sich insbesondere durch eine hohe Produktionseffizienz erzielen. Bei manchen Betrieben können sogar „Treibhausgasvermeidungsgewinne“ erreicht werden, wenn z.B. durch eine Verringerung des Futterbedarfs pro kg Milch sowohl die Produktionskosten als auch die anteiligen Emissionen zurückgehen. Vor allem im Bereich der Treibhausgasbilanzierung besteht jedoch noch Forschungsbedarf hinsichtlich der Bewertung der zahlreichen Ökosystemdienstleistungen der Weidemilcherzeugung. Dafür werden viele Weidebetriebe finanziell über die Förderung aus der 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik entschädigt. Die Förderungen bleiben jedoch in der Treibhausgasbilanzierung bislang unberücksichtigt. Auch aus diesem Grund schneiden eher extensiv bzw. ökologisch wirtschaftende Weidebetriebe mit niedrigerer Produktivität nach den gängigen Formeln zur Treibhausgasbilanzierung schlechter ab als intensiv bzw. konventionell wirtschaftende Betriebe mit höherer Produktivität. Die Berücksichtigung der Ökosystemdienstleistungen innerhalb der Treibhausgasbilanzierung wäre jedoch über eine ökonomische Allokation der Emissionen zwischen Milch, Fleisch und Fördermitteln der 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik möglich. Gemäß Stichprobe würde dies zu einer Annäherung extensiver und intensiver sowie ökologischer und konventioneller Betriebe in ihrem Carbon Footprint pro kg Milch führen. Dennoch bleibt ein grundsätzlicher Widerspruch zwischen einer aus Klimaschutzsicht wünschenswerten hohen Produktionseffizienz und den v.a. durch eine extensive Produktionsweise erreichbaren Ökosystemdienstleistungen bestehen. Wirtschaftliche Weidemilchproduktion mit gleichzeitig möglichst geringen Treibhausgasemissionen benötigt, wie andere Milchproduktionssysteme auch, eine dem speziellen Produktionsverfahren angemessene, kompetente Ausbildung und Beratung. Hierfür könnte die Politik die Rahmenbedingungen verbessern. Erfolgreiche Weidemilcherzeuger sind Margenoptimierer, deren Betriebserfolg v.a. von höheren Erzeugerpreisen (Biomilch, Weidemilch), der kostenminimierenden Milcherzeugung mit dem für viele Betriebe günstigsten Futtermittel Weide sowie der finanziellen Förderung der gesellschaftlich erwünschten Ökosystemdienstleistungen abhängig ist. Wachstumsschritte und Milchleistungssteigerungen sind für Weidemilcherzeuger hingegen schwerer realisierbar, weil häufig arrondierte Flächen fehlen bzw. ein hoher Kraftfuttereinsatz notwendig wäre. Eine stärkere Unterstützung des „Imageträgers Weidemilch“, wobei hier nicht zwingend eine direkte finanzielle Förderung angesprochen wird, sondern auch die Vermittlung von mehr Know-How zur Etablierung eines konkurrenzfähigen Weidesystems, sind entsprechend den Ergebnissen der Stichprobe wünschenswert, um die vielen in dieser Arbeit analysierten, sehr positiven Ansätze der Weidenutzung in den Grünlandregionen zu etablieren bzw. ausbauen zu können. Die jüngste EU-Agrarreform sowie die neuen ELER-Verordnungen bieten dafür einige gute Anknüpfungspunkte. KW - Wirtschaftlichkeit KW - Süddeutschland KW - Milchvieh CY - Hohenheim PB - Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim AD - Garbenstr. 15, 70593 Stuttgart UR - http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2014/1010 ER -