RT Dissertation/Thesis T1 Ecological studies of the Lactobacillus biota in the human digestive tract and adaptation of intestinal lactobacilli to the sourdough ecosystem A1 Dal Bello,Fabio WP 2005/08/15 AB Laktobazillen haben unter den Bakterien, die den menschlichen Darm bewohnen, eine ansehnliche Beachtung aufgrund ihres positiven Einflusses auf das menschliche Wohlbefinden erlangt. Die Kultivierung dieser Bakterien gilt als zuverlässig, und so wurden zahlreiche Studien unter Anwendung von Kultivierungstechniken mit selektiven Medien durchgeführt, um die Laktobazillen in intestinalen Ökosystemen zu untersuchen (Tannock, 1995; Reuter, 2001). Vor kurzem führte die Anwendung der PCR-DGGE in Kombination mit Milchsäurebakterien (MSB)-spezifischen Primern zum Nachweis von Spezies, die nicht zu den klassischen intestinalen MSB gehören, sondern vielmehr Lebensmittel-assoziiert sind, z.B. Lactobacillus curvatus, Lactobacillus sakei, Leuconostoc mesenteroides and Pediococcus pentosaceus (Walter et al., 2001; Heilig et al., 2002). Interessanterweise konnten diese Spezies nicht durch Kultivierung auf Rogosa SL Agar erhalten werden (Walter et al., 2001). Das Kapitel III beschreibt die Anwendung unterschiedlicher Kultivierungsmedien und neuer Inkubationsbedingungen, um diese Schwierigkeiten zu überwinden. Menschliche Stuhlproben wurden auf selektive und nicht-selektive Agarplatten ausplattiert, und die Platten wurden unter den klassischen Bedingungen (37°C, anaerob) für intestinalen MSB sowie unter alternativen Bedingungen (30°C, 2% O2) inkubiert. Die Analyse von bakterieller Zellmasse, die von Agarplatten abgeschwemmt wurde, mittels PCR-DGGE brachte hervor, dass die Zusammensetzung der MSB-Spezies stärker von den angewandten Inkubationsbedingungen als von den Medien beeinflusst wurde. Es konnte beobachtet werden, dass Lebensmittel-assoziierte MSB wie L. sakei und Lc. mesenteroides, die bisher nicht als intestinale Bewohner beschrieben worden waren, leichter durch Einsatz der alternativen Inkubationsbedingungen kultiviert werden können. Eine Identifizierung zufällig ausgewählter Kolonien, die unter den alternativen Bedingungen auf Rogosa SL Agar gewachsen waren, zeigte, dass L. sakei einer der dominierenden Lebensmittel-assoziierten MSB in menschlichen Fäzesproben ist und dort in Keimzahlen von bis zu 106 KbE pro Gramm vorkommen kann. Ein Vergleich der kulturtechnischen Ergebnisse mit denen der PCR-DGGE-Analyse von Bakterienmassen auf Agarplatten zeigte außerdem, dass die Untersuchung der Bakterienmassen eine schnelle und zuverlässige Methode darstellt, um einen Einblick in die Spezieszusammensetzung der kultivierbaren MSB in Fäzes zu erhalten. Die Untersuchungen der intestinalen Laktobazillenpopulation in menschlichen Stuhlproben über einen längeren Zeitraum zeigte eine hohe Variabilität in der Komplexität und Stabilität der Spezieszusammensetzung (Vanhoutte et al., 2004; Walter et al., 2001). Ökologische Studien brachten hervor, dass die meisten Lactobacillus-Spezies im menschlichen Gastrointestinaltrakt (GIT) wahrscheinlich transient (allochthon) sind und entweder von Lebensmitteln oder aus der Mundhöhle stammen (Biblioni et al., 2004). Um zu untersuchen, inwieweit die oralen Laktobazillen einen Teil der fäkalen Laktobazillen ausmachen, wurde die Lactobacillus-Biota sowohl im Speichel als auch in Stuhlproben von drei Probanden untersucht und an zwei Zeitpunkten mit dreimonatigem Abstand verglichen (Kapitel IV). Die Zusammensetzung der Lactobacillus-Spezies im menschlichen Speichel und Fäzes war Individuum-spezifisch und fluktuierte in einem gewisse Maße, dennoch konnten die Spezies Lactobacillus gasseri, Lactobacillus paracasei, Lactobacillus rhamnosus und Lactobacillus vaginalis an beiden Zeitpunkten sowohl im Speichel als auch Fäzes der Probanden nachgewiesen werden. Durch RAPD-PCR-Analyse konnte gezeigt werden, dass mehrere Stämme dieser Spezies im Speichel und in Fäzes desselben Probanden vorhanden waren. Stämme von L. gasseri und L. vaginalis mit identischen RAPD-Mustern konnten aus beiden Speichelproben isoliert werden, was darauf hinweist, dass diese Spezies in der Mundhöhle autochthon sind. Die Ergebnisse dieses Kapitels gemeinsam mit kürzlich publizierten Daten stellen ein starkes Indiz dafür dar, dass einige Laktobazillen, die aus Stuhlproben isoliert werden können, aus der Mundhöhle stammen und somit im Intestinum allochthon sind. Laktobazillen sind in unterschiedlichen Ökosystemen gefunden worden und aufgrund ihrer kommerziellen Verwendung in der Lebensmittelindustrie Gegenstand umfassender Forschung gewesen (Hammes und Hertel, 2003). Einige Lactobacillus-Spezies lassen sich häufig sowohl in fermentierten Lebensmitteln als auch im menschlichen GIT nachweisen, jedoch ist der genetische Hintergrund für diese ökologische Vielseitigkeit noch weitgehend unbekannt. Lactobacillus reuteri ist ein dominantes Mitglied in der Mikrobiota von Typ II Sauerteigfermentationen (Meroth et al., 2003) und gilt als einer der echten autochthonen Lactobacillus-Spezies bei Menschen (Reuter, 2001). In Kapitel V und VI wurde die von Walter et al. (2001) entwickelte "in vivo expression technology (IVET)" angewandt, um bei dem Sauerteigisolat L. reuteri LTH5531 Gene (sogenannte in vivo induzierte (ivi)-Gene) zu identifizieren, die während des Wachstums in einer Typ II Sauerteigfermentation (Kapitel V) bzw. während der Passage durch den GIT einer Maus (Kapitel VI) eine erhöhte Expression zeigen. Während der Sauerteigfermentation wurden 38 induzierte und stark exprimierte Genfusionen gefunden (Kapitel V), die auf der Basis der verfügbaren Sequenzen eine Identifizierung von 29 Genen erlaubten. Vier Gene kodierten für Stress-verwandte Funktionen (z.B. Säure- und allgemeine Stressantwort) und spiegeln somit die harschen Bedingungen in der Sauerteigfermentation wider. Weitere 8 Gene kodierten für Proteine, die in Transport und Synthese von Aminosäuren und Nukleotiden involviert sind, was eine limitierte Verfügbarkeit beider Komponenten während der Sauerteigfermentation anzeigte. Die restlichen Gene waren entweder Teil von Stoffwechselwegen, die in keiner Korrelation zum Ökosystem standen, oder kodierten für hypothetische Proteine. Die Identifizierung einer putativen Proteinase und einer Komponente des Argininedeiminase-Stoffwechsels ist von technologischer Bedeutung, da beide dahinter stehenden Systeme potenziell an der Bildung von Aromavorläufern beteiligt sein können. Bemerkenswerterweise wurden bei Anwendung der IVET mit der Genombibliothek, die bereits erfolgreich bei der Sauerteigstudie eingesetzt wurde (Kapitel V), keine ivi-Promotoren während der Passage von L. reuteri LTH5531 durch den GIT einer Maus identifiziert (Kapitel VI). Mit Hilfe der IVET werden durch die Expression eines "essentiellen Wachstumsfaktors" (in unserem System die Erythromycinresistenz vermittelt durch ErmGT) aktive Promotoren selektioniert, da diese Wachstum und/oder Kolonisierung des Organismus im Ökosystem erlauben (Rainey, 1999; Walter et al., 2001). Deshalb muss die Expression eines ivi-Promotors im Ökosystem permanent erfolgen und hoch genug sein, um ein vergleichbares Wachstum von ivi-Klonen und Klonen mit konstitutiven Promoter zu erhalten, insbesondere im GIT, wo langsam wachsende Bakterien sonst ausgewaschen werden. Die Ergebnisse aus Kapitel V und VI deuten darauf hin, dass L. reuteri LTH5531 keine stark exprimierten und "GIT induzierbaren" Gene besitzt, obwohl der Stamm 38 im Sauerteig spezifisch induzierbare Gene besitzt. Ivi-Gene sind wahrscheinlich eher für die Wettbewerbsfähigkeit bzw. das ökologische Verhalten eines Organismus in einem spezifischen Ökosystem verantwortlich, als Gene, die in unterschiedlichen Ökosystemen gleich stark exprimiert werden (Rainey, 1999; Gal et al., 2003; Walter et al., 2005). Somit sind Eigenschaften, die von ivi-Genen kodiert werden, eher für die Adaption verantwortlich und das Ausmaß ihrer Expression würde durch natürliche Selektion in der Art gestaltet werden, dass die ökologische Fitness verbessert wird. Die Identifizierung von 38 Sauerteig-spezifischen ivi-Genfusionen in L. reuteri LTH5531 spiegelt die lange Adaptation von LTH5531 an das Ökosystem Sauerteig wider, ebenso wie die ivi-Gene von L. reuteri 100-23, der aus Ratten isoliert wurde, die Adaption dieses Keim an den GIT von Ratten widerspiegelt (Walter et al., 2003). In der Tat wurde der Stamm LTH5531 aus einem Sauerteig isoliert, der mit einem industriellen Starter inokuliert wurde. Dieser industrielle Starter wurde über mehrere Jahre propagiert, so dass die enthaltenen Keime genug Zeit hatten sich zu adaptieren. In Übereinstimmung damit stehen die Ergebnisse von Meroth et al. (2003), die unter Anwendung der RAPD-PCR zeigten, dass der Stamm LTH5531 bereits in einem kommerziellen Typ II Sauerteigstarter enthalten war, der 10 Jahre vor der Isolierung des Stammes Gegenstand von Untersuchungen war. Das deutet darauf hin, dass sich der Stamm LTH5531 an das Ökosystem Sauerteig seit mindestens 10 Jahren angepasst hat. Die Ergebnisse aus Kapitel V zeigen deutlich, dass die IVET eine geeignete Methode ist, die Erkenntnisse über die Genexpression und metabolische Aktivität von Bakterien während Lebensmittelfermentationen zu erweitern. Die gesammelten Ergebnisse stellen eine wichtige molekulare Grundlage dar, auf deren Basis verbesserte Starterorganismen für die Nutzung in der Lebensmittelindustrie entwickelt werden können. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse von Kapitel VI die Notwendigkeit in ökologischen Studien hoch-adaptierte, autochthone Stämme zu verwenden, um Kenntnisse über adaptive Wechselwirkungen zu erlangen, die für den ökologischen Erfolg dieser Bakterien in ihrem natürlichen Ökosystem sowie während der Lebensmittelfermentation verantwortlich sind. K1 Lactobacillus reuteri K1 Lactobacillus K1 Denaturierende Gradienten-Gelelektrophorese K1 Verdauungskanal K1 Sauerteig K1 Speichel K1 Kot PP Hohenheim PB Kommunikations-, Informations- und Medienzentrum der Universität Hohenheim UL http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2005/100